Marc Fosters Film als verdammt harten Tobak zu umschreiben, ist fast schon eine Untertreibung. Gänzlich gegen alle Konventionen Hollywoods anschwimmend, schuf er mit „Monster’s Ball“ ein Oscarprämiertes Drama, das schwer verdaulicher, pessimistischer, depressiver und negativer kaum eingestellt sein könnte.
Hier ist keine Figur zu vorzufinden, die nicht vom Leben bestraft worden ist. Hank Grotowski (Billy Bob Thornton, „Bandits”, „Armageddon”) ist von seinem todkranken, pflegebedürftigen Vater Buck (Peter Boyle, „Outland“, „Red Heat“) zum Rassisten erzogen worden. Zusammen mit seinem Sohn Sonny (Heath Ledger, „A Knight’s Tale“, „The Order“) wacht er über einen Todestrakt und führt die Verurteilten zu ihrem letzten Gang auf den elektrischen Stuhl - ein undankbarer Job, der seelisch abstumpft. Die liebevolle Beziehung zu seinem Sohn ist schon seit Jahren einem schwellenden Konflikt, der von Hass angetrieben wird, gewichen. Beide sind auf ihre Art Versager, dem Alkohol verfallen und besorgen es in dreckigen Hotelzimmer einer abgehalfterten Hure. Der Verfall männlicher Familienmitglieder scheint in ihrem Clan von Generation an Generation weitergegeben zu werden. Letztlich sind sie Versager, denen die Frauen weggelaufen sind. Als Sträfling Lawrence Musgrove (Sean “P. Diddy” Combs) das letzte Mal seine Zelle verlässt und Sonny nicht an sich halten kann, zerbricht das letzte Stück Respekt der beiden voreinander. Tragisch soll ihr nächster Konflikt am nächsten Morgen enden.
„Monster’s Ball“ zieht sein Ding durch und drückt bis zum Schluss ohne Gnade auf das Zuschauergemüt. Hank kann seinen Job nicht mehr ertragen und kündigt, was seinem tyrannischen Vater gar nicht schmeckt. Lawrence Frau Leticia (Halle Berry, „Gothika”, „Catwoman”) muss derweil nicht nur den Jobverlust, sondern auch die drohende Zwangsräumung und ihren übergewichtigen, trägen Sohn verkraften. Als beide in einer regnerischen Nacht ein Restaurant verlassen, Sohn Tyrell (Coronji Calhoun) von einem Auto angefahren wird und stirbt, finden Leticia und Hank zusammen. Er fährt den sterbenden Sohn ins Krankenhaus...
Beide wollen einen Neuanfang, beide wollen Liebe, Zuneigung und Nähe – ein Partner, der sie versteht, wissen nicht wer der andere ist. Das Schicksal ihrer Söhne verbindet sie, zaghaft wird eine Beziehung geknüpft. So wandelt sich der rassistische Hank zu einem steifen Charakter, der gar nicht so recht mit der neuen Situation umzugehen weiß. Richtige Liebe ist es nicht, eher eine Zweckbeziehung um die Wunden zu lecken. Der Instinkt führte sie zusammen, aus mehr besteht ihr Zusammensein auch nicht. Ihre Dialoge bleiben oberflächlich, emotions- und inhaltslos – das Vertrauen fehlt einfach. Und trotzdem scheint die Bande zwischen ihnen stärker zu werden, doch Hanks Vater ist nicht gewillt sich das mit anzusehen. Dafür wird er abgeschoben, weggeschlossen und gehasst. In einem Altersheim soll er nun seine letzten Jahre fristen – als Strafe.
Mit seiner provokant gemächlichen Erzählweise gelingt es Regisseur Marc Foster jegliche Klischees zu umschiffen und regelmäßig Anlauf für Hiebe in die Magenkuhle zu nehmen. Mag die Fortführung des Plots stellenweise auch noch so konstruiert sein, die Emotionen erreichen den Zuschauer – die animalische, unpersönliche, in ihrer Inszenierung sehr mutige, Sexszene zwischen Halle Berry und Billy Bob Thornton ist da nur die Spitze des Eisbergs. Foster fährt einen Schicksalsschlag nach dem anderen auf, lässt seinen Figuren keine ruhige Minute und überzeugt mit seinem schwer depressiven Grundton. Die Erwartungen des Publikums werden, besonders zum Schluss, enttäuscht und deswegen ist „Monster’s Ball“ so unkonventionell. Er geht nicht den einfachsten Weg, sondern müht sich den Zuschauer nach den End Credits das Ganze nochmal zu rekapitulieren zu lassen. Der eigentlich erwartete Konflikt zwischen Hank und Leticia findet nicht statt.
Halle Berrys Rollenwahl ist natürlich berechnend. Dass sie dafür den Oscar bekam, ist kaum verwunderlich. Zwischen eher körperbetonten Rollen in „X-Men“, „Swordfish“ und „Die Another Day“ ist diese Tränendrüsenrolle natürlich ein gefundenes Fressen für die Jury gewesen. Noch dazu, weil seinerzeit Stimmen laut wurden, dass noch nie eine weibliche Schwarze diesen Preis gewonnen hatte. Nichtsdestotrotz spielt sie überraschend abgeklärt und präsentiert ihren durch immer neue Hiobsbotschaften erschütterten Charakter mit Hingabe. Billy Bob Thornton steht dem in nichts nach, hat mit dem introvertierten, seelischen Krüppel Hank jedoch auch die leichtere Aufgabe.
Fazit:
Marc Foster trägt die Schicksale natürlich etwas dick auf, aber anders ist das Erreichen des Publikums heute nur noch schwer möglich – der konstruierte Plot sei da als weiteres Zugeständnis genannt. Während die Todessstrafe nur am Rande angerissen wird, beschäftigt sich „Monster’s Ball“ ausführlich mit den beiden ständig Rückschläge hinnehmenden, sich entwickelnden Hauptfiguren und ihrer Beziehung zueinander. Der Zuschauer sieht angesichts des ständig präsenten Pessimismus kaum noch Sonne und bekommt einen der wohl erschütterndsten Dramen der letzten Jahre geboten. Böser geht’s kaum noch.