Review

Da ist er jetzt also, der „Reboot“, die Stunde Null, die ganz neue Art zu erfahren, wo noch nie ein Mensch gewesen ist.
„Star Trek“ hat endlich seine Neuauflage, allen philosophischen Ballast aus 40 Jahren Franchise zur Seite gebügelt und etwas völlig Neues versucht. Trek mal nicht für Trekker.

J.J.Abrams hat man den Job gegeben, der einem alten Latschen endlich neue Sohlen verpassen sollte. Der kreative Kopf, der Serien wie „Alias“ oder „Lost“ entwickelt hat, erfolglos die „Mission Impossible“-Franchise belebt hat und dem Monsterfilm mit „Cloverfield“ als Produzent neue Impulse gab, hat im Moment einen absoluten Lauf und die goldenen Händchen: was er macht, wird gut oder bringt sonst zumindest reichlich Geld.
Mit im Boot ist das Autorenduo Orci/Kurtzman, die ebenfalls in Abrams Projekten oft mit dem Griffel dabei waren, insofern hatte sich hier ein bewährtes Team gefunden.

„Star Trek“ neu zu erfinden ist nicht leicht, denn bisher hat sich die Franchise um das Roddenberry-Universum nur sehr zäh Veränderungen hingegeben, der Unterbau wurde für die Fans nur behutsam ausgetauscht und schlußendlich blieb nach Übersättigung das Publikum weg.
Insofern war eine Neujustierung durchaus wünschenswert – und alle Anzeichen deuteten auch auf ein großartiges Kinoerlebnis, daß dem geflügelten Schimpfwort „Blockbuster“ eventuell wieder etwas Glanz verleihen könnte.

Zieht man jetzt Bilanz, so kann man angesichts klingelnder Kassen sicherlich konstatieren, daß man das Ziel erreicht hat, kreativ sind aber so einige Wünsche offen geblieben.
Wer ein flottes, episches Weltraumabenteuer erwartet, wird mit offenem Mund dastehen, denn alle Erwartungen werden sogar noch übertroffen. Abrams inszeniert „Star Trek“ als eine Art überhektische Michael-Bay-Variante. In gerade mal zwei Stunden rollt er die Mythologie und den Familienstammbaum der Hauptfiguren kurz auf, kreiert eine neue Charakterzusammenführung gemäß Indiana-Jones-Format (wenn wir es überleben, sind wir Kumpel auf Lebenszeit) und staucht eine Rachestory von altem Schrot und Korn in ein Zeitreisegerüst, das sich als parallele Trek-Realität entpuppt und so den Machern künftig alle Türen offen läßt, nach Belieben Schalten und Walten zu dürfen.

Die Zielgruppe schwebt dabei leider über allem: Jugendliche, Teenager, junge Leute mit kurzfristigem Entspannungspotential, Sommerdollars sind gefragt. Ohne Pause rollen die Szenen hintereinander ab, ohne das man mal zu Atem kommen könnte, um die neuen Gesichter genießen zu können oder ihnen Tiefe zu verleihen. Die ganze Szenenabfolge ist eine einzige Vorstellung bekannter Namen mit neuen Gesichtern, Charaktere werden so aber nicht gemacht, aber das ist bei Abrams auch (noch?) nicht so wichtig. Hauptsache, man kriegt bei dem Tempo nicht so sehr die Mängel mit.

Und die gibt es durchaus, wenn man genauer hinsieht, denn der Plot ist nichts Anderes als ein Konglomerat von Motiven aus „Der Zorn des Khan“, „Generations“ und „Nemesis“, womit bewiesen wäre, daß die Franchise den Machern entweder scheißegal war oder man das als Hommage verstanden haben will, was aber so gar nicht dem neuen, frischen Wind entsprechen will, den man in die Reihe blasen möchte.
Auf astrophysikalische Gegebenheiten wird hier flott geschissen (wir reisen durchs schwarze Loch...) und Logik sollte man auf keinen Fall mit ins Kino bringen, sie könnte Schaden nehmen.
Alles wird dem wackligen Drehbuchkonstrukt untergeordnet, selbst der größte Blödsinn vom andauernden Führungswechsel über das Abwerfen eines Sternenflottenoffiziers auf einem Eisplaneten durch seine Kollegen bis zum Set Design steht nur im Dienste des Skripts und das steht auf Thrill Ride.

