Wer kann sie eigentlich noch hören, diese ewigen Klischees über den gefühlskalten Mann, der nicht zuhören kann und bloß möglichst schnell mit seinem bevorzugten Körperteil die Hose der Frau stürmen will, die wiederum verträumt an ihren romantischen Vorstellungen festhält, sexuell erst noch entkrampft werden muss und die mit nichts anderem beschäftigt ist, als hinter imaginäre Strichlisten Häkchen oder Kreuzchen zu setzen. Irgendwie langweilt das doch alles, dieses ganze „Kerle sind oberflächlich und versaut, Weiber kompliziert und gefühlsbetont"-Getue und eigentlich passt das eine so gar nicht zum anderen und bla bla bla. Aber gewisse StandUp-Comedians füllen mit ihren debilen »Mein Freundin, weeste...«-Weisheiten ganze Fussballstadien, das geseufzte »haach, Männer...« verstummt ebensowenig, wie das genervte »ohhh, die Olle...« und die entsprechenden Selbsthilferatgeber, um das andere Geschlecht besser zu verstehen, füllen ganze Abteilungen im Bücherladen. Irgendwie wollen wohl doch viele festhalten am Bild des Machomackers, auch wenn der mittlerweile weint, und der Emotionselse, auch wenn die mittlerweile zum Vergnügen auch mal auf die Liebe verzichtet. Und passend dazu serviert Regisseur Robert Luketic das Ganze als „Die nackte Wahrheit".
Abby Richter, angesehene TV-Produzentin und erfolglos auf der Suche nach Mr. Right, hat ein Problem mit den Quoten. Die Zuschauerzahlen sinken und sehr zu Abbys Missfallen präsentiert ihr Chef die rettende, aber fürchterliche Idee: Mike Chadway, Moderator der Lokalsendung „The Ugly Truth", bekommt einen Posten als Gastmoderator in Abbys Show. Chadway ist ordinär, zynisch, ein Chauvinist der meint, die Wahrheit über Männer und Frauen zu kennen - und das Publikum liebt ihn. Dafür blüht Abby unverhofft privates Glück, als der knackige Orthopäde Colin gegenüber einzieht, der sämtliche Traummannkriterien zu erfüllen scheint. Um sich ihn zu angeln lässt sich Abby ausgerechnet auf die Ratschläge Chadways ein...
Es ist alles, wie man es gewohnt ist in „Die nackte Wahrheit": da ist die Karrierefrau, die im Job alles im Griff hat und selbst den von der eigenen Frau zum Co-Moderator degradierten einstigen Star der Sendung charmant beschwichtigt bekommt, die eine etwas spleenige aber loyale Assistentin an ihrer Seite und einen gutmütigen Chef im Rücken hat, doch die trotz ihrer Attraktivität im Privaten die Männer mit ihrem Kontroll-, Listen- und Leitungswasserwahn schon in den ersten Date-Minuten vergrault. Und da ist der Primatenmann, bei dem die Evolution einige Schritte weg vom Affen, hin zum Menschen ausgelassen hat und der aus dieser Rückständigkeit das Wissen über das wirkliche Wesen von Mann und Frau ableitet, eben die nackte Wahrheit in Sachen Beziehungen und so. Sie könnte ihn am Anfang gar nicht mehr verabscheuen, ihm gefällt zumindest, was er sieht. Eben genau oder ungefähr so, wie man es von einer Screwball-Komödie erwarten kann, deren Mechanismen sich „Die nackte Wahrheit" zugehörig fühlt.
Mehr, als das Abfilmen typischer Situationskomik und bissiger Dialoge leistet Robert Luketic dann auch nicht, ist er doch ohnehin ein Filmemacher („Monster-in-Law", „21"), der unter „Lebensmotto" vermutlich »Ein gutes Pferd springt nur so hoch, wie es muss« einträgt, ohne den rechten Sinn dahinter zu verstehen und wie wenig dieser zu seinem Beruf passt. Aber wie auch immer, unabhängig davon bekommt Luketic Comedy auf ziemlich schwankendem Niveau zu zeigen. Das Drehbuch-Damentrio Nicole Eastman, Karen McCullah Lutz und Kirsten Smith liegt bei den Wortgefechten und Dialogen durchaus richtig, wenn das schnodderige Chauvieschwein auf die konservative Spießerzicke trifft und dabei alles an Steinzeitdenken ausgepackt wird ist das durch Mikes dreist-unzurückhaltende Sprüche schon amüsant und auch schön direkt. Die physische Komödie sackt dagegen ab, ob Abby kopfüber slipzeigend vom Baum hängt, sie Cola auf dem Schoß ihres Angebeteten Colin verschüttet und ihr ein ganzes Baseballstadion bei ziemlich zweideutig ausschauenden Reinigungsversuchen zusieht, oder sie zum Dinner mit den Vorgesetzten einen Vibrationsslip anzieht, dessen Fernbedienung einem kleinen Bengel in die Hände fällt - das bewegt sich alles auf zwar schlüpfrigem, aber auch harmlos-biederem Terrain, ist meist vorhersehbar und keine dieser Nummern wird für Abby zur Schadenfreude fördernden Peinlichkeit, da für sie jedesmal statt eines bloßstellenden ein positiver Effekt eintritt.
