Review

Mag die regionale Küche noch so anders schmecken, letztendlich sind sich bei Slashern meistens alle einig: Hausmannskost hat noch keinem geschadet.
Bei den Norwegern ist das nicht anders: "Cold Prey" war ein kleiner, solider und nicht allzu ärgerlicher Versuch, im hohen Norden mal auf den Putz zu hauen. Wenn es also funktioniert hat, fünf Leutchen in einem verschneiten und verlassenen Hotel den Attacken eines maskierten und schweigsamen auszusetzen, dann läuft die Chose notfalls noch ein zweites Mal, schließlich gabs ja eine Überlebende.

Mats Stenberg, der für die direkte Fortsetzung von "Cold Prey" von Roar Uthaug (definitiv mein Lieblingsname für einen Regisseur) übernommen hat, kann dann auch gleich auf ein Skript des bewährten Autorenteams aus dem Original zurückgreifen und das hat sich wiederum in der Filmgeschichte kundig gemacht. "Lone Survivelle" Jannicke ist nämlich hier im Schockzustand in die relative Zivilisation der nächstgelegenen Kleinstadt gestakste und wird daraufhin wo eingeliefert? Genau, im Krankenhaus, das so gut wie leer steht, weil es nächste Woche geschlossen wird. Dort sind genau noch zwei Schwestern, ein Arzt, ein Kind, eine demente Dame mit Blasenschwäche und eben alsbald eine Handvoll Polizisten, die im weiteren Verlauf dafür sorgen sollen, daß wir so eine Art Backstory erfahren, die uns in Teil 1 erspart geblieben war.

Damals war nur zu erfahren, daß der Spitzhackenmörder offenbar das im Schnee verlorene Kind der Hotelbesitzer gewesen war, jetzt kriegen wir dolle neue Sachen zu hören, nämlich daß der Gute eine vierstündige Totgeburt war, offenbar öfters mal die Körperfunktionen runterfährt, schon viele andere Touristen zerhäckselt hat (was, oh Wunder, offenbar nach über dreißig Jahren hier erstmalig einem Polizisten anhand von Vermißtenmeldungen auffällt) und auch ansonsten das Erzböse auf Stelzen ist.
Prompt zuckt es in der vermeintlichen Leiche, die man samt der übrigen Opfer mal in der Leichenhalle untergestellt hat und natürlich fällt allen Anwesenden nichts Besseres ein, als den Scheintoten so weit frisch zu defribilieren, bis er endlich wieder auf Tour gehen kann, während im Hintergrund die Polarwölfe irgendwas von "Halloooooooweeeeeen 2" zusammen jaulen.

Der wackere Chipsliebhaber im Sessel ahnt es schon: hier ist ein Skript weder mit Intelligenz, noch mit Originalität geprügelt worden, ein halbes Stündchen muß erstmal als Vorwärmzeit zur Charaktervorstellung samt "false scares" herhalten, dann steigt der Mann mit dem blauen Auge (Geburtsmal) endlich von der Liege und hackt los.
Signifikant dabei, daß Ingrid Bolsø Berdal als "Jannice" immer schön in der Defensive bleibt, zumindest bis zum Showdown, weil jeder sie offenbar für schwer geschädigt hält, während alle übrigen Beteiligten meistens Sachen durchziehen, für die "geistesschwach" noch geprahlt wäre.
Von der diskutablen Serienkillerreanimation abgesehen, herrscht hier schön deliquentes Kleinstadtklima, jeder kennt jeden und trägt sein Päckchen mit sich rum, ist aber überwiegend ungeeignet für den Job, den er gerade zu machen vorgibt. B-Heldin Camilla etwa ist zwar Krankenschwester, aber so warmherzig und kontaktfreudig wie man es sonst nur aus Gruppentherapien kennt, ihr Hilfssherifffreund Ole ist ein wortkarges und wenig hilfreiches Dorfgewächs und der anwesende Arzt Herman tut alles, um bloß nicht mit einer Patientin reden zu müssen. Die Krankenschwestern macht sich beim Entkleiden der Leichen fast naß, ein Jungpolizist schwankt zwischen romantisch interessiert UND gleichzeitig grenzdebil und der Oberbulle läßt seine Leute auch ganz schlaue Sachen machen, wie etwa bei Nacht einen Fundort sichern (im Schneesturm), dann ein düsteres Hotel durchsuchen und anschließend auch noch bei Nacht und Nebel in die Leichenfelsspalte klettern. Ja, so ist das in der Befehlskette.

Hier wird also munter bei Onkel Carpenter abgeschrieben und leider nimmt dieses just geschilderte und etwas depperte Vorgehen den störenden Platz des dämlichen Opfergelabers im Original ein, was hier ansonsten dankbar fehlt. Recht ordentlich ausgefallen ist der Umgang mit dem Lebenssaft, allerdings hält die Crew nicht ständig voll drauf, sondern läßt auch schon mal im Off morden, ein bißchen mehr vom Täter wäre aber schön gewesen.
Die zweite Hälfte, inclusive sprunghaft steigendem Bodycount ist dann ein wenig besser, bis Jannicke uns zum Showdown den Rambo macht, obwohl wir den Clou da schon längst gerochen haben und man anschließend den Schlußgag mal dreist bei "Scream" abgeschrieben hat. Für Slasherfreunde reichts aber trotzdem, denn da liegt ja die Meßlatte für Qualität eher dort begraben, wo sich die Figuren möglichst selbstmörderisch benehmen.

Ein wenig mehr hätte man sich schon einfallen lassen können, die Spannungskurve für die zweite Hälfte ist aber akzeptabel, auch wenn sich das Prinzip, daß in höchster Bedrängnis von irgendwo jemand ins Bild springt oder ein rettender Schuß fällt, beim dritten Mal langsam abgenützt hat. Immerhin muß man nicht vor Schmerzen schreien, wenn nicht gerade gemordet wird, aber es zwickt schon ganz schön. Das haben wohl auch die Macher eingesehen, denn für eine Trilogie muß jetzt schon des Killers Schwester aus der Felsspalte krabbeln, ansonsten ist hier reiner Tisch mit einigen guten Momenten gemacht worden.
Alles in allem aber auch wieder nur gewohnheitsmäßige Mittelklassenware aus dem DTV-Angebot. (5/10)

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