Es hätte so schön sein können.
Es war abzusehen.
Ein neuer Film von Nimrod Antal, der ungarischen Regiehoffnung nach "Kontroll", doch die Fehler des US-Debuts "Motel" sind noch nicht vergessen: starke Prämisse, atmosphärischer Einstieg, niederdrückende Spannung - und dann die ganzen kleinen Fehler, aus der Chose wieder herauszukommen.
Damals ein verzweifeltes Pärchen, wildernden Snuff-Filmern in einem abgelegenen Motel um ihr Leben kämpfend und Paroli bietet - jetzt eine neue ausweglose Situation: der einsame Kämpfer; Ex-Kriegsheld, der der Gewalt abgeschworen hat und in einem Panzerwagen fest sitzt, während die Kollegen draußen alles versuchen, hineinzugelangen. Zum Geld, zu ihm, zu dem Polizisten, der bei ihm ist. Menschen unter Druck, in beengten Räumen, der fehlende Kontakt zur Außenwelt, alles ist wieder da.
Und dann die ganzen kleinen Fehler...
...dabei fängt alles klein, gemein, aber erlesen funkelnd an.
Das frische Gesicht, der Mann in finanzieller Bedrängnis, auf der Flucht vor den Banken und dem Jugendamt, das ihm seinen kleinen Bruder wegnehmen will. Und seine Kollegen von der Sicherheitsfirma, die große Geldmengen transportieren und ihren Job scheinbar genießen, frotzeln, blöde Witze machen. Da steht er dann, zwischen den großen Namen, die seine Kumpanen sind: Lawrence Fishburne, Jean Reno, Matt Dillon, Skeet Ulrich und Amaury Nolasco ("Prison Break").
Und als es keinen Ausweg mehr zu geben scheint: der verwegene Plan, der fingierte Raum, Millionen von Dollars.
Es scheint ein kleiner Ausflug in den "film noir" zu sein, der Bruch mit allen Regeln, der Fehltritt eines Mannes, der wenig Chancen auf morgen hat. Und die Aussicht, das Gefühl, es wird von diesem Augenblick alles nur noch schlimmer kommen.
Natürlich geht in solchen Situationen meistens etwas schief und prompt hängt sich ein Polizist (Milo Ventimiglia nimmt eine Auszeit von "Heroes"!) in die Geschichte. Und ein Obdachloser hat alles gesehen.
Geschickt verdichtet sich der sowieso relativ unausgegorene Coup und plötzlich steck Ty Hackett in größeren Nöten als zuvor. Er steigt aus, indem er einsteigt. Und die Tür verriegelt. Von da an wird es ein Kampf gegen die Uhr.
Aus diesen gemeinen kleinen Ideen, dem so mächtigen Schutz, der jedoch im Nirgendwo gestrandet ist und um den die Bestien schleichen, macht man dreckige kleine Filme und ungefähr bis eine halbe Stunde vor Schluß hat Antal scheinbar mit diesem brillianten Supportcast alle Fäden in der Hand, zieht sich die Schlinge zu.
Dann jedoch geht James V.Simpsons Debutskript leider in Scherben, denn wer eine komplizierte Situation aufbaut, muß als Dramaturg auch in der Lage sein, sie auch schlüssig wieder aufzulösen. Und wenn es schon kein "John McClane" ist, der hier Widerstand leistet, so steht es dennoch fünf gegen einen und nur eine gute halbe Stunde Zeit für die Kollegen, ans Ziel zu kommen.
Doch leider ist Simpson nicht anderes eingefallen, als die billigste Variante zu wählen, die unglaubwürdige. Er macht Kumpels zu Bestien und verwandelt sie dann bei Bedarf wieder in Menschen zurück, die immer nur beinahe alles tun, um ans große Geld zu kommen. Geht es um den Hauptdarsteller, kommt plötzlich ein moralischer Rückzieher, ein Zweifel, ein Schuldgefühl ins Spiel und 88 Minuten Bruttospielzeit reichen kaum aus, um Charaktere wirklich detailreich zu entwerfen.
Also läßt man die Bösen sich selbst dezimieren und drückt ganz zum Schluß aufs Gaspedal: der Gefangene entkommt aus dem Stahlgefängnis auf die lachhafteste Art und Weise, ein knalliger Effekt, eine kurze Verfolgungsjagd, schließlich kehrt ein Satz die ganze Moral unter den Teppich. Wer sich einsetzt, kommt aus dem Gefängnis frei, geht über Los, streicht die Belohnung ein - ein Opfer hat man in der Rechnung jedoch vergessen, ein unschuldiges.
Antal liefert wirklich eine beachtliche erste Hälfte, mit ordentlichen Dialogen, viel Abwechslung, bekannten Gesichtern und knackigen Bildern, doch sobald in der stillgelegten Lagerhalle alles zum Stillstand kommt, sinkt der Druck, anstatt zu steigen, machen Logikfehler dem ungleichen Kampf locker den Garaus, wird alles mit Gewalt geradegebogen und breitgetreten. Der Zuschauer muß es entweder fressen oder ungläubig murren. "Armored" schaffte es nicht ganz, sein Budget im Kino wieder einzuspielen und gereicht leider am Ende weder dem Cast, noch seinem Regisseur zur Ehre, der diesen Thriller funkelnd hätte schleifen können, der ihn aber einen schnellen Tod sterben läßt, als wäre er doch vorgesehen, als DVD-Futter zu enden.
Das haben knackige, kleine Ideen nicht verdient, allerdings verdienen sie auch einen Autor, der mehr schafft, als zwei von drei Akten wirklich fertig zu schreiben. So gesehen eine schnelle Nummer, bald vergessen und bei der Pizza zwischendurch gerade noch als Extrabelag genommen. (5/10)