Nach dem sehr gelungenen „Sunshine“ von 2007 liefert uns Danny Boyle neue Kost in Form des Dramas „Slumdog Millionaire“. Während der Film zurzeit in den deutschen Kinos zu sehen ist, konnte er bereits schon vorher diverse Erfolge auf internationaler Ebene für sich verbuchen. Unter den zahlreichen Nominierungen und Auszeichnungen finden sich etwa 8 Oscars. Nicht unbeeindruckt von all den Lobeshymnen besuchte ich gestern auch voller Neugier erfüllt die Spätvorstellung.
Und so beginnt der Film in einer dreckigen, mit schummrigem Licht ausgeleuchteten Kammer, in der unser Hauptprotagonist Jamal auf übelste Weise von einem Polizeibeamten malträtiert wird. Noch kurz zuvor meisterte er bis zur letzten Frage „Wer wird Millionär“. Umschnitt auf die Kammer - Es folgt ein weiteres Elektroschock-Programm. Nur noch eine Frage trennt ihn vom Hauptgewinn. Jamal wird bewusstlos und der Polizeiinspektor versucht erneut ein Verhör. Er ist fest davon überzeugt, dass ein Junge aus dem Armutsviertel unmöglich so viel wissen kann. Doch Jamal beginnt seine Geschichte zu erzählen, es ist sein Leidensweg auf dem er seine Weisheiten erlangte.
Man muss schon sagen, dass sich die Geschichte um einen „Wer wird Millionär“ Spieler zunächst recht trivial anhört, doch es wird sich als Entscheidend kristallisieren, was den Protagonisten überhaupt hierher gebracht hat. An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass Herr Boyle sehr ambitioniert und geschickt mit Rückblenden arbeitet, in denen er seinen Charakteren unsägliche Formen von Gewalt und Missachtung wiederfahren lässt. Durch diese Art der rückblickenden Inszenierung wird die Kausalität für Jamal´s fundiertes Wissen nähergebracht. Wie ein Puzzle, setzen sich die für die Fragen essenziellen Erlebnisse des Jungen aus dem Elendsviertel zusammen und bilden das Fundament für seine erstaunliche Allgemeinbildung. Ironischer Weise behält er dabei nur solche Ereignisse, die er auf mehr und minder schmerzhafte Art erleben musste. Um den Charakteren für dieses vielschichtige Drama den nötigen Tiefgang zu verleihen, zeigt der Film für jeden seiner Protagonisten drei Lebensabschnitte. Im ersten Abschnitt wird dem Zuschauer die harte Kindheit der Geschwister Jamal und Salim schonungslos präsentiert. Durch einen brutalen Aufruhr werden sie früh mutterlos und müssen fortan auf sich selbst aufpassen. In einer regnerischen Nacht lernt Jamal dann die kleine Latika kennen, die wenig später zu seiner Jugendliebe avanciert. Doch diese Zusammengehörigkeit wird im tragischen Verlauf der Geschichte immer wieder auf eine harte Probe gestellt. Gerade als Kinder ist das Geschwisterpaar sehr leicht von materiellen Dingen wie Geld zu beeinflussen. So geschieht es auch, dass Salim nur der Penunse wegen eine gesammelte Autogrammkarte seines Bruders weiterverscherbelt. Erst als die Brüder Opfer eines kriminellen Syndikats werden, welches Kinder auf grausame Art verstümmelt, nur um geldbringende Bettler aus ihnen zu machen, werden Salims Augen geöffnet und er handelt erstmalig rein moralisch. Bei einer halsbrecherischen Flucht muss Jamal seine Latika zurücklassen. Da Salim der Ältere von Beiden ist, bestimmt er fortan den Alltag der Brüder. Leider kann er auch im weiteren Verlauf der Handlung dem Geld nicht abschwören und es bleibt für ihn weiterhin ein bestimmender Faktor in seinem Leben. Währenddessen kann Jamal nur an Latika denken.
Ich war von diesem Film wirklich sehr positiv überrascht. Anfangs betrat ich den Kinosaal noch mit gemischten Gefühlen. Ich erwartete zwar einen guten Film, hatte aber dennoch meine Bedenken das es sich um einen von der Presse überbewerteten Film handeln könnte. Erfreulicherweise war dem nicht so. Vom ersten Moment an kann er den Zuschauer effektiv vor die Leinwand fesseln. Die Charaktere werden gut durchleuchtet und man kann sehr leicht Sympathien mit ihnen aufbauen.
Trotz weitestgehend unbekannter Darsteller waren die schauspielerischen Leistungen sehr überzeugend. Vor allem der junge Dev Patel konnte dabei eine tolle Performance abliefern. Als Bonbon für die Augen kann die sehr attraktive Freida Pinto bezeichnet werden. Ich denke grade in näherer Zukunft dürfte man von beiden Darstellern noch so einiges erwarten.
Fazit: Mit Slumdog Millinaire schuf Danny Boyle ein anspruchsvolles und einfühlsames Drama, dass auch für nicht Bollywood-Fans interessant ist, da man dankbarer Weise mit Ausnahme des Abspanns, auf die für diesen Filmmarkt sonst typischen Elemente konsequent verzichtet hat. Abschließend möchte ich dieses Werk jeden Filmfan weiterempfehlen. Prädikat besonders wertvoll.