Review

Wenn Katastrophenfilme aus Deutschland stammen (hier in einer Co-Produktion mit Österreich, Frankreich und Belgien), zuckt man als Genre-Fan schon mal ein wenig zusammen, da in der Vergangenheit selten Action geboten wurde und Dramen-Anteile, die eigentlich am Rande abgehandelt werden sollten, zu sehr im Vordergrund standen.
Und tatsächlich: Eine „Jahrhundert-Lawine“ stellt man sich dann doch ein wenig monströser vor.

Zu sehr im Vordergrund steht das Schicksal des ehemaligen Paares Marc und Anne, die sich vor neun Jahren aufgrund eines Unfalls trennten. Marc kehrt in den österreichischen Skiort Vent zurück und erfährt, dass er einen mittlerweile acht Jahre alten Sohn hat.
Als eine Lawine das halbe Dorf verschüttet und fieberhaft nach Überlebenden gesucht wird, kommen sich die beiden zwangsläufig wieder näher…

Es ist ein Jammer, dass unter diesen technischen Vorraussetzungen so wenig dabei herumgekommen ist. Ein Reisebus, der halb unter den Schneemassen verschwindet oder auch ein Snowboarder, der nach unglücklichem Sturz über dem Abgrund hängt, während sich der Rettungshubschrauber nähert, - von diesen Schauwerten hätte es definitiv mehr bedurft.
Die Hauptlawine kündigt sich nicht lange an, rasch flüchtet eine versammelte Truppe in die Kirche, wird das Heldenpaar im Auto eingeschlossen und man ist fast schon verwundert, wie schnell alles vorüber ist.

Leider. Denn ab nun beginnt der große Herzschmerz mit tollkühnen Rettungsaktionen, selbstlosen Einsätzen und vor allem zuvor negativ gezeichneten Figuren, wie den obligatorisch abweisenden Bürgermeister und einem polnischen Investor, die beide zu totalen Gutmenschen mutieren. Es gibt nicht einen Querschläger, da irgendwann alle Helden sind.
Es kommen ein paar melodramatische Weißheiten auf den Tisch und gegen Ende wähnt man sich eher in einem austauschbaren Heimatfilm, wenn da nicht der Schnee, die Verletzen und die Trümmer wären.

Das rettet auf inszenatorischer Ebene zumindest noch etwas. Die Ausstattung ist sauber, die wenigen Effekte sind als solche okay und auch darstellerisch geben die meisten Mimen passable Leistungen ab.
Die zuweilen klaustrophobische Atmosphäre wird durch den zurückhaltenden Score optimal verstärkt und auch die Kamera liefert routinierte Bilder, die in den temporeicheren Momenten für die nötige Portion Drive sorgt.
Nur eben, die Stimmung eines mitreißenden Katastrophenfilms gleicht hier der einer beliebigen Arztserie, zumal keine zweite Lawine erwartet wird, sondern die Rettungshubschrauber der Armee.

Für eine typische TV-Produktion fällt das Gesamtergebnis größtenteils kurzweilig aus, doch von der Wucht der Schneemassen und der Panik der Menschen im verschütteten Dorf bleibt am Ende nicht viel.
Zu geradlinig, zu unspektakulär und vor allem zu rührselig, - 20 Tote und 60 Verletzte, man müsste sich danach eigentlich wie unter einer Lawine eingeschlossen fühlen, doch es wirkt so, als würde einem in regelmäßigen Abständen ein heißer Grog am ohnehin schon wohligen Kaminfeuer gereicht werden…
4,5 von 10

Details
Ähnliche Filme