Im Zuge der überwältigenden Erfolge von asiatischen Kampfkunststreifen mit historischem Einschlag wie Ang Lees "Tiger and Dragon" oder Zhang Yimous "Hero" schwappten eine Menge an ähnlich gearteten Filmen über in unsere westlicheren Gefilde. Einige, wie das unsägliche "Wu-Ji- Reiter der Winde" schafften es sogar ins Kino und auch abseits der großen Leinwand dachten sich einige, man müsse dem Asienfilmkult Rechnung tragen und neue Labels/-ableger gründen, die sich nur dem asiatischen Film verschreiben. Auch Splendid Entertainment hat mit "Amazia" eine Reihe ins Leben gerufen, die sich des fernen Ostens annimmt, in der auch "Ip Man" erschien.
In "Ip Man" geht es um eben diesen, der zu Lebzeiten der wohl bekannteste und beste Wing-Chung (oder Wing-Tsung) Lehrmeister und auch der Meister von Bruce Lee war. Der Film gewährt einen Einblick in sein Leben vor und während der Besetzung Chinas durch die Japaner während des zweