Review

Vor 3 Jahren erschien das Konzeptalbum bzw. die MCD „Letharg“ von Fäulnis. Ich muss gestehen, dass ich mit derartiger Musik überhaupt nichts anfangen kann. Passend untertitelt wurde das Werk mit "Das Portrait eines psychischen Totalausfalles".
Und richtig, nach dem Genuss dieser Musik (oder auch der vorliegenden DVD) war ich ein wenig schwermütig gestimmt und fast drauf und dran mit dem Kälberstrick zur Kanalbrücke zu rennen. Nur das süße Lächeln meiner kleinen Tochter hielt mich davon ab. Aber jetzt genug davon, denn ich muss das vorliegende Werk ja objektiv betrachten. Subjektive Meinungen spiegeln ja nicht unbedingt die Meinung des Kollektivs wieder.
O.K., für Letharg hat sich Seuche, das einzige Bandmitglied von FÄULNIS (einer Black Metal Truppe aus Deutschland), drei Gastmusiker geholt, die auch schon auf dem Debüt-Album „Cholerik“ von FÄULNIS vertreten waren. Inhaltlich beschäftigt sich "Letharg" mit einem Menschen, der am Ende ist und auch der vorliegende 20minütige Kurzfilm der jungen Filmemacher Bjarne Wilking und Nikolai Nivera schlägt visuell in dieselbe Kerbe.
FÄULNIS selbst beschreibt sein Werk als „Sick Black Art“. Letztere beschreibt eine an das subkulturelle Musikgenre Black Metal angelegte aber sich stark auf den literarisch-lyrischen Einfluss angelehnten Vorstellung, welche sich vorwiegend mit den dunklen Geheimnissen der menschlichen Existenz und vor allem den schwerwiegenden Folgen hieraus beschäftigt.
Hauptdarsteller bzw. Protagonist der Handlung ist der Hamburger Schauspieler Stephan Lenze (ein Klaus Kinski-Lookalike zu seeligen Aguirre-Zeiten), der bislang einige Kurzfilmauftritte absolviert hat und neben Iris Berben in der TV Miniserie „Africa, mon amour“ zu sehen war. Ich kannte ihn bis dato jedenfalls nicht.
Die Handlung selbst ist recht übersichtlich:
"Der Tag beginnt... Isoliert von der Außenwelt beginnt der Protagonist
in einem monotonen Kreislauf aus „Schlaf“und „Arbeit“ an einer mysteriösen Maschine zu bauen, der materiellen Schnittstelle von Reflexion und Abstraktion. Gefangen in einem Strudel aus Euphorie und Apathie konfrontiert der Protagonist den Zuschauer mit einer Welt, in der Masken und Fassaden jegliche Bedeutung verloren haben." (Verleihwerbung).
Das muss man sich ungefähr so vorstellen, das da jemand fast 13 Minuten lang zugedeckt mit einem Sack in einer verfallenden Werkstatt vor sich hin vegetiert, ab und zu aufsteht um an einer Maschine zu werkeln, um sich dann wieder erschöpft zur Ruhe begeben. Nach besagten 13 Minuten erfolgt dann ein Monolog (gerichtet an den Zuschauer), der meiner Meinung nach nicht sehr überzeugend herübergebracht wird, denn Lenze schafft es nicht dem Konsumenten glaubhaft zu vermitteln, dass er es ist, über den er monologisiert und dass es seine Person ist, die von der geschilderten Situation betroffen ist.
Anders jedoch Bewegung, Mimik und Gestik, die Lenze recht gekonnt herüberbringt. Ein Vergleich mit Christian Bales bravouröser Leistung aus „The Machinist“ drängt sich ob des Dargebotenen nahezu auf, denn sein Gesichtsausdruck ist apodiktisch und die Bewegungsabläufe erfolgen im Einklang und mit dem Emotionen, welche die dargebotene Musik beim Zuschauer erweckt.
Nachdem wir dem Monolog (der textlich auch dem beigefügten Booklet entnommen werden kann) gefolgt sind, wird an der Maschine weitergearbeitet, bis diese endlich fertig ist.
Sie entpuppt sich als eine Art Fernseher mit dem der Protagonist sich selbst in vergangenen Tagen an einem Hafen stehend Zigaretten rauchend an einem Auto gelehnt stehen sieht.
Später sieht sich der Protagonist mit alten geselligen Tagen konfrontiert (zu sehen ist, wie er in der Vergangenheit mit einigen Kumpels ein paar Bier zischt) bis er sich schließlich >>Achtung Spoiler<< selbst vor seiner Maschine kniend erblickt. Dann endet das Werk.>>Ende Spoiler<<

„Letharg“ ist also ein auf starker emotionaler Ebene angesiedelter Film, der den Zuschauer zum Nachdenken anregen möchte und nicht für den Konsum zwischendurch gedacht ist. Im Verlaufe des Filmes werden Stimmungen gekonnt mit diversen Methodiken in das Bewusstsein des Berachters transportiert Ob dieses letztendlich gelingt, möge jeder Konsument für sich selbst entscheiden. Ich möchte an dieser Stelle kein bewertendes Urteil abgeben. Es ist nicht zuletzt auch ein tapferes und ehrgeiziges Projekt und sticht aus der Vielzahl anderer Veröffentlichungen heraus.
Über die Musik selbst wage ich mir auch kein Urteil zu fällen, da ich zugegebenermaßen ein Szeneunkundiger bin
Ergänzt wird der Hauptfilm durch eine kommentierte Bildergalerie, die man hilfsweise als „making of“ ansehen kann (da man hier einige Infos über die Enstehung des Werks erhält), Interviews mit den Machern, dem „Letharg“-Trailer und einem Trailer des Films „Hagion Pneumax“, sowie zweier musikalischen Hörproben.

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