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Nicht nur für zwei Debütanten ist Legendary Assassin eine Sisiphusarbeit, ein Entwurf im Zustand der Verwirklichung, der sich sowohl mit der Auseinandersetzung eines Mythos als auch dem Setzen der eigenen Identität befassen muss, im Wandel der Zeiten und Stillstehen bestimmter Themen und Motive.

Da die Handlung des Filmes in zwei Sätzen umrissen werden kann und das Figureninterieuer ebenso wie ihr Verhalten und das Denken dahinter nicht nur auf dem Papier, sondern in Dutzenden stetig sprudelnden Quellen vorgeschrieben und in Vertrautheit umgeschlagen ist, bleiben nur wenig Mittel und Wege der Akzente von verschiedener Gattung, sich mit den omnipräsenten Bezügen zu befassen. Die Geschichte vom einsamen Killer, der eines Tages, kurz nachdem er sich selber mit seinen Taten und den Folgen dessen beschäftigt hat, auf eine Frau und somit die Möglichkeit eines neuen, eines anderen Lebens trifft, wurde nicht nur im HK Kino vor allem der Achtziger in vertrauensvoller, begrifflicher, metaphysischer und ästhetischer Weise behandelt und als ganz spezielles Phänomen im Retrodesign artikuliert.

Durch immer währende Wiederholung mangels Erhellung an Aussagekraft verloren ist dieser etwas altväterische Ausgangspunkt nicht gerade förderliche Voraussetzung für den aktuell anstoßenden Regie-Einstieg von Darsteller Jacky Wu Jing und den Ihn bei Fatal Contact, Fatal Move und Invisible Target in Szene setzenden Choreographen Nicky Li. Die Erfahrung des einsamen Wolfes in der Neuzeit ist durch präsenten Aufguss nicht plausibler, sondern eher absurder und in ortsloser Umgebung und anhängenden Irrglauben samt eng verbundenen Wertekanon auch im Kitschigen entlarvender geworden. Dass die hiesige Autorenschaft poetischer Projektion auf den bisher im Drama und Romcom - Bereich tätigen Andrew Fung zurück- und trotz der zünftigen Ordnung des Stoffgebietes nicht gerade strenger Hierarchie unterfällt, macht den verfilmten Erstling samt Sehnsucht nach Postkartenbildern in mondglänzender Erwartung vom Start weg nicht gerade didaktisch anregender; aber das Herz dahinter für Erhöhung und Vertiefung schlägt. Für Neuansatz ersatzweise optimale Erfüllung:

Auf einer abgeschiedenen, nur mit der Fähre zu erreichenden Insel verübt der Fremde Tong Lam Bo [ Jacky Wu Jing ] des Nachts ein tödliches Attentat auf crime syndicate mastermind Timothy Ma [ Beijing Wushu Teammitglied Kou Zhan Wen ]. Als die Polizisten des Dorfes unter Leitung von Grant Gong [ Hui Siu-Hung ] den Toten ohne seinen Kopf entdecken, wird eine Fahndung nach dem Unbekannten herausgegeben und Commissioner Yu [ Mark Cheng ] vom Festland informiert, der sofort einen Einsatztrupp auf das zwischenzeitlich wegen Taifunwarnung stillgelegte Eiland absendet. Währenddessen tauchen die Schergen Jellyfish [ Tenky Tin ] und Fat Wing [ Lam Suet ] mit ihren Mannen im Auftrag von Madam Ma [ Noriko Aoyama ] auf und nehmen das Revier und die dort befindlichen Ordnungshüter Hiu Wor [ Celina Jade ], Hanson [ Alex Fong Lik-Sun ] und Tarzan [ Sammy Leung ] in Beschlag. Nur Bo könnte der Belagerung Abbitte leisten.

Konkreter Ausnahmezustand herrscht dabei selten und wenn dann auch nur ab der Hälfte der immerhin ratifizierten Laufzeit, die zudem mit nur einer Örtlichkeit und ebensolchen McGuffin künstlich knapp gehalten und zu gleichen Teilen jeweils mit Annehmlichkeit und Deutlichkeit gefüllt wird. Anders als noch bei den Werken unter Dennis Law, die der selbstbestätigenden Wichtigkeit halber mit aller Bemühung einen stärkeren Eindruck machen wollen, als sie tatsächlich zu leisten vermögen, beschränken sich Wu und Li als Kompilatoren nur auf eine zur Synthese angelegten leichten Manipulation, um das schon Allgemeingültige abseits einer lehrenden Rede noch einmal mit Abwechslung und Mannigfaltigkeit im Besonderen zu sagen. Dabei steht in erster Linie gar nicht die Action als doch die eigentlichen Triebfedern im Vordergrund, wird lange nur das Attentat selber und das Manöver gegen eine zufällig anwesende Räuberbande [ Ken Lo, Chen Xin Qiang und den 230cm großen Wrestler Jiang Bao Cheng ] als Einstieg in die erst später aufgeheizte und dort auch fotogen ikonisierte Atmosphäre gezeigt. Insgesamt vier, fünf komprimierte Fightillustrationen mit einer klar definierten Struktur von knochentrockener Akkuratesse, übersichtlicher Kamera, produktivem Schnitt und ungestümer physischer Kontinuitäten, in denen bevorzugt der Ton aufgedreht, die Beintechnik eingesetzt und in zerstörerischen Eingriffen Kopf-und-Halspartien malträtiert werden; aufrichtig willkommene Attraktionen, ohne gleich zur doch höher liegenden, da eruptiven Konkurrenz von Wilson Yip und Donnie Yen aufschließen zu können.

Die Stimmung vor dem totalitaristischen Ausbruch des Kriegsrechts weist dabei entscheidende Parallelen zu den auf gleicher Lokalität befindlichen The Other Side of the Sea und A Day without Policeman auf; in beiden Werken wird der Ruhe vor dem Sturm mit gleicher Stärke Rechnung getragen wie der folgenden Modifikation ins Gewaltsame und dient das anfänglich selten so friedlich, idyllisch und fern jeder Zivilisation präsentierte Ambiente des namenlosen outlying islands disctrict dem Nachdruck gewisser Veränderungen der Harmonie. [Gedreht wurde um Mai / Juni herum auf Sai Kung, im Osten der New Territories.] Die Phase der bewussten Anwendung eines in der Lufthülle existierenden Lebenskreis in kurzen abgeschlossenen Zeiträumen mitsamt der Absurdität des Daseins führt hierbei zur Auszeit von der sonstigen Brandmarkung durch Mord, Frevel und Strafe und stattdessen zum Spiel mit romantischer Erinnerung. Bo, der der jungen, aber ihrem Beruf äußerst ernst nehmenden Polizistin Hiu Wor zweimal das Leben und einmal sogar ihr Kätzchen vom Baum rettet wird eine gute halbe Stunde lang dem Prozess der Akklimatisierung unterzogen. Statt weiter die Fäuste zu schwingen und Gliedmaßen zu brechen, wird er in sich anbahnender Beziehung a ) den Freunden und Familie vorgestellt, b ) auf seine Qualitäten als Hausmann getestet und c ) bei einem nächtlichen Training auf dem Dach der Station einer noch den Schein der Harmlosigkeit gebenden Annäherung unterzogen.

Lieblich ist dies allemal, zudem auch die geeigneten Bilder und Chiffren dieser lauen Sommernachtsphantasie hervor scheinen und selbst wenn die Gedanken und Ausdrücke in einer gewissen Einfalt präsentiert werden, man dem Gezeigten aufgrund einer gleichfalls harmlosen Seichtigkeit nicht böse sein kann. Das bisschen Flirterei, das Aufwärmen im Kreise der ihn als gleichwertig behandelnden Gesetzeshüter und die eifersüchtigen Schikanen von Tarzan, dem Komiker in Uniform sind weder von unnatürlicher Leichtgläubigkeit, Unwissenheit oder anderweitig Anstößigem wie übertriebener Leidenschaft mit Tragikappeal getränkt, sondern sollen statt völliger Überzeugung sichtlich nur die Zeit auf das Unschuldigste bis zum Einsatz weiterer Kampfaktivitäten vertreiben. Auch die Cameo-Anwesenheit des sich wiedermal äußerst affektiert gebenden Ronald Cheng als Besitzer eines Straßenrestaurants spricht für eine Vorsichtsmaßnahme der unerfahrenen Regisseure und ihrer sämtlich beteiligten Weggefährten, sich das Geschehen möglichst nicht zu bedeutsam im pathetischen Ahnenkult, sondern eher als 4 Mio USD teures Klassentreffen allumfassender Geselligkeit zu halten.

Auch visuell geht man den sicheren Weg, eine stilistisch konsequente Oberflächenbearbeitung in rein äußerlicher, weder zu artifizieller noch zu angerauter Ebene, die zwar spätestens beim freimütig aufgedonnerten Showdown alle professionelle Energien in ornamental verzierende Lichtsetzung steckt, aber auch dort auf eine sinnvoll signierte Bildauflösung statt absoluter Reizüberflutung setzt. Selbst der schwierige Part des Finales gegen eine komplette Hundertschaft im triefnassen Regenwetter wird in dichter Komposition mit kontrastreichen Effekten ausgeschmückt, reduziert das Gezeigte auf das Wichtigste und opfert sich trotz aggressiver Aufführung, wirework-Unterstützung und dem sichtlich vorhandenen Drang nach Mehr nicht dem Rausch des Überflusses.

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