Immer mal wieder fördert Hollywoods Actionkino abseits harmlosen PG-13-Mainstream-Breis noch heute auch schöne, kompromisslose R-Rated-Kracher alter Schule zutage - und im aktuellen Falle von „Ninja Assassin" sogar inform eines Revivals des Ninja-Subgenres, das seinen letzten großen Boom in den 80er-Jahren zu Zeiten von Klassikern wie Sam Firstenbergs Dudikoff-Kult „American Ninja" erlebte. Nun erwecken die Wachowski-Brüder den Mythos des schwarzgewandeten japanischen Attentäters auf der Leinwand zu neuem Leben - wie schon bei „V for Vendetta" 2006 überlassen sie den Regiestuhl dabei ihrem langjährigen Second-Unit-Mann James McTeigue und fungieren in bewährter Allianz mit Actionblockbuster-Legende Joel Silver als Produzenten des blutigen Krachers, der denkbar schnörkellos das bietet, was es heutzutage eigentlich nur noch auf dem Direct-to-DVD-Markt gibt (auf dem ja in Kürze Isaac Florentine mit seinem „Ninja"-Film nachlegen wird): Anspruchslos rockenden, gewalttätigen Actionoverkill nonstop.
Das aus bekannten Versatzstücken kompilierte, konventionelle Skript macht sich keine große Mühe, die untergeordnete Rolle, die es spielt, zu verbergen: Einmal mehr dient das Motiv von frühester Kindheit an in einer Ninja-Festung zu erbarmungslosen Killermaschinen ausgebildeter Waisen, von denen sich einer schließlich gegen seinen Meister und seine unmenschlice Bestimmung wendet, als Aufhänger für rasante Martial-Arts-Action im Minutentakt. Dieser Abtrünnige wird in diesem Fall vom südkoreanischen Popstar Rain gespielt, der die Wachowskis 2008 mit seiner Fighter-Performance im schrägen „Speed Racer" überzeugte und hier sein Debüt als Hauptdarsteller feiern darf. Große schauspielerische Fähigkeiten werden ihm hierbei nicht abverlangt - Coolness und Akrobatik sind alles, was in „Ninja Assassin" zählt, und auf diesen Gebieten macht Rain eine durchweg höchst souveräne Figur. Die Geschichte seines Charakters Raizo verwebt das Drehbuch mit den Ermittlungen zweier Europol-Agenten, die in Berlin durch brutale Mordfälle auf die Spuren der mythenumrankten schwarzgewandeten Attentäter-Clans geraten - länger als eine halbe Stunde bremst diese weitgehend uninteressante Krimikomponente den Film jedoch nicht aus, da sobald Raizo und Agentin Mika Coretti (Naomi Harris) eine Allianz des Überlebens bilden und von Ninja-Horden gejagt durch Berlin flüchten James McTeigue nur mehr pure Nonstop-Action entfesselt - auf brillantem Niveau.
Aus dem Schatten der Wachowskis tritt der bereits bei „V for Vendetta" überzeugende Mann spätestens hiermit endgültig heraus, verleiht seinem Film nicht nur generell einen stylish-coolen Edellook, sondern vermag vor allem die zahlreichen Kampfszenen inszenatorisch großartig zu veredeln: Sinnvoll platzierte Zeitlupen, dynamische Kameraarbeit, stets top gewählte Perspektiven und ein Gespür für atmosphäriche Setting-Garnituren wie lodernde Feuer lassen die ohnehin herorragend choreografierten Fights zusätzlich zu der Qualität im perfekten Glanz erstrahlen, die die augenfälligste in „Ninja Assasssin" ist: Der Film ist verdammt brutal. Bereits mit der Eröffnungssequenz, in der ein entzwei gesäbelter menschlicher Kopf dem Zuschauer in einem Blutschwall entgegenfliegt, zeigt McTeigue die Marschrichtung seiner Actionszenen an. „Ninja Assassin" ist ein wahres Gorefest, das lustvoll von einem übersteigerten Splatterexzess zum nächsten prescht und was im westlichen Martial-Arts-Kino bisher als hart galt mühelos in den Schatten stellt. Gegen die Frequenz und Detailfreudigkeit, in der hier Extremitäten abgehackt, Leute zersäbelt und zerteilt, gehauen und gestochen, gemetztelt und mit Blutfontänten um sich gespritzt wird, wirkt Tarantinos „Kill Bill Vol.1" direkt moderat - und die enorme, jeglichen Realismus mit Füßen tretende Übersteigerung, die unseren Helden im Stile alter HK-Klassiker noch mit aufgeschlitztem Bauch, im Körper steckenden gegnerischen Waffen und für fünf Tode reichenden Verletzungen unbeeindruckt weiterfighten lässt, sowie die artifizielle Ästhetik der CGI-Herkunft der roten Sturzbäche versehen das brutale Geschehen dabei stets mit einem Flair des Comichaften, das dem Film die Leichtigkeit puren Unterhaltungskinos bewahrt. Wer die ästhetisierten Splatterexzesse von „Ninja Assassin" ernst oder gar zum Anlass für Kritik nimmt, ist selber schuld.
Abseits der reinen Thematik kommt zudem insbesondere beim Showdown ein überwältigendes 80er-Jahre-Feeling auf, wenn die Handlung Berlin gen fernen Osten verlässt und bis an die Zähne bewaffnete Polizei- und Militärkräfte eine Ninja-Bergfestung angreifen: Maschinengewehre gegen Wurfsterne, Panzerfäuste gegen Martial-Arts, all dies zelebriert in lustvoller Ausführlichkeit und gekrönt von gleich mehreren Showdown-Stationen, in denen Rain abseits der um ihn tobenden, den Film um zahlreiche explosive Pyro-Schauwerte bereichernden Materialschlacht gegen seine ehemaligen Brüder und Meister antritt. So viel 80s-Feeling gab es seit „John Rambo" nicht mehr - großartig, dass etwas Derartiges nocheinmal den Weg auf eine Kinoleinwand findet.
Ohnehin spielt die Atmosphäre in „Ninja Assassin" eine große Rolle und McTeigue bewältigt perfekt den Spagat zwischen Oldschool-Feeling und stliysh-moderner, CGI-lastiger Inszenierung, Flair entfaltender Betonung des mythischen Aspekts der Ninja-Schattenkrieger, mit deren Übermenschlichkeit atmosphärisch kokettiert wird, und einem Augenzwinkern, das all dies niemals allzu ernst nimmt und den puren Entertainment-Anspruch des Gebotenen betont.
Fazit: „Ninja Assassin" ist ein großartiges Revival des Ninja-Actionfilms der 80er-Jahre, ein Fest für Genrefans, das optisch edel, temporeich und atmosphärisch 90 Minuten pure auf-die-Fresse-Unterhaltung alter Schule bietet: James McTeigue inszenierte einen stylishen, megablutigen, comichaft überzeichneten und sich nie zu ernst nehmenden Martial-Arts-Splatter-Overkill, der nicht mehr und nicht weniger als perfekte Unterhaltung mit dem Charme und dem Konzept im Grunde längst vergangener Zeiten liefert. Das muss Isaac Florentines anstehender „Ninja"-Film erstmal toppen.