Begleitet von den oft gehörten „hum-di-hum-di"-Klängen des Soundtracks, hier komponiert von Aaron Zigman, quakkelt die Story so voran. Abby, gerade noch jede Gelegenheit wahrgenommen, sich über Mikes Oberflächlichkeit aufzuregen, ist verzückt, als sie den neuen Nachbarn Colin nackt in dessen Wohnung sieht und nachdem ihr ihre Kontrollfreakigkeit schon so oft im Weg stand lässt sie sich tatsächlich auf Mikes Ratschläge ein. Warum auch nicht, immerhin verspricht der ungeliebte Kollege zu kündigen, sollte er Abby nicht in Colins Arme führen können. Was genau Mike davon hat, außer den Beweis seiner Thesen am lebenden Objekt zu erbringen, ist so unklar wie es egal ist. Abby wirft sich in einen schicken Fummel und klatscht sich Extensions an die Haare, schließlich will jeder Mann wogende Brüste, stramme Oberschenkel und wilde Mähnen entgegen gereckt bekommen, statt strenger Bürofrisur und biederer Oberteile. Mit Knopf im Ohr und Mikes Anweisungen folgend geht's zum Date und siehe da, die dank Mike nun nicht kontroll- sonder anderweitig unkontrolliert-freakig wirkende Abby staubt tatsächlich einen leidenschaftlichen Kuss des Orthopäden ab.
Daraus formt „Die nackte Wahrheit" nun aber keinen Konflikt zwischen wahrem Ich und dem Colin-zu-Gefalle-Ich Abbys, zumindest dann nicht, wenn man das unauffällige Wiederausspucken angereichten Kaviars nicht so interpretiert. Genauer gesagt gestaltet der Film erstmal überhaupt keine Konflikte mehr. Mike ist ja eigentlich doch irgendwie »great... somehow«, bringt Quote und kümmert sich rührend um das Wohl seines Neffen, und, ob zu Trainingszwecken gefaked oder nicht, zwischen ihm und Abby fliegen längst die Funken, das würde man auch ohne seine sehnsüchtigen Seufzer und Blicke merken. Und natürlich ist Mike auch nicht von Natur aus so ein zynischer Aufreißerarsch, der sich einfach nur aus Bock mit zwei Götterspeisewrestlerinnen vergnügt. Erst als er von einem Konkurrenzsender abgeworben werden soll, dazu als Gast in eine berühmte Talkshow eingeladen wird und Abby ein romantisches Wochenende samt anstehendem ersten Mal Sex mit Colin sausen lassen muss, um ihn zum Bleiben zu überreden, erinnert sich „Die nackte Wahrheit" daran, dass noch etwas passieren muss. Eine erotisch-knisternde Tanzeinlage hilft da natürlich auf die Sprünge...
Screwball-Komödien hängen sehr vom Charme und Zusammenspiel ihrer Darsteller ab und da überzeugt in „Die nackte Wahrheit" einer, von dem das nicht gerade unbedingt zu erwarten war. Nach seinem Showstealer-Auftritt neben Angelina Jolie im miesen „Tomb Raider - Die Wiege des Lebens" (2003) und natürlich seiner Performance als Spartiat in „300" (2007) galt Gerard Butler eher als die regelmäßig ausgerufene Post-Schwarzenegger/Stallone/Willis/Gibson-Actionhoffnung. Doch der Schotte geizt hier nicht mit Comedy-Talent und bewegt sich derart sicher durch den Film, als hätte er schon immer für Zwerchfell- statt Knochenbrüche gesorgt. Natürlich ist die Rolle des völlig übertriebenen Chauvinisten Mike Chadway eine entgegenkommende, dennoch keine ganz einfache. Doch Butler hält gekonnt die Balance zwischen sprücheklopfender Rampensau und doch irgendwie herzigem Kumpeltypen. Dabei überzieht er den Charakter nie und beweist ein besseres Timing, als es all die angedichteten Vorgänger bei ihren Ausflügen ins Komödienfach bewiesen. Katherine Heigl, die sich trotz ihres nicht ganz in Frieden vollzogenen Ausstiegs aus der Krankenhaus-Soap „Grey's Anatomy" reichlich häufig in fernsehnahen Rollen tummelt (hier als Produzentin, in „Knocked Up" (2007) als Moderatorin) tut sich da schwerer. Sie gehört sicher nicht zu den Untalentierten und ganz sicher nicht zu den Unattraktiven, aber gerade auf das reine Ausspielen letzteren Attributes läuft es bei ihr etwas oft hinaus. Um mit einer Figur mal richtig im sprichwörtlichen Dreck zu wühlen, etwa in den angesprochenen Slapstickeinlagen, wirkt sie im Gegensatz zu Kolleginnen wie Sandra Bullock und sogar Jennifer Aniston immer irgendwie zu fein und zu flach. Dennoch ist ihre Leistung davon abgesehen in Ordnung und für's Auge ohnehin nicht verkehrt.
Now, let's face it, the ugly truth about „The ugly Truth": der Film ist nicht so schlecht, wie er hätte werden können und nicht so gut, wie er hätte sein dürfen. Seine Höhepunkte hat er nach oben und nach unten und die längste Zeit pendelt er dazwischen. Der Geschlechterkampf wird recht schnell recht zahm, geht gleichberechtigt auf Kosten beider und wird zudem bei aller Steinzeitlichkeit in der Figurenzeichnung und den Argumenten nicht zur Geduldsstrapaze und ja, ist teils sogar wirklich witzig. Das vor allem wegen Gerard Butler, der als Macker voll aufdreht. Entsprechend gehen die meisten Gags, an denen Butler nicht beteiligt ist, mal mehr mal weniger weit daneben, auch da Figuren wie der angehimmelte Eric Winter als Colin, das Ehepaar-Moderatorenduo Cheryl Hines und John Michael Higgins, denen Mike die animalische Lust aneinander zurückbringt, sowie der übrige Kollegenkreis rund um Bree Turner blass bleiben.