Clint Eastwood ist ein grandioser Regisseur. Gerade seine hervorragenden Dramen in den letzten Jahren haben seine ganze Erfahrung und sein Fingerspitzengefühl für Zwischenmenschliches zum Ausdruck gebracht und sind Zeugnis eines bemerkenswerten Altwerks einer wahren Größe Hollywoods. Nun nimmt Eastwood nicht nur auf dem Regiestuhl platz, sondern erscheint erstmals seit "Million Dollar Baby" wieder vor der Linse und spielt auf seine alten Tage nochmal richtig groß auf.
Der verbitterte Nationalist und Kriegsveteran Walt Kowalski dürfte eine seiner markantesten Figuren überhaupt abgeben. Nach dem Tod seiner Frau lebt er nur noch vor sich hin, redet mit seinem Hund und starrt mürrisch nach nebenan, wo eine asiatische Familie lebt. Sein Gebrabbel enthält viele menschenverachtende Äußerungen und Klischees, die ihn eigentlich nicht sehr sympathisch machen. Trotz allem wird sein verkrustetes Rentnerdasein durch einen alles verändernden Zwischenfall aufgebrochen, in dessen Folge er auf seine alten Tage doch noch einmal neue Sichtweisen kennenlernen und längst ausgegrenzte Menschen ins Herz schließen muss.
Die Rührseligkeit, mit welcher der menschliche Eisberg nach und nach taut, ist kaum in Worte zu fassen. Umso bemerkenswerter, dass es eine Vielzahl an humorvollen Momenten im Film gibt. Die fäkalwortbehafteten und größtenteils ausländerfeindlichen Äußerungen nimmt man Walt überraschenderweise nicht sonderlich übel, sondern belächelt sie etwas erschrocken. Auch wenn dem Ganzen ein sehr ernster Unterton zukommt, so erkennt man doch frühzeitig, dass Walt Kowalski kein schlechter Mensch ist. Jedenfalls ist er nicht nur schlecht, auch wenn er im Krieg schlimme Dinge getan hat. Dinge, die ihn verfolgen und nicht mehr loslassen. Doch dann erkennt er den Moment, in dem er Buße tun und sich für eine letzte gute Sache einsetzen muss, damit die gut erzogene Jugend eine faire Chance bekommt.
"Gran Torino" ist einmal mehr ganz großes Kino von und mit Clint Eastwood. Der Film hat den für ihn typischen dramatischen Anspruch, schneidet sozial- und kulturpolitische Probleme mal dezent, mal sehr aufdringlich an, stellt einige Glaubensfragen in den Raum und setzt die Menschen und die Idee vom Sinn des Lebens über alles andere. Es ist nie zu spät sich zu ändern. Es ist nie zu spät für eine gute Tat. Und es ist nie zu spät für Menschlichkeit.