Das ist schade, denn man hätte den unverbrauchten Gesichtern einfach mal etwas Ruhe gegönnt, um sich vor unseren Augen zu entwickeln. Potential kann man allen nicht absprechen, die Besatzung ist ausnehmend gut gewählt, aber was sie tun haben, ist wirklich bedauernswert.
Am besten kommen noch Karl Urban als „McCoy“ (der wirklich den jugendlichen Ton trifft, ohne kindlich zu wirken) und John Cho als actionorientierter Sulu weg, der Rest ergeht sich in irgendwie unpassenden Liebesszenen oder Auftritten in schlechteren Billigkomödien. Die Romanze zwischen Uhura und Spock wirkt kaum mehr als zur Provokation in den Raum gestellt und der arme Zachary Quinto muß so viele Umschünge mitmachen, daß er oft wie ein arroganter Arsch wirkt, aber ohne Stil und Würde. Anton Yelchin gibt Chekhov als radebrechenden Russenteenager, der ganz tolle Beamtricks drauf hat, weil Scotty noch nicht im Plot angekommen ist. Und Simon Pegg zieht als Scott dann mal wieder sein Comedy-Ding durch, das sich kaum von Fanboy-Gehabe unterscheidet und nur durch die generell sympathische Ausstrahlung gerettet wird.
Am schlimmsten hat es jedoch Chris Pine als Kirk erwischt, der anfangs noch den Rebellen recht gut serviert, dann später aber alles an sich reißenden, besserwisserischen Hampelmann mutiert, der alles schafft, nur nicht sich Charisma einzutüten.
Und wenn diese grüne Truppe, die als Durchschnittalter wohl in etwa 24 Jahre alt sein soll, am Ende das Flaggschiff der Flotte auf dem Tablett serviert bekommt, dann ist die Infantilisierung einer großen Sternensaga komplett.

Natürlich kann man sich auch einfach von dem Drive mitreißen lassen und es genießen, daß einen Trek endlich mal so beballert, wie es sonst nur Bay, Sommers und die Wachowskis geschafft haben, aber damit unterscheidet sich der Film nicht im Geringsten von allen Anderen Kaugummiprodukten mit 100-Millionen-Budget.
Sicher, das „Production Design“ ist erlesen, die Tricks sind klasse und hin und wieder sind wirklich Ideen zum Niederknien drin, aber dann verreißt es meistens das Drehbuch immer wieder mit albernem Buddy-Humor oder Plotpoints, die wirklich kreuzdoof sind.
Und bedrohlich wirken die tätowierten Glatzköpfe, die rotzfrech vorgeben, Romulaner zu sein und für die Eric Bana unverständlicherweise seinen Namen hergegeben hat, leider auch nicht, so daß es immer nur dann interessant wird, wenn wirklich mal etwas aus der Legende sich in den neuen Film hinüberrettet oder eben am ursprünglichen Plot-Gerüst neu herumgeschraubt wird.

Natürlich wird auch dieser „Star Trek“ eine eigene Reihe begründen, er wird jede Menge Kohle machen und am Ende drehen sie davon dann wieder eine TV-Serie, aber ich wollte nie, daß „Star Trek“ wie „Alias“ aussieht – und das tut es hier im Wesentlichen. Das Unwahrscheinliche zu zeigen, wäre der Trick. Heraus kommt leider das Unrealistische – und das tut irgendwann weh.
Bleibt zu hoffen, daß sie aus der Grundsubstanz und den Ansätzen irgendetwas machen werden, das halbwegs an Profil gewinnt und uns nicht im Dreijahresrhythmus mit immer dem gleichen Filmtechno beballert. Die Figuren hätten es verdient, die Darsteller und tja, die Fans sicher auch. (5,5/10)

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