Review

Da sage noch mal einer, die Autos sind die wahren Stars.
Wohin es führt, Blech und Chrom zum Product Seller zu machen, hat der dritte Teil bewiesen, der ganz auf menschliche Stars verzichtete. Von den Produktionswerten her hätte er eigentlich prächtig werden müssen: Wahnsinns-Location, fette Karossen, das Drifting als neu eingeführtes Spannungsmoment, aber hey, wer führt uns durch den Tokyo Underground? Ein gesichts- und namenloser Milchbengel, gegen den selbst Paul Walker erfahren wirkt.

Und genau das ist der Punkt: Paul, wir haben dich vermisst! Ebenso wie den Rest des Ursprungscasts. Am meisten von allen sicher Vin Diesel als Dom Toretto. Nach diversen kommerziellen wie vor allem künstlerischen Enttäuschungen zieht es den Hünen wieder reumütig zu der Franchise zurück, die ihn einst groß rausbrachte; so groß, dass sie ihm plötzlich zu klein schien. Da ist er nun wieder, in einer der beiden Rollen neben Riddick, in denen man ihm den harten Burschen abgenommen hat.

Mit Michelle Rodriguez und Jordana Brewster ist das Original-Quartett perfekt, und trotzdem weiß “Tokyo Drift”-Realisator Justin Lin mit dem Klassentreffen zunächst mal nicht viel anzufangen, so dass er sich prompt in das eine Element rettet, das er beherrscht: Action. Als Einstieg serviert wird eine Neuauflage der aus Teil 1 bekannten Laster-Kaperung, nur alles größer und besser. Halsbrecherische Manöver, eine Wüstenstraße, die sich bald absenkt wie eine Wildwasserbahn und ein gigantischer Überschlag, bei dem es auf perfektes Timing ankommt.

Bloß: irgendwann ist man doch gezwungen, zumindest für den Moment von der Action abzulassen und eine Geschichte zu bieten. Wie sich Walker und Diesel wiedertreffen, hat etwas Erzwungenes an sich, als habe man nicht so recht gewusst, wie man beide nach all den Jahren wiedervereinen solle. Ein handlungsstiftendes Element ist schnell und billig gesät, aber wie bringt man die Rennfahrer nun zum Fahren? Gar nicht so einfach bei einer klassischen Rachestory wie der vorliegenden, das hat im “Originalteil” mit dem “Gefährliche Brandung”-Story-Replikat besser funktioniert. Dementsprechend weit hergeholt wirkt es, wenn Toretto, um an eine Information zu gelangen, bei einem Rennen mitfahren soll.

Alles egal, wenn man nur um den Inhalt der schicken Sportwagen weiß. Um es zu wiederholen: man ist schlichtweg erfreut, alte Bekannte wiederzusehen, zu denen nicht nur der schwarze Ford Mustang gehört, sondern eben auch Diesel, Walker, Rodriguez, Brewster. Deren emotionale Bekundungen untereinander (ob nun Hass, Liebe oder irgendwas dazwischen) sind zwar nur schwer erträglich, aber das ist auch nicht ihr Job; ihr Job ist es, gut auszusehen und präsent zu sein, damit das Publikum etwas zum Festhalten hat, was dem Publikum des direkten Vorgängers vollkommen verwehrt blieb.

Auf der Nebenspur ist “Fast & Furious” eine einzige Bizeps-Demonstration. Wider den “Deutschland sucht das Supermodel”-Trend geht es nicht mehr so sehr darum, Oberflächlichkeiten ins Scheinwerferlicht zu stellen, sprich dicke Motoren und knapp verpackte Knackärsche in die Kamera zu halten (obwohl von beidem reichlich vorhanden ist), vielmehr soll es um die Motoren in Aktion gehen. Der neue pragmatische Geist führt zu einer Ansammlung hübscher Rennaction. Das große Routenrennen bei Nacht punktet mit einer nachvollziehbar geschnittenen Streckenführung, die Bergtunnelfahrt dagegen mit absurden Manövern, die mit Realität nicht mehr viel gemein haben. Ein Monument des Actionfilms wurde hiermit zwar nicht gezimmert, aber zumindest ist das wesentlich sympathischer als einer Modenschau beizuwohnen, wie vor allem der gelackte “2 Fast, 2 Furious” sie zelebrierte (der wohl nicht umsonst das exotische Model Devon Aoki und den glatten Schönling Tyrese Gibson in den Maincast beförderte).

Natürlich wirkt der Street Racer-Kult auf das Gros der Zuschauerschaft, das sich diesem nicht selbst angehörig fühlt, immer noch merkwürdig und teils sogar albern; wenn vor dem Friedhof während einer Beerdigung knallbunte und gepimpte Karren parken, so wird man nicht ganz schlau daraus, ob das als selbstironisches Zwinkern gefilmt wurde oder als ernstgemeintes Statement. Trotzdem bietet auch dieser Teil der Reihe genug Luft, damit man kritische Distanz wahren kann und einfach Spaß hat an den Rennszenen.

Zwei Faktoren heben “Fast & Furious” also weit über die beiden Vorgänger und docken ihn direkt an den immer noch führenden ersten Teil an: die recht gelungene Rennaction und die Rückkehr des Vin Diesel. Der eine bringt die Glaubwürdigkeit und charakterliche Präsenz zurück, das andere den Unterhaltungswert. Mehr ist nicht nötig, um das restliche Feld abzuhängen. Was zugegebenermaßen nicht gerade für die Franchise spricht.
5.5/10

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