Review

Wie ich schon im Review zu Teil 1 erwähnte, haben Dokumentarfilme die Eigenschaft, ihr Publikum zu polarisieren. Ich habe schon einige negative Feedbacks über diesen Film im Netz gelesen und muss den Autoren in einigen Teilen auch zustimmen. Es gibt jedoch auch positive Resonanzen im Netz und diesen möchte ich mich in den folgenden Zeilen nun anschließen.
“Cocaine Cowboys“ hatte in Amerika bekanntlich große Erfolge gefeiert, so dass dort schon der hier vorliegende zweite Teil „Hustlin with the Godmother“ in den Startlöchern stand. Ein kleiner Bericht über Griselda Blanco, welcher auf der DVD zu Teil 1 zu finden ist, wird hier zu einem Langfilm und einer auf Teil 1 basierenden Dokumenation ausgebaut.
Im Wesentlichen geht es um die Verbindung der Ghetto-Größe Charles Cosby zur um 20 Jahre älteren „schwarzen Witwe“ Griselda Blanco. Beide hatten in den 80ern (bis in die 90er hinein) ein Techtelmechtel, dass für Cosby aus geschäftlicher Sicht außerordentlich lukrativ war.
Durch die Geschichte führt uns ganz entspannt Charles Cosby, der dem C.C.-Macher Billy Corben als wissender Erzähler zur Seite steht: Als kurz vor dem Aufstieg stehender Drogendealer, der sich auch auf die Herstellung von Crack versteht (im Film wird sogar explizit darauf eingegangen, wie man diesen Stoff herstellen kann), hörte Cosby eines Tages von der „La Madrina“, einer Auswanderin aus Kolumbien, die in den Staaten Abermillionen mit dem Schwarzhandel von Koks verdient hatte und im Jahr 1985 in Kalifornien inhaftiert wurde. Von ihrem Status und ihrer Eigenart schwer beeindruckt, schrieb er der Arretierten Fan-Briefe, auf die sie ihm eines Tages doch noch unmittelbar antwortete. Nach mehreren Telefongesprächen gestattete Griselda ihm dann, sie im Frauenknast zu besuchen und aus der beginnenden Zuneigung entwickelte sich schnell eine Romanze zwischen den zwei verschiedenartigen Drogendealern. Zudem belieferte die schwarze Witwe den aufstrebenden Cosby ab diesem Moment mit Kokain der Güteklasse A und innerhalb weniger Wochen steigt Cosby aus diesem Grund schließlich bis in den engsten Führungszirkel ih-rer Organisation auf. Dadurch wird er selbst zum gefürchteten Großdealer und Multimillio-när.Cosby muss sowieso unter einem Glücksstern geboren sein, denn wie wir in der Vorgeschichte erfahren haben, trägt Senora Blanco ihren Beinamen „Schwarze Witwe“ nicht von ganz ungefähr, sind doch alle ihre Liebschaften bislang über die Klinge gesprungen. Diesem Schicksal sollte Cosby jedoch entgehen, obwohl mehrere Killer im Auftrage Griseldas aus einem Wagen (nur so als Warnung) auf ihn geschossen haben. Grund hierfür war eine Liebschaft Cosbys mit einer weitaus jüngeren Blondine hinter welcher die Blanco dann doch gekommen ist (O-Ton-Cosby: „Ich bin auch nur ein Mann und kann nicht immer bis zum nächsten Knastbesuch warten, ehe ich eine Nummer schieben kann“). Schließlich schafft Cosby (durch eine Zeugenaussage gegen Griselda Blanco, weswegen die Romanze dann auch zerbrach) den Ausstieg aus der Szene und lebt fortan (beschützt von seinen Homies, denen er zu seinen Glanzzeiten Unmengen von Stoff beschafft hat und sie damit ebenfalls zu wohlhabenden Männern gemacht hat) friedlich mit seiner Familie in der Gegend um Oakland.
Blanco verbrachte 20 ihrer 61 Jahre in US-Gefängnissen und wurde nach Verbüßung ihrer Haftstrafe im Jahr 2004 nach Kolumbien abgeschoben. Drei ihrer vier Söhne, die vor ihr nach Kolumbien abgeschoben wurden, waren innerhalb weniger Tage nach ihrer Ankunft erschossen worden.Zum Film lässt sich sagen, dass hier das Fehlen einer klaren Erzählstruktur bzw. einer klaren Linie in der Erzählweise Cosbys deutlich negativ zu Buche schlägt. So fehlt ein klarer historischer Ablauf der Ereignisse völlig. Cosby versteift sich zunehmend auf das „Zum-bestengeben“ hanebüchener Storys aus der Vergangenheit, als er reihenweise Bitches flachgelegt, Unmengen Geld verdient hat und ein unantastbarer Drogenpapst der Westküste war. Leider können hierfür natürlich keine großartigen Belege angeführt werden. Es wird lieber mal eine Maschinenpistole auf den Betrachter gehalten, die ein zufällig anwesender Exkumpan Cosbys dabei hat. Das alles ist (in meinen Augen) aber gerade noch unterhaltsam, wird doch die ganze Story zusätzlich von einem irgendwie komischen frühen Heimvideo Cosbys unterstützt in welchem er (gekleidet in einem billigen Trainingsanzug mit einer scheinbaren Vokuhilafrisur, Kappe und Sonnenbrille) komische Liebesschwüre in Richtung Griselda ausstößt und das Ende Ihrer Liebe beklagt. In welchem Zusammenhang das Video entstanden ist und was es mit den Ereignissen von damals zu tun hat, bleibt hingegen völlig unklar. Unklar ist mir auch (Macht hin oder her) wie eine solch hässliche alte südländische Matrone (meine ganz subjektive Meinung über diese Frau) einen solche Karriere hingelegt, reihenweise Männer verschlungen hat, die sich nach ihr verzehrt haben und noch einige Kin-der mit Ihnen gezeugt hat.Der Fokus der Handlung konzentriert sich bei diesem Film nur noch auf das Leben der beiden Hauptprotagonisten Cosby und Blanco, sowie deren unseelige Alianz.
Auch die Erzählperspektiven sind deutlich schlichter geworden. Kamen in Teil 1 zahlreiche Beteiligte von damals zu Wort fungieren hier z.B. damalige behördliche Ermittler nur noch als Stichwortgeber.
Einzig die Präsenz des Auftragskillers Rivi lässt sich rechtfertigen, ergänzt er doch die Räuberpistolen Cosbys um wichtige Details (so z.B. über das Gefühlsleben Blancos zu ihren Söhnen). Leider werden von der Blanco immer nur dieselben Fotos eingeblendet. Filmische Dokumente mit persönlichen Statements oder einfach nur Dokumaterial von ihr fehlen leider völlig. Zusätzlich kommt noch ein Kompagnon Cosbys zu Wort , der diesen bei seinen Ausführungen übern deren damaligen Geschäftsmethoden passend ergänzen darf. Ansonsten macht er in meinen Augen nur den Eindruck eines unnötigen Lückenfül-lers. Wurden in Teil 1 dieverse Ereignisse mit Laiendarstellern nachgestellt wählt man für Teil 2 ein ganz anderes Stilmittel, dass schon in „Natural Born Killers“ wirksam genutzt wurde. Die blutigen Schiessereien, Auseinandersetzungen und Verhör- und Bestrafungsmethoden der damaligen Konkurrenten werden nunmehr in animierten Tricksequenzen nachgestellt, was ich allerdings okay finde, muss ich doch solche Sequenzen heutzutage täglich in Nachrichtensendungen oder in der 27. Fortsetzung von „Saw“ ertragen. Auch das Gefühl hier einer Story, welche direkt aus einer Folge von Miami Vice kommen könnte beizuwohnen, geht diesem Film leider völlig ab. Das Ganze präsentiert sich eher als düsteres schwarzes Ghetto-Drama (ähnlich wie Menace II Society) in Brookfield Village in der Gegend von Oakland. Daher gibt es auch keine leichten Klänge von Jan Hammer für den akustischen Genuss, sondern eher den typischen Gangster-Rap, was aber zum Gesamtgeschehen durchaus passt. Dazu später mehr.Es muss nochmals erwähnt werden, dass wir es hier nicht nur mit einer Doku über „Die schwarze Witwe“ zu tun haben. Von daher ist der Titel der DVD (Hustlin with „The God-mother“) nicht unbedingt glücklich gewählt. Man kann aber schon direkt am Anfang des Films nachdenklich werden, wenn zu Beginn ein schwarzer Dealer in epischer Länge über seine Kindheit, seine Jugend und seine ersten Drogendeals berichtet. Das ist alles wirklich lebhaft erzählt und interessant, hat aber mit dem wahren Leben der Blanco nichts zu tun.

Teil 2 dieser Filmserie ist leider bei weitem nicht so dramatisch oder kurzweilig wie Teil 1, da es auf weiter Strecke einfach an einer schnulzigen Liebesbeziehung erinnert. Dazu kommt der fragwürdige Erzähler Cosby, der behauptet, die Blanco hätte bei seinen wöchentlichen Besuchen das Gefängnispersonal geschmiert um mit ihm zu verkehren, eine Ausführung, die von niemanden auch nur ansatzweise bestätigt wird. Demgegenüber hatte er ja schon in seinen besten Zeiten als Gangster die dicksten Schlitten, die besten Mädels und das meiste Geld von allen. Selbst bei seinen regelmäßigen Besuchen Griseldas, soll ihm ein unbekanntes hübsches Mädchen einfach so ihre Nummer zugesteckt haben, was in einer Affäre mit ihr endete. Des Staatsanwalts Sekretärin soll auch sofort mit ihm in die Kiste gesprungen sein, als er sich er sich zum ersten Mal mit diesem traf, um gegen Griselda auszusagen. Ich schließe mich daher der Meinung eines anderen Reszenten zu diesem Film an, dass man „Cocaine Cowboys 2“ über weite Strecken nicht als Dokumentation über Griselda Blanco ansehen kann, sondern eher als weitgehend unglaubwürdige Selbstdarstellung eines Kriminellen auslegen kann, der mit seinen damaligen Taten ei-gentlich ganz ungestraft angeben darf.

Die Einsicht kommt dann, wenn scheinbar sämtliche Genossen von Cosby völlig ungeschoren für ihre kriminellen Untaten davon kamen, und am Ende auf der Straße mit ihren Kanonen posieren, etwas von Würde, Selbstverteidung und „Uns kann keiner was“ usw. faseln. Spätestens dann weiß man, dass man es nicht mit einer ernsthaften Dokumentation über „Die schwarze Witwe“ zu tun hatte. Es geht hier viel mehr mit Lobpreisung von Verbrechertum, Rauschmitteln und einem äußerst zweifelhaften Lebenswandel. Als Ergänzung zu Teil 1 ist diese Doku durchaus goutierbar und auch unterhaltsam, wenn man sich an den vielen Klischees und der Glorifizierung bzw. Selbstbeweihräucherung Charles Cosbys nicht stört. Alleinstehend kann sie sich nicht behaupten, da viele Hintergründe und Infos aus Teil 1 (der Beginn und die Umstände des Drogenbooms in Florida) nicht mehr aufgegriffen werden, sondern als bekannt vorausgesetzt werden, so dass Zuschauer, welche den ersten Teil nicht kennen, eher denken werden, was das Ganze jetzt soll.
Diese sollten eher den wirklich guten „Footsoldier“ (vom selben Label) konsumieren (natürlich nur in der uncut-Fassung) auch wenn dieser nicht in Miami, sondern in England spielt.

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