Es gibt sie noch, die altmodischen Filme in der Moderne. Gosford Park, eine klassische Detektivgeschichte - so scheint es zumindest zunächst - und menschliches Drama zugleich, ist so ein Vertreter, der mit Eleganz und Leichtfüßigkeit an jene Filme der 30er und 40er Jahre erinnert, die heute Lichtjahre entfernt zu sein scheinen.
Eine Jagdgesellschaft trifft sich im Jahre 1932 auf einem herrschaftlichen Landsitz, um ein beschwingtes Wochenende zu verbringen. Als dann jedoch William McCordle (Michael Gambon) ermordet wird und dies den skurrilen Inspektor Thompson (Stephen Fry) auf den Plan ruft, wird die Situation, welche schon zuvor durch Biestigkeiten und Interessenskonflikte zwischen der Herren- und Dienerschaft angespannt war, zunehmend unerträglich...
Dass Gosford Park ein klassischer Ausstattungsfilm ist, welcher im dekadenten Stil der 30er Jahre schwelgt und mit einer beeindruckenden Darstellerriege (u.a. Emily Watson, Clive Owen, Ryan Phillippe, Kristin Scott Thomas) aufwarten kann, belegen die Oscarnominierungen für Kostüme und Ausstattung sowie gleich zweimal für die beste weibliche Nebenrolle (sowohl Helen Mirren als auch Maggie Smith). Dass nur das Drehbuch, welches mit ironischen Referenzen nicht geizt (ein anwesender Filmemacher plant einen neuen Charlie Chan-Detektivfilm in einem ähnlichen Setting, in welchem der Film spielt) oscargekrönt wurde, verwundert also. Auch weil ich gerade darin, zwischen all den zugegebenermaßen Bedeutung konstituierenden Dialogen, den Schwachpunkt dieses Films glaube ausgemacht zu haben: seine phlegmatische Erzählweise. Es gibt rund 20 Charaktere, von denen allesamt versucht wird, so etwas wie Charakterzeichnung zu generieren. Jedoch gelingt dies Robert Altmans Film kaum: zu flach bleiben die Charaktere und zu langsam entfalten sie sich, als dass man die am Ende stehende Auflösung sofort 100%ig nachvollziehen könnte. Dialoge reihen sich an Dialoge und der Mord geschieht erst nach gut der Hälfte dieses teilweise ermüdenden, wenn ansonsten in Sachen Kamera, Musik und Regie auch handwerklich makellosen Ensemblefilms, der auch als Allegorie auf die niedergehende, da intrigante, dekadente und missgönnende Ständegesellschaft zu deuten und nur vordergründig als klassische Detektivgeschichte zu begreifen ist. Das lässt sich schon an der verschwindend kleinen Rolle, die der Inspektor (dargestellt von Stephen Fry) bei der Aufklärung des Falles spielt, erkennen.
Fazit: Inhalt und Stil ist alles, eine temporeiche Inszenierung nichts. Gosford Park überzeugt als stilistisch innovative "Who done it?"-Detektivgeschichte in bester Agatha Christie-Manier, die sich zum Sittengemälde einer niedergehenden Gesellschaft wandelt, schmälert aber die Freude, mitzurätseln oder sich aufmerksam dem Begreifen der zahlreichen Verflechtungen der Figuren zu widmen durch seine etwas betuliche Erzählweise. So reicht es leider nur für ein „gut".