Es handelt sich um eine angenehme bis gute Mischung aus Sozialdrama und Horrorfilm der ganz langsam die Fronten zwischen Wirklichkeit, Albträumen und Ahnungen verschiebt, verwischt und die Spannungsschraube immer mehr andreht. Auf dem Weg dorthin gibt es allerdings einige Längen und Banalitäten und es wird die Geduld des Zuschauers gefordert. Der Indie-Charakter von THE DISAPPERARED schaut zwar aus allen Ritzen und limitiert dabei auch die Möglichkeiten klassische Horrorsehgewohnheiten zu bedienen. Aber dafür lässt man sich glücklicherweise viel Zeit mit charakterlichen Betrachtungen der Protagonisten
Die Geschichte des kleinen Bruders von Matt der verschwunden ist und als tot gilt, spielt relativ schnell mit dem Okkulten und dem real existierenden Phänomen der Tonbandstimmen von Verstorbenen. Was gut transportiert wird, sind die Schuldgefühle die Matt hat und wie diese verantwortlich sind für die Albträume und Dinge die er sieht und hört. Er ist einsam mit diesen Vorstellungen und nur die junge Nachbarin Amy glaubt ihm. Er besucht ein Medium und die Szenen mit dieser so ungewöhnlich normalen Person sind genau deswegen umso packender.
Ich bin dennoch in der Bewertung hin- und hergerissen, denn einerseits gibt es eine gute Atmosphäre und schauspielerisch kann nichts beanstandet werden. Zum anderen herrscht allerdings auch relative Ereignisarmut in der ersten Hälfte des Films und die relativ banale Vorgeschichte nimmt viel Raum ein. Hier entwickelt sich also ein wenig aus der Stärke der gut gesetzten Stimmung der Plattenbauten und diversen sozialrelevanten Phänomenen wie Kommunikationsarmut, Rassismus und Drogen eine Redundanz und damit eine Langatmigkeit, weil der Film einem immer wieder die Nase auf diese Zustände stößt.
Somit werden 08/15 Horrorfans gegebenenfalls vor diesem Aspekt des Sozialdramas ein wenig abgeschreckt und THE DISAPPEARED als etwas lahm empfinden. Der Film setzt natürlich nicht auf explizite Effekte und mehr auf klassischen Suspense und die innere Furcht und Vorstellungskraft des Zuschauers, die bekanntermaßen meist schlimmer ist als das wirklich Gezeigte. Wer sich allerdings auf diesen netten Mix der niemals trashig wirkt einlassen kann, wird durchaus mit einer kleinen atmosphärischen Horrorperle belohnt.
5,5/10 Punkten