Einen seltsamen Reiz des Immer-wieder-Sehen-Wollens übt Hape Kerkelings Debutfilm „Kein Pardon“ aus, eine softe Satire auf das Fernsehen und die Medienlandschaft an sich, obwohl es in dem Film im wahrsten Sinne des Wortes „hapert“.
Kerkeling läßt sich hier selbst in der Rolle des Peter Schlönzke als relativ talentfreier Schnittchentransporteur im spießigen TV-Wahn auf die Fernsehlandschaft los. Als Fan der altbackenen Unterhaltungsshow „Witzischkeit kennt keine Grenzen“ und Verehrer des Moderators Heinz Wäscher fällt sein Ausflug in die Welt vor den Kameras jedoch ernüchternd aus, bis ihm eine spontane Kurzschlußhandlung das Leben durcheinander wirbelt.
Hape tut, was er am besten kann: die großdeutsche Spießigkeit visualisieren, beobachten und wieder zum Leben erwecken. Die Schlönzkes sind wahre Perlen deutscher unterer Mittelschicht, hoffnungslos provinziell und der Vergangenheit verhaftet. Und die wird durch den Blick auf die TV-Landschaft auch noch verständlich gemacht. Relativ vereinfacht verkommen da die Verantwortlichen zu einer Horde obrigkeitshöriger Speichellecker, die zu allem „ja und amen“ sagen und gnadenlos an Ansprüchen vorbei produzieren und nur Althergebrachtes und Gewohntes auftischen.
Dabei will Kerkeling nicht alles besser machen, sein Peter hat auch nicht wesentlich mehr Talent als alle anderen, die sich hier im Casting so erfolglos abstempeln, aber die Untiefen sind bei ihm seichter als bei seinem Vorbild Heinz Wäscher, einem ungehobelten, unprofessionellen und talentfreien Busengrapscher, dem niemand in die Parade fahren will.
Die Satire dabei bleibt immer auf einem relativ flachen Level, aber so auch um so verständlicher. Der Witz allerdings entspringt nicht selten Wiederholungen oder Vignetten, die sich aus den Szenen oder Figuren selbst ergeben, albern aber liebevoll.
Die Schlönzkes mit ihrer endlosen Diskussion, ob der Henne nun die Lisbeth oder ihre Kusine geheiratet hat, das ewige Bollerwagentrauma der Oma, die Szene mit der persönlichen Glückmelodie, das abstruse Casting, die ständigen Käffchen-Fragen der Cateringfrau im Studio, Wäschers ewige Litanei ausgeleierter Hinhalteparolen, die Paulinchenszene mit der Handpuppe im Cafe – das sind alles Momente von flüchtiger, aber zumeist liebevoller Komik – hier soll nicht vergrätzt werden oder gestraft, sondern höchstens geprickt.
Schauspielerisch hervorragend besetzt liegt das Hauptaugenmerk natürlich auf Heinz Schenk, dem man die Darstellung einer dermaßen unsympathisch-nervigen Figur mit soviel Hingabe gar nicht zugetraut hätte. Kerkeling spielt sich selbst wie in vielen TV-Szenen, präsentiert zusätzlich den Siegfried Schwäbli, bietet aber relativ stabile Vielfalt. Dautzenberg und Volkmann harmonieren prächtig miteinander und mit Annett Krusche gibt es sogar einen erfreulichen Love-Interest-Gegensatz, obwohl Hape in manchen Szenen offen mit seiner Homosexualität kokettiert.
Hübsch gemacht, aber eben recht inkonsequent durchdacht – das ist aber am Ende das Fazit, denn sobald Wäscher abgesägt und Schlönzke inthronisiert ist, fällt nichts Besseres an, als ihn selbst in der Maschinerie versinken zu lassen, so daß er sich selbst wie Wäscher aufführt, bis ihn selbst sein Nachfolger beerbt (konsequenterweise ist seine Nachfolgerin die kleine Bettina, eine Totalverweigerung in Personalunion, die lieber Friseurin werden will), die Endlosschleife also. Das ist so abgedroschen wie ideen- und mutlos, denn der satirische Gehalt geht hier komplett verloren und so fehlt dem Film komplett so etwas wie ein Höhepunkt, stattdessen gibt es einen hastigen Schlenker zum HappyEnd, das den Film irgendwie stranden läßt, statt ihn abzurunden.
Aber manchmal genügen einfach ausreichend erinnerungswürdige oder nacherzählbare Szenen und davon gibt es hier mehr als genug, um den kompletten Film liebzugewinnen.
Zur Meisterschaft einer Mediensatire fehlt Kerkeling aber bis heute die Bösartigkeit. (8/10)