Kein Hollywood-Regisseur der 80er hat sich so reichlich aus den Werken der alten Meister bedient wie Brian De Palma. Mit „Phantom of the Paradise“ schuf er eine Disco-Version vom „Phantom der Oper“, er drehte ein modernes Remake von Howard Hawks „Scarface“ und in „Blow Out“ und „The Untouchables“ zitierte er Michelangelo Antonioni und Sergej M. Eisenstein. Aber sein größter Ideenlieferant war Alfred Hitchcock. Schon in „Sisters“, „Obsession“ und „Dressed to Kill“ hatte sich De Palma relativ ungeniert Anregungen vom Thriller-Urvater geholt. Auch „Body Double“ basiert mit „Rear Window“ und „Vertigo“ wieder auf zwei Streifen des Altmeisters.
Leider ist das Drehbuch aber weit davon entfernt an Sir Alfreds Klassiker heranzureichen.
Die fiesen Machenschaften, die um Jake Scully (Craig Wasson) herum gesponnen werden, wirken dermaßen konstruiert, dass dem Zuschauer hier schon eine gehörige Portion Liebenswürdigkeit abverlangt wird, um nicht laut „Bullshit“ zu schreien. Auch übertreibt es De Palma diesmal mit seinen Hitchcock-Hommagen, indem er manisch versucht seinem Vorbild selbst in Details nachzueifern und komplette Kameraeinstellungen aus den Originalfilmen übernimmt, was dann manchmal in unfreiwillige Parodie ausartet.
Dazu muss Komponist Pino Donaggio die Musik des großen Bernard Herrmann covern, Hitchcocks langjährigem Soundtracklieferanten, mit dem De Palma in den 70ern noch selbst zusammen gearbeitet hat.
Was aber für den Streifen einnimmt, ist der Spannungsbogen, den De Palma konsequent aufrecht erhält sowie die herrliche Figur des Jake Scully, eines Verlierertypen wie er im Bilderbuch der Niederlagen steht:
Ein minderbegabter Kleindarsteller, der vorzugsweise in fünftklassigen Horrorfilmen agiert, zu Beginn des Films kurz hintereinander seinen Job, seine Freundin und seine Wohnung verliert, obendrein noch an Klaustrophobie leidet, sich zeitweise als Spanner betätigt und gern auch mal einen getragenen Damenslip aus dem Müll angelt. Dazu verliebt er sich noch in die falsche Frau, wird Zeuge eines brutalen Mordes, anschließend von einem fiesen Cop gedemütigt und muss sich zu guter Letzt im Pornobusiness verdingen, um die tödliche Intrige, in die er geraten ist, aufzudecken.
Craig Wasson liefert als Jake Scully eine launige Performance. Recht nett auch Melanie Griffith, ganz auf 80er-Jahre-Porno-Babe gestylt, als Sexstar Holly Body.
Mit seinem Abstecher ins Porno-Milieu huldigte De Palma dem Zeitgeist.
Durch den Video-Boom, der zu Beginn dieser Dekade entfachte, war der Hard-Core-Film nicht nur ein Millionen-Geschäft, sondern auch gesellschaftsfähig geworden.
Das fiktive Werk „Holly does Hollywood“, in dem Melanie Griffith agiert, ist denn auch eine unverhohlene Anspielung auf den Porno-Klassiker „Debbie does Dallas“ mit Bambi Woods.
Bei der Auswahl der Mordinstrumente wurde De Palma wieder im Hobbykeller fündig. Ließ er in „Scarface“ noch die Kettensäge kreisen, kommt in „Body Double“ nun der gute alte Drillbohrer zum Einsatz.
Der Mord an Gloria Revelle (Deborah Shelton) ist zweifellos die heftigste Szene des Films, erreicht aber nicht annährend die grausige Intensität der „Sägeszene" aus „Scarface“, was zum einen an Miss Sheltons limitierten Darstellungskünsten, zum anderen an De Palmas unentschlossener Inszenierung liegt, die diese Sequenz einfach gekünstelt und irreal wirken lässt.
Ansonsten bekommt man noch einige spaßige Film-im-Film-Clips geboten, darunter auch ein gelungener Gastauftritt von Frankie goes to Hollywood und wird zusammen mit Jake Scully Zeuge einer höchst peinlichen Pseudo-Masturbationsszene mit schrecklicher Weia-Weia-Musik. Achtziger Jahre pur eben, wie wir sie lieb(t)en und/oder hass(t)en.
Der Film wirbelte zum Zeitpunkt seiner Premiere eine Menge Staub auf. Der Verband „Frauen gegen Pornographie“ rief zum Protest auf, während der Testvorführungen verließen mehrere Zuschauer unter lauten Unmutsbekundungen den Kinosaal und böswillige Journalisten unterstellten De Palma sogar, er verarbeite mit der Gewalt gegen Frauen in „Body Double“ die Trennung von seiner Frau, der Schauspielerin Nancy Allen, Star seiner vorherigen Filme. De Palma scherte sich einen Teufel drum und achtete stattdessen lieber darauf, dass wieder eine seiner geliebten Duschszenen ihren Platz im Film fand.