Bei der Verfilmung der beliebten Kinderbuchreihe "Hexe Lilli", zeigt sich einmal mehr das alte und nur selten überzeugend gelöste Problem, wie man Literatur, die bewusst einen überschaubaren Rahmen wählte, für die Kinoleinwand adaptiert. Wer die Abenteuer von Lilli kennt, die dank der zerstreuten Hexe Surulunda zufällig an ein Zauberbuch geriet, von dem Niemand wissen darf, was sie vor allem in Konflikt mit ihrem kleinen und neugierigen Bruder Leon bringt, kann sich vorstellen, dass diese kleinen Geschichten kaum für die goße Leinwand geeignet sind. In ihrem natürlichen Umfeld bleiben auch die von Lilli angewendeten Zaubertricks immer so harmlos, das sie entweder als Fantasiegespinst oder letztlich gar nicht bewusst wahr genommen werden. Daraus entsteht eine kindliche Solidarität unter Mitwissenden, die im Gegensatz zu Lillis Umgebung von deren Fähigkeiten Kenntniss haben.
Da Lillis Universum aber keinem langen Roman entspringt, sondern sich aus vielen kleinen Geschichten zusammensetzt, besteht natürlich auch eine gewisse Freiheit im Entwurf eines Drehbuches, das seine Geschichte über eine Spielfilmlaufzeit erzählen will. Um nicht völlig von der Linie des Buches abzuweichen, verpackt man Lillis zufälligen Fund des Zauberbuches in einen bewussten Akt der Hexe Surulunda (Pilar Bardem), die eine geeignete Nachfolgerin sucht. Um ihre Qualifikation nachzuweisen muss Lilli (Alina Freund) eine 72stündige Prüfung bestehen, die von dem animierten Drachen Hektor (Stimme Michael Mittermaier) abgenommen werden soll. Zusätzlich wird diese Situation noch verschärft, da sich der Zauberer Hieronymus (Ingo Naujocks) auch das Zauberbuch unter den Nagel reissen will. Seine eigenen Fähigkeiten beschränken sich auf Hypnose und das kurzfristige Verwandeln in eine andere Person (darunter auch Yvonne Catterfeld), doch mit dem Buch könnte er die Welt beherrschen.
Und genau darin liegt das Problem des Films. Anstatt sich auf Lillis kleine Welt einzulassen, wird hier alles ganz groß aufgezäumt. Natürlich versucht der Film seine Story von einer humorvollen und sich nicht ernstzunehmenden Seite aufzuzäumen, aber das gesamte Spektakel, dass sich fröhlich im Zitieren (wenn nicht Plagiieren) von Grusel- und Actionfilmen gefällt, verliert zunehmend jeden kindlichen Rahmen.
Ingo Naujoks blödelt sich als wirrer Zauberer in einer Art durch, die zwar seine Weltherrschermanie verharmlost, was aber dazu führt, dass er weder richtig gruselig, noch sympathisch oder lustig wirkt. Ähnliches gilt auch für die bedrohlichen Apparaturen und die zu Zombies gewordenen Erwachsenen. Um nicht zu viel Spannung in einem Kinderfilm zu erzeugen, lässt man sich nicht wirklich auf die Thematik ein, sondern zieht alles mit viel Computerbrimborium ins Lächerliche, was die gesamten Abläufe, die nur von einer durch die Gefahren zusammengeschweissten Kindergruppe bekämpft werden können, als hohles Effektgetöse erscheinen lässt. Zwar wird die Zombiehaftigkeit der Erwachsenen kurz als Symbol für mangelndes Einfühlungsvermögen mit den Kindern aufgezeigt, aber diese Interpretation bleibt oberflächlich und wird durch den Storyaufbau nicht emotional genutzt. Gut an der verschenkten Anja Kling als Lillis Mutter zu erkennen, die die gesamte Zeit nur lieb ist, weshalb ihre Wandlung zum Zombie nur die Verallgemeinerung dieser Massnahme verdeutlicht.
"Hexe Lilli - Der Drache und das magische Buch" will kein kleiner Kinderfilm sein, sondern großes Kino mit bösem Zauberer, Gruselhaus, Weltverschwörung und einer dagegen kämpfenden Kinderbande, unterstützt von CGI-Effekten und viel Action. Dazu ein animierter Drache, dem aus Mittermaiers Mund komische Sätze entlockt werden sollen. Für Erwachsene ist das alles zu harmlos und letztlich nicht witzig genug, was bestimmte Gags wie etwa mit Yvonne Catterfeld als fragwürdig erscheinen lässt, da diese kaum von Kindern verstanden werden können, aber bei seinen jüngeren Betrachtern wird der Film seine Wirkung als eine Art Block-Buster-Kino für die Kleinen nicht verfehlen - oberflächlich, aber voller Effekte (4/10).