Nicht von ungefähr wurde „Django – Die Bibel ist kein Kartenspiel“ der Western-Box von Koch Media als Füllmaterial zu den beiden guten Garko-Filmen beigepackt. So ganz allein auf weiter Flur fehlen dem Italowestern leider die Argumente, um ein erneutes Anschauen zu rechtfertigen.
Darüber hinaus ist der deutsche Titel mal wieder völliger Unfug, denn weder hat der Film irgendetwas mit einer Bibel oder gar einem Kartenspiel noch im ursprünglichen Original mit Django zu tun. Den erschuf erst die deutsche Synchronisation und sorgt damit für Irritationen. Django (John Richardson, „Die Stunde wenn Dracula kommt“, „Eine Million Jahre vor unserer Zeit“) heißt eigentlich Bill Coler und ist der Zwillingsbruder von John Coler, hinter dem alle wegen des Kopfgeldes her sind. So machen die Verwechslungen zwischen den beiden auch Sinn, während in der deutschen Fassung dieses Paar einige Fragezeichen aufwirft.
So unspektakulär und öde die Geschichte auch ist, Sandalenfilmer Domenico Paolella („Die gnadenlosen Zwei“, „Die Nonne von Verona“) offenbart sich als immerhin einfallsreicher, bisweilen versierter Filmemacher, der regelmäßig für ungewöhnliche, detailversessene Szenen zu haben ist und so auch gleich den Zuschauer auf die Folter spannt, als er den Kopfgeldjäger Clint stilecht bei seiner Entlassung aus dem Knast zeigt, ohne dessen Gesicht ins Bild zu rücken, bevor denn sein Revolver im Blickfeld auftaucht. Diese ersten Minuten mit dem schmuddeligen Gefängnis und Clint, der sich erst mal ein paar Mistkäfer aus seinem unhygienischen Anzug schnippst, hat was, versprechen aber mehr als der Film letztlich halten kann und machen den Charakter wichtiger als er in Wirklichkeit ist. Später soll er nämlich sang- und klanglos aus der Handlung ausscheiden.
Bemerkenswert befremdlich sind in Folge einige Einfälle der Drehbuchautoren, die diesen frisch entlassenen Häftling mit einem nur wenige Tage gültigen Schriftstück ausstatten, das dem Besitzer garantiert, dass er, wenn er John ausliefert, mit fürstlichen 20.000 Dollar belohnt wird. Warum dieses Gesuch einem zeitlichen Rahmen unterworfen wird und man das ausgerechnet einem Ex-Häftling in die Hand drückt, bleibt genauso ein Rätsel, wie die sportliche Abwechslung des gesamten Films.
Vom ewigen Pokern hielt Paolella scheinbar auch nicht so viel und deswegen lässt er seine Figuren hier grundsätzlich Billard spielen. Auch etwas, was man nicht alle Tage im Italowestern sieht.
Während man sich optisch darum bemüht, alles schön schmuddelig und staubig-trocken aufzubereiten, was in der israelischen Wüste, wo damals gedreht wurde, auch kein schweres Unterfangen ist, fordert die Filmlogik die Zusammenkunft von Clint und Django, der John zum Verwechseln ähnlich sieht. Clint will das augenscheinliche Objekt seiner Begierde, das sich mit seinen Schießkünsten bei einer Schausteller-Gruppe verdingt, schon bloßstellen, wird dabei aber von einer Gruppe mexikanischer Banditen verschleppt. Die nehmen dann auch gleich Django mit, weil sie den Goldschatz haben wollen, den John Coler einst stahl.
Soweit so gut, die im Lager der Banditen recht heftige Folter mit Haut aufschlitzender Morgensterneinlage und hungrigen Blutegeln, die sich an den Wunden satt saufen, gibt es ein paar unästhetische Momente, die selbst für einen Italowestern einen recht herben Eindruck hinterlassen, doch von da an beginnt der Streifen leider auch kontinuierlich seine wenigen Qualitäten außer Acht zu lassen und schickt von der Schausteller-Gruppe, über einen Staatsagenten bis hin zu den Banditen, Django und Clint in Richtung eines gerade sterbenden Kaffs, das nicht mehr als ausgebeutete Goldminen und eine windschiefe Stadt zurücklässt.
Die nicht im Gedächtnis haften bleibenden 08/15 – Charaktere, wie auch die nur durchschnittlichen Leistungen der gesamten Riege erschweren die Aufmerksamkeit des dann in der zweiten Hälfte einsetzenden Wettlaufs um John Coler oder besser dessen Beute, eine Wagenladung voller Goldbarren, der noch gar nicht weiß, was ihm blühen soll.
Die Naturkulissen, die Paolella wohl so faszinierend fand, dass er sie oft und gern imposant ins Bild rückt, vermögen hin und wieder Schauwerte zu platzieren, doch vom einfältigen Geschehen selbst lenkt das wenig ab, zumal einige Szenen den Eindruck von Ergänzungsmaterial hinterlassen, als ob man zwischendurch nicht ganz wusste, wie man die Mindestspielzeit einhalten soll. Richardsons Doppelrolle und die damit verbundene mühevolle Differenzierung seiner beiden Figuren, kann immerhin unter interessant verbucht werden, sieht man so was ja nun auch nicht alle Tage im Italowestern.
Die aufblitzenden neuen Ideen, wie das in seiner Funktion doch reichlich Rätsel aufgebende Schriftstück, ersaufen im weiteren Verlauf dann in einer belanglosen Abfolge von Vorfällen der hektisch Reisenden, die dann alle aus ihren persönlichen Beweggründen (Habgier, Rache, Berufung, Bruderliebe etc.) in einem ausgestorbenen Wüstenkaff wieder zusammentreffen und die Fronten klären. Zumindest kann Django hier dann noch mit seinem eifrigen, geschickten Spiel auf dem Dachboden des Saloons mit einer komplizierten Anordnung von mit Seilen verbundenen Schießprügeln eine ganze Armada, die sich allerdings auch fürchterlich dämlich anstellt, ausschalten.
Der sich final dann dezent ankündigende Nihilismus, als Django in seinem Gerechtigkeitswahn aufgrund der vorherigen Ereignisse niemanden mehr vertraut und in jedem Menschen nur Böses sieht und deswegen auch den Tod eines Unschuldigen auf seine Kappe nehmen muss, sind ein nettes Extra, verschaffen in den letzten Sekunden dem Film allerdings auch kein wirkliches Plus mehr.
Fazit:
Inszenatorisch sicher solide abgewickelter Italowestern mit ein paar ungewöhnlich gefilmten Szenen und tatsächlich dem einen oder anderen unorthodoxen Einfall, der sich schließlich besonders in der zweiten Hälfte immer öfter der Belanglosigkeit hingibt und nicht zuletzt auch deswegen enttäuscht. Die Darsteller agieren auf durchschnittlichem Niveau, doch sonderlich unterhaltsam ist „Django – Die Bibel ist kein Kartenspiel“ schon aufgrund seiner regelmäßig aufgeworfenen Fragen und fehlender, nennenswertes interessanter Charaktere nicht. Ansehbar und beileibe kein Beinbruch, aber genauso weit von einem guten Italowestern entfernt.