Blut und Spiele: Die Macher der „Crank“-Filme wagen sich nun auf das Terrain des kritischen Sci-Fi-Actionfilms vor, erneut mit markigem Star in der Hauptrolle.
In der Zukunft von „Gamer“ ist es reichen Usern möglich reale Menschen als Avatare zu steuern. Den Anfang machte die Simulation Society, eine Art „Second Life“ oder „Die Sims“ mit freiwilligen, also besonders armen Teilnehmern als Avatare, anschließend kam Slayers, eine Art 3D Shooter, bei dem die Spieler zum Tode verurteilte Strafgefangene steuern. Beide wurden von Ken Castle (Michael C. Hall) entwickelt und sollen also als Weiterentwicklungen heutiger virtueller Freizeitbeschäftigungen für die rechte Medienkritik sorgen.
In Slayers ist der Ex-Soldat Kable (Gerard Butler) zum Star aufgestiegen, gespielt vom 17jährigen Simon (Logan Lerman). Mit einer Slayers-Schlacht geht es dann auch direkt los, der handelsübliche Übersichtsverlust des aktuellen Actionkinos, das Jason Bourne hinterhechelt, ist gegeben, aber bei weitem nicht so schlimm wie im Falle von „Crank 2“ und trotz leichter Verwacklung macht das Ganze Lust auf mehr.
Kable steht kurz vor dem Freispruch infolge 30 gewonnener oder besser gesagt überlebter Schlachten, weshalb Castle ihn loswerden will. Derweil arbeitet eine Untergrundbewegung an der Befreiung Kables und dem Umsturz von Castle…
„Running Man“ meets „Death Race“ also – an sich keine schlechte Kombination, doch leider sind beide Filme, selbst das extreme simple geplotete Todesrennen, wahre Drehbuchmeisterwerke im Vergleich zu „Gamer“, was bereits bei der Figurenzeichnung anfängt. Ein paar Schnipsel von Kables Hintergrundgeschichte und der Handlungsstrang um seine verarmte Frau Angie (Amber Valletta), die gezwungenermaßen für Society malocht, machen noch keine Charakterisierung aus, weshalb die Figuren dem Zuschauer recht egal sind. Viele Charaktere bleiben Randfiguren, z.B. versteht man nie, warum sich Kable gerade um Mitgefangene sorgt bzw. warum sie seine Freunde sein sollen, die Rebellenfront rebelliert halt, aber wieso genau und mit welchem Ziel abgesehen von Castles Sturz wird auch nicht näher definiert und Simon ist also das gelangweilte reiche Kind, aber mehr erfährt man auch über ihn nicht.
Problematisch wird „Gamer“ vor allem dann, wenn die Macher medienkritisch sein wollen. Da will man überspitzt Sensationslust und Kicksuche der heutigen Gesellschaft kritisieren, doch gleichzeitig verkauft „Gamer“ Blut, Gewalt und nackte Hupen genüsslich als Hauptattraktion und zeigt sensationslüstern wie es arme Zivilisten erwischt. Simons 15 Minuten Ruhm werden angerissen, doch da Simon als Figur blass bleibt, ist auch hier das kritische Potential schnell dahin – und das Wortspiel „Simon Says“ ist da alles andere als raffiniert, ebenso wenig der Gleichklang der Namen Kable und Castle. Allerdings hatte das Duo mit „Crank 2“ ja schon deutlich gezeigt, wessen Geistes Kind es ist, da hatte man auch nicht soviel erwartet – hiergegen ist „Running Man“ feingeistige Kritik pur. Besonders plump wird es vor allem, wenn der Angie steuernde User natürlich ein widerlicher Fettsack ist.
Doch auch wenig kritische Filme können Spaß machen, das hatte das Vorbild „Death Race“ ja gezeigt. Dumm nur, dass „Gamer“ leider auch schreiberisch echte Probleme hat. Ein Spannungsbogen ist kaum zu erkennen, Szene reiht sich an Szene, ohne irgendwie Interesse zu generieren, alles ist getragen von einer Konzeptlosigkeit, bei der man sich dann wundert, wenn auf einmal der Showdown gekommen ist. Da hilft dann auch der schräge Humor nicht, den die Fieslingsfigur des Ken Castle einbringt, ebenso wenig der schön rockige Soundtrack mit „Sweet Dreams“ von Marilyn Manson und „The Bad Touch“ von der Bloodhound Gang.
Ein schlechter Film ist „Gamer“ aber trotzdem nicht, denn immerhin im Actionbereich hält er immerhin meist, was er verspricht. Bei den Slayers-Schlachten gibt es was das Herz begehrt: In Zeitlupe fliegende Autos, derbe Einschüsse und harte Kämpfe, trotz gelegentlichen Übersichtsverlusts schön anzusehen und stilvoll präsentiert, ohne den visuellen Overkill des missratenen „Crank 2“. Schön ist auch die Autojagd, das Highlight schließlich Kables Kampf gegen Castles Marionetten im Finale, während der Showdown zwischen Kable und Castle enttäuscht, da er zu sehr auf metaphysischer und zu wenig auf physischer Ebene ausgetragen wird.
Gerard Butler ist ja mittlerweile durchaus eine Bank des Männerfilms, den harten Typen kauft man ihm erneut wieder ab, wenngleich der Mann schon besser in Form war. Michael C. Hall hingegen hat sichtlich Spaß an seiner Rolle als exzentrischer Bad Guy und überträgt diesen auch auf den Zuschauer. Schlechter sieht es bei den Nebendarstellern aus, selbst bekannte Gesichter wie Amber Valletta, John Leguizamo, Terry Crews, Alison Lohman und Zoe Bell bleiben in nebensächlich wirkenden Rollen unauffällig; einzig und allein Kyra Sedgwick als Moderatorin kann noch ein paar Akzente setzen.
Die Action macht Laune, Stil hat „Gamer“ durchaus und die beiden Hauptdarsteller können punkten, doch demgegenüber stehen unbeholfene Versuche einer Medienkritik, die angesichts der Plattheiten des Films nicht funktioniert, und ein wenig aufregendes Script – da wäre mehr drin gewesen.