Eine Frau und ein Mann verlieben sich, wollen heiraten, trennen sich nach einem Streit und versöhnen sich wieder - die Story, die Douglas Sirk in "Was der Himmel erlaubt" erzählt, klingt vordergründig üblich und ist doch in ihrer Umsetzung bis heute einzigartig. Selbst die wenigen Remakes (darunter herausragend "Angst essen Seele auf" von Rainer Werner Fassbinder) verbeugen sich vor dem Original, indem sie dieses nicht kopierten, sondern in dem jeweiligen Zeitkontext umsetzten. Ein deutliches Zeichen dafür, dass Sirk hier eine Geschichte erzählte, die in ihrer Struktur bis heute zeitlos blieb.
Sirks Gestaltung des Films wird durch den Vergleich mit dem ein Jahr zuvor gedrehten Film "Die wunderbare Macht" ("Magnificant Obsession") nachvollziehbar. Auch dort bildeten schon Jane Wyman und Rock Hudson das Liebespaar, um das sich alles drehte, aber der Grund für den allgemeinen Widerstand gegen ihre Verbindung lag nicht in deren gesellschaftlischem Status, sondern in den Verstrickungen, die ihnen die bewusst unrealistisch konstruierte Story auferlegte. Ob Sirk selbst der gesellschaftskritische Ansatz dahinter zu undeutlich war, kann nur vermutet werden, aber "Was der Himmel erlaubt" wurde letztlich, trotz ähnlicher optischer Mittel, das gestalterische Gegenteil.
Der Handlungsspielraum beschränkt sich auf einen sehr kleinen Bereich - eine amerikanischen Kleinstadt und ihre Umgebung - und ist in ihrer Anlage von absoluter Realität. Cary Scott (Jane Wyman), eine wohlhabende Witwe Mitte 40, lebt allein in ihrem großen Haus und kümmert sich um ihre zwei erwachsenen Kinder Kay (Gloria Talbott) und Ned (William Reynolds), wenn diese am Wochenende vom Studium nach Hause kommen. Gesellschaftlich ist sie sehr anerkannt, Mitglied des örtlichen Clubs und wird von ihrer besten Freundin Sarah (Agnes Moorehead) umsorgt, die sie auch dazu bringt, endlich einmal wieder an einem gesellschaftlichen Ereignis in der Stadt teilzunehmen.
Sirk inszeniert diese Abläufe im Stil amerikanischer Familienfilme, die in ihrer sozialen Dichte immer Idealtypisch wirken. Doch es sind die Details, die die unter der freundlichen Oberfläche verborgenen Zwänge verraten. Mit völliger Selbstverständlichkeit werden von allen Beteiligten Verhaltensweisen vorausgesetzt, nach der sich eine alleinstehende Frau mittleren Alters zu verhalten hat. Dabei wird ihr sogar nahegelegt, sich einen neuen Mann zu suchen (auch von ihren Kindern), was einige der in Frage kommenden älteren Herren auf den Plan bringt. Deren teilweise rücksichtslos forderndes Verhalten läßt erste Risse im beschaulich harmonischen Beieinander erkennen, führt aber zu keinerlei Konsequenzen, da männliche Eroberungsmuster von den Frauen akzeptiert werden.
Typisch für Sirks Filme sind die großen Zeitsprünge zwischen einzelnen Szenen, mit denen er einerseits seine Story vorantreibt, andererseits immer wichtige Momente punktuell genau beobachtet, während er Einwicklungen zwischen diesen Momenten nicht genauer schildert, sondern nur deren Auswirkungen verdeutlicht. Da er diese Zeitsprünge nicht äußerlich demonstriert, erfordert das vom Betrachter ein genaueres Hinsehen und erspüren von Veränderungen. So entwickelt er auch sensibel und in der zeitlichen Abfolge nachvollziehbar die Beziehung zwischen Cary und Ron (Rock Hudson), den sie kennenlernt, als er sich um den Garten ihrer Villa kümmert.
Diese sehr genaue und emotional nachfühlbare Beziehungsentwicklung ist von wesentlicher Bedeutung für das Gelingen des Films, da Sirk so dem Betrachter die Reinheit dieser Liebe demonstrieren kann, die über den äußerlichen Verhaltensregeln liegt. Auch wenn aus heutiger Sicht die Beziehung einer älteren Frau zu einem jüngeren Mann, die dazu noch unterschiedlichen Standes sind, nicht mehr den selben provokanten Status hat, so galt das für das damalige Publikum keineswegs. Die Vorurteile, denen sich Cary durch ihre unmittelbare Umgebung ausgesetzt sieht, entsprachen exakt der allgemeinen gesellschaftlichen Ansicht und kein Satz, der in diesem Film fällt, und keine Reaktion (auch ihrer Kinder) wirkt übertrieben oder gewollt gehässig. Aber angesichts der Akzeptanz, mit der sich eine junge Frau einen älteren reichen Mann nehmen kann (was Sirk hier genüsslich demonstriert), kann man sich nicht des Gefühls erwehren, dass sich seit damals nicht viel verändert hat.
Durch Sirks melodramatisches Ambiente, die bunten Farben und das überzeugende Spiel seiner beiden Stars (deren realistischer Altersunterschied in "Magnificant Obsession" noch keine Rolle spielte), erwirbt Sirk die Solidarität seines Publikums, die gegen ihre üblichen Vorurteile mit dem Paar fiebern. Zusätzlich noch gefördert durch Rons sehr sympathischen, männlich ruhigen Charakter, der verlässlich im amerikanischen Geist verankert ist. Auf Grund dieser äußerlichen Merkmale werden Sirks Melodramen gerne ähnlich beurteilt, aber wie später in "Imitation of Life" überzuckert er hier nur eine reale Geschichte, die sich das Publikum als ernstes Drama gar nicht ansehen würde. An wenigen Details ist diese Ironie zu erkennen, besonders, wenn er im letzten Bild den Hirsch, den Ron zuvor gefüttert hatte, nochmal durchs Bild laufen lässt.
"Was der Himmel erlaubt" hat keineswegs einen religiösen Hintergrund, sondern betont eher, das auf Erden nicht wirklich viel erlaubt ist. Sirk gelang mit seinem Film das Kunststück, einen so unterhaltend wie berührenden Film für das große Publikum zu drehen, der in der Lage ist, Vorurteile anzugreifen und den Betrachter unmerklich dazu zwingt, sein Wertesystem zu hinterfragen (9/10).