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Jason, du altes Raubein. Ein Konservativer ist er, verfolgt seine Mission konsequenter noch als Michael und Freddy. Neuerdings ist zwar Jigsaw mit etwas fundierterer Leidenschaft bei der Sache, aber dieser will sich nie selbst die Hände schmutzig machen. Der ist so schlau, der hätte Kasparow geschlagen, sich nebenbei ein Brötchen geschmiert und mit MacGyver’schem Physikverständnis eine Falle aufgestellt für einen armen Ehemann, dessen Leben verwirkt ist, weil er neulich im Stehen gepinkelt hat. Jason aber nimmt es da nicht ganz so genau.

Geboren im Schoße des malerischen Crystal Lakes, machte sich Jason Voorhees erstmals 1981 mit einem Kartoffelsack überm Kopf verdient. Er erarbeitete sich nach einigen Jahren der Feriencamphüterei bis nach Manhattan eine Reputation, flog schon mit Raumschiffen und hatte zuletzt ein beschwerliches Rendezvous mit Freddy. Der neueste Aufguss ist ein Reboot und angesichts so mancher bekannt vorkommenden Szene (Rückblick zur Mutter, Aufsetzen der Hockeymaske in der Scheune, Seeidylle, leicht abgewandelte Morde), vermuteterweise, auch gleich eine Hommage an die vornehmlich älteren „Freitag der 13.“-Teile.

Jason hat nun an Intelligenz zugelegt, er kann jetzt auch rennen. Doch nicht nur das: Der Macheten-Rowdy macht Gefangene, benutzt Köder, hat sein Revier mit Geräuschmarkierungen abgesteckt, haust unter Dielen, wirkt damit wieder erdiger und kaputtbarer. Grimmig und schmuddelig. Das ist auch ganz des Marcus Nispels Ding, der ihn hier jetzt mal in Szene setzt. Ein paar recycelte Geräuschflicken der Tonspur seines „Texas Chainsaw Massacre“-Remakes drüber gelegt, denselben Director of Photography angeheuert, weibliche Hintern in enge Jeans gesteckt. Das ist der Nispel-Style für Horrorfilme. Nispel klingt fast wie Nippel. Werden hier auch gepriesen, kein Scherz.

Accessoires, Lifestyle und Sprache machen unmissverständlich klar, dass man sich nicht mehr in der Steinzeit der 80s befindet. In der Gegenwart sitzt das Silikon beim Wakeboarding wie eine eins und ganze studentische Existenzen zipfeln sich an gesalbte Hanfplantagen. Der erste Gedanke, der bei Ankunft am Feriendomizil in den Kopf schießt: „Hast du Netz?“ Beim Sex schaukelt die Handkamera gefälligst mit. „Aber wehe, du stellst das ins Internet!“ Paris Hilton weiß ein Lied davon zu singen. Dem „Ficker“ wünscht man auf Heutsprech viel Erfolg: „Möge die Macht mit deinem Schwanz sein!“. Allerdings könnte der gemeine Duktus in der deutschen Fassung etwas verfälscht wiedergegeben worden sein, denn die pornophile Synchronisation hat sich einen „Blödscheiß“ zurechtübersetzt. Im Original wird es sicher viel authentischer zugehen. „Yeah, Luke, may the fucking force be with your fucking glow stick, fucker!” Schon stehen auch die Kunsttitten stramm.

„Freitag der 13.”-Filme haben sich seit jeher an die Mode ihrer Zeit angepasst und sind zugleich ihre Spiegelbilder. Von Karohemden zu Hot Pants. Der Krempel im verlassenen Camp Crystal Lake sehe hier aus, als stamme er aus einem anderen Jahrhundert. Exakt, das trifft es. Als reise man noch einmal kurz zurück in das verstaubte Interieur des Originals mit seinen versteinerten Alltagsgegenständen. Fast schon visionär, wo man doch kürzlich auf eine 20 Jahre alte DDR-Wohnung in unberührtem Zustand stieß. Nur dass in ihr kein lebendes Fossil mehr lebt.

Dieses kultisch verehrte Slasherrelikt aus dem letzten Jahrhundert hat sich als stumpfer Holzfäller die Jahre bewährt; Jason fällt die Bäume auch heute noch mit Muskelkraft. Nicht übermäßig stolz wird hier nun der Nagel in den Hals getrieben, verlässt die Axt wuchtig die Hände für eine anmutige Flugkurve, wird aus einem gegrillten Schlafsack ein Marshmallow, schnellt olympiareif der Bogenpfeil in sein Ziel. Ein gerüttelt Maß an alter Schule ohne neumodische Geißelungsapparate und Maschinenbau-Diplom, grundsolider Kahlschlag, bodenständig, ohne Sadismus, wenig Potenzial also für Torture-Porn-Erregungen. Doch sooft wie hier spitzes Werkzeug des Killers von Welt Hohlköpfe passiert, muss man sich zumindest Gedanken machen ob einer eventuell daran sarkastisch angedockten Metaebene und kommt zwangsläufig zur an den Film gerichteten Gretchenfrage: Bist du eigentlich so dumm oder tust du nur so?

Der Afroamerikaner, der Vorurteile hinterfragt und sie dann frech im nächsten Moment bestätigt. Die Kreissäge, die plakativ ins Bild gerückt wird, um sie dann doch nicht zu benutzen. Und vor allem die lange Ouvertüre, auf die strukturell fast derselbe Hauptteil dann folgen soll, geradezu wie in „Death Proof“. Das ist doch Methode? Oder perlen alle Ironieverdächtigungen an der Intelligenzbeschränkung des unbedachten Stalk ’n Slashs einfach ab? Es bleibt eine quälende, rätselhafte Ungewissheit, ähnlich wie bei der nur vermutet werden könnenden Genialität des legendären „blauen Licht“-Dialogs aus „Rambo 3“. Zur Erinnerung: „Wozu ist das?” - „Das ist blaues Licht” - „Und was macht es?” - „Es leuchtet blau.”

Es ist wirklich etwas verzwickt: Im repräsentativen Slasher entspricht das Alter der Gemeuchelten dem des Zielpublikums. Es schaut quasi zu, wie es einen der ihren erwischt, freilich mit vernachlässigbaren Empathieanflügen. Klar, so dämlich wie die ist man dann doch nicht. Aber die auf der Leinwand machen, wenn natürlich auch sehr eindimensional und geballt, was Jugendliche und Studenten eben so machen: „Fucken“ (in all seiner Mehrdeutigkeit), im Hustler rumblättern oder sich mit Alkohol und Gras die Birne zudröhnen. Da solle noch einer sagen, Jason hätte keine Motive. Dieser ehrbare Hüter von Anstand und Moral ist zutiefst unanpassungsfähig und rettungslos konservativ, was diese weltlichen Dinge anbelangt. Ein heimlicher Abgesandter der Sittenwächter, sag’ ich euch.

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