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Eine Gruppe junger Medizinstudenten fährt übers Wochenende zu einer verschneiten Skihütte in den norwegischen Bergen. Dort wollen Hanna, Martin, Roy, Erlend, Vegard, Chris und Liv, so die Namen der sieben Freunde, zunächst auf Sara warten, der die Hütte gehört und die auf Skiern zu dem Beisammensein gelangen wollte. Die Zeit bis zu ihrer Ankunft vertreibt sich die Clique so lange mit Schneeballschlachten und halsbrecherischen Fahrten auf einem Schneemobil. Doch als die Zeit verstreicht und Sara selbst bei Anbruch der Nacht noch nicht aufgetaucht ist, beginnen sich die anderen langsam zu sorgen. Die allgemeine Stimmung hebt sich zudem nicht gerade, als zu später Stunde plötzlich ein älterer Mann an die Tür der Hütte klopft und um Einlass bittet. Angesichts der ausgelassenen Stimmung der jungen Leute deutlich übellaunig gestimmt, erzählt der alte Wanderer seinen Zuhörern die Geschichte dieser Berge, die dem gefürchteteten SS-General Herzog und seinen Männern im Zweiten Weltkrieg zum eisigen Verhängnis wurden, nachdem sich damals die Zivilbevölkerung gegen die Tyrannei der Nazis auflehnte. Die jungen Studenten geben jedoch nicht viel auf die scheinbare Schauergeschichte des merkwürdigen Fremden und tun diesen als Spinner ab. Kurz darauf müssen sie ihre Meinung diesbezüglich jedoch noch einmal grundlegend überdenken, als sie in einem kleinen Versteck in der Hütte nicht nur einen Schatz aus Zeiten des Zweiten Weltkrieges entdecken, sondern damit auch dessen Besitzer auf den Plan rufen. Wie aus dem Nichts tauchen plötzlich vermoderte Nazi-Zombies auf, die unter den Studenten für reges Blutvergießen sorgen...


Nachdem sich Edgar Wright's Horrorparodie Shaun of the Dead im Jahr 2004 als riesiger Überraschungserfolg erwies, waren Tür und Tor für ähnlich gelagerte Produktionen sperrangelweit geöffnet und natürlich ließen sich die Filmschaffenden weltweit nicht lange bitten. Immer mehr Horrorkomödien und Funsplatterfilme unterschiedlichster Qualität und Herkunft erblickten seitdem das Licht der Welt, wobei der große Vorreiter Shaun of the Dead auch nicht das einzige Werk bleiben sollte, welches dem humorvollen Zombiefilm neues Leben einhauchte. Werke wie Dead & Breakfast, The Mad oder Dead & Deader zeigen deutlich auf, dass es bei den mörderischen Untoten nicht immer nur garstig und grimmig zugehen muss, sondern das Publikum auch mal eine vergnügliche Zeit mit einem Zombiestreifen haben kann. Das wissen scheinbar auch die Norweger, die nun mit Død Snø aka Dead Snow gewaltig nachlegen und in einer kuriosen, filmischen Ansammlung von Anspielungen und Querverweisen eine Horde fleischfressender SS-Zombies auf einige arglose Twentysomethings loslassen. Schon diese Handlung kommt so grotesk und amüsant daher, dass Dead Snow seitens der Horrorfilmgemeinde mit einiger Vorfreude erwartet wurde und sich bei seiner Aufführung auf den gängigen Filmfestivals schnell zum Geheimtipp mauserte. Das mag in so mancher Hinsicht durchaus berechtigt sein, dennoch ist Dead Snow fernab seines Hypes letztendlich doch nicht mehr als ein unterhaltsamer, aber auch nicht überragender Funsplatter.
 
Der Regisseur dieses Werkes, Tommy Wirkola, war sich offensichtlich der Tatsache bewusst, dass sich zu Zeiten eines überquellenden Horrorfilm-Marktes nur noch schwerlich mit Innovationen auftrumpfen lässt, weshalb er seine Zombie-Schlachtplatte kurzerhand als Hommage an die großen Klassiker des Genres aufbereitete. Dead Snow ist ein Horrorfilm von Fans für Fans, der garnicht den Anspruch erhebt, das Rad neu erfinden zu wollen. So sollte sich der Genrekenner auch darauf gefasst machen, mit Zitaten und Verweisen geradezu bombardiert zu werden. Nicht nur, dass die Protagonisten in diesem Werk reichlich über Horrorfilme diskutieren, auch die Story verschleiert ihre ungefähre Ähnlichkeit zum Klassiker Tanz der Teufel keineswegs. Eine Gruppe junger Leute, die zu einer abgelegenen Hütte fährt, wo dann aus Unachtsamkeit das Böse heraufbeschworen wird, das sollte durchaus vertraut klingen. Die Spitze des Eisbergs ist dann noch das Braindead-Shirt, das von einem der Charaktere getragen wird und so noch einmal klar verdeutlicht, aus welcher Ecke die Vorbilder von Dead Snow stammen.

Wer sich Vorab also ein wenig über den Film informiert, wird seine Hoffnung in einen ebenso spaßigen, wie blutigen und kurzweiligen Splatterfilm setzen und im Grunde wussten Tommy Wirkola und seine Mannen diese Erwartungshaltung auch zu erfüllen, wenn leider auch nicht im richtigen Verhältnis. Auf der Habenseite hat dieses Werk eine absolut tolle und geradezu postkartenreife Kulisse zu verbuchen, die zudem für einen derartigen Film auch noch nicht all zu verbraucht scheint. Zwar färbte sich der Schnee in den norwegischen Bergen bereits in dem Slasher Cold Prey blutrot, doch stellt ein solches Bergpanorama als Kulisse noch immer eine rechte Seltenheit dar. Ein größeres Problem hat Dead Snow dann allerdings schon beim Erzählen einer dramaturgisch hochwertigen Story, denn scheinbar war den Verantwortlichen nicht so recht klar, wie sich die Zeit vor dem eigentlichen Schlachtfest brauchbar auffüllen lässt. Wie in dem Genre üblich, so benötigt auch Dead Snow eine gewisse Aufwärmphase, bevor es schließlich zünftig ans Eingemachte geht, doch ist man hier diesbezüglich leider übers Ziel hinausgeschossen. Die ersten 40 Minuten ziehen sich doch recht langwierig dahin und kommen, von einigen schrägen Dialogen abgesehen, auch nicht sonderlich humorvoll daher. Zwar wird sich hier niemand ernsthaft langweilen, da der Film beständig auf den Zombie-Angriff hinarbeitet und so durchaus eine subtile Spannung aufbaut, doch für eine angebliche Horrorkomödie geht es in Dead Snow leider deutlich zu humorlos vonstatten. Da hätte sich Tommy Wirkola mal besser bei dem britischen Glanzstück Severance orientieren sollen, das seinerzeit eindrucksvoll unter Beweis stellte, wie amüsanter Horror auszusehen hat.

 Dem ist gegenüberzustellen, dass Dead Snow eine abrupte Wendung vollzieht, sobald dann die ersten Zombies in SS-Montur durch den Schnee stapfen. Schlag auf Schlag entwickelt sich das Ganze zu einer ausschweifenden Gore-Granate, die nach kürzester Zeit unter Beweis stellt, dass man seine Hausaufgaben im hohen Norden diesbezüglich gemacht hat. Ohne Erbarmen holen sich die untoten Nazis ihre Opfer: Da werden Köpfe entzweigerissen, bis das Gehirn auf den Boden platscht, Gliedmaße amputiert und ein Schneemobil kurzerhand zum tödlichen Gefährt umfunktioniert. Spätestens, wenn dann noch eine Kettensäge und ein Vorschlaghammer zum Einsatz kommen, dann dürfte so ziemlich jeder Splatterfan auf seine Kosten kommen. Der einzige Wehrmutstropfen ist hierbei der zum Teil etwas computergestützt wirkende Look der Gore-Szenen, doch darüber lässt sich schnell hinwegsehen, da sich Dead Snow zum größten Teil auf handgemachte Effekte verlässt. Splattertechnisch wird der Streifen seiner Intention also vollends gerecht. Da fällt es auch kaum mehr auf, dass die Zombies recht ungewöhnlich daherkommen und sich im Vergleich zu ihren Artgenossen aus ähnlichen Streifen überraschend intelligent und zuweilen beinahe menschlich verhalten. Trotzdem wurde das gegebene Potential hinsichtlich darauf, dass es sich um SS-Zombies handelt, kaum ausgeschöpft. Dead Snow hält in dieser Hinsicht kaum nennenswerte Pointan parat, weshalb es im Grunde auch ganz normale Zombies hätten sein können, die hier in den Bergen Norwegens ihr Unwesen treiben.

Damit ist im Großen und Ganzen bereits alles zum Film gesagt. Lediglich die wohl dämlichste Sexszene der Filmgeschichte verdient noch gebührend Erwähnung. In dieser wird ausgerechnet der dicke Nerd aus heiterem Himmel von der Sexbombe der Gruppe vernascht und zwar - festhalten - während seines Stuhlgangs in eisiger Kälte auf einem Plumpsklo. Und spätestens dann, wenn dem unverhofft Glücklichen von der aufreizenden Dame ausgerechnet die Finger gelutscht werden, mit denen dieser sich noch zuvor den Hintern abgewischt hat, sollte klar werden, dass fortan Norwegen als das Land der unbegrenzten Möglichkeiten bezeichnet werden sollte. Doch zurück zu Wichtigerem: Die Schauspieler machen ihre Sache im Grunde ausnahmslos souverän und hatten allesamt äußerst klischeehafte Charaktere zu verkörpern. Vom unscheinbaren Mauerblümchen, über den Sunnyboy, bis zum personifizierten Sonderling sind sie alle vertreten, doch den dicksten Bock schießt eindeutig der angehende Medizinstudent mit Blutphobie.

Letztendlich ist Dead Snow ein kurzweiliger Funsplatter ohne großartigen Anspruch, der im Groben genau die Erwartungen seines Zielpublikums erfüllen dürfte. Doch gerade in Anbetracht vieler ungenutzten Möglichkeiten und einer zu langwierig geratenen Einführung gelingt es dem Film leider nicht, auf ganzer Ebene zu begeistern. Für eine Horror"komödie" kommt das Ganze leider beinahe ohne nennenswerte Lacher aus, weshalb die größte Stärke des Films ganz klar im Bereich des Splatters liegt. Hier lassen die Norweger ihre Einflüsse klar erkenntlich werden und zaubern ein abwechslungsreiches Blutbad auf die Leinwand, das zwar in seinen Ausmaßen nicht an das große Vorbild Braindead heranreicht, jedem Splatterfan aber nichtsdestotrotz ans Herz gelegt werden kann. Somit kann für Dead Snow alles in allem auch bedenkenlos eine Empfehlung ausgesprochen werden, auch wenn Genre-Liebhaber ihre Erwartung im Voraus besser nicht zu hoch ansetzen sollten.


Død Snø
Norwegen 2009, 88 Min.
Freigabe: Keine Jugendfreigabe
Regie: Tommy Wirkola

Darsteller: Ane Dahl Torp, Jenny Skavlan, Bjørn Sundquist, Charlotte Frogner, Stig Frode Henriksen, Jeppe Laursen, Evy Kasseth Røsten, Lasse Valdal, Vegar Hoel, Ørjan Gamst, Tommy Wirkola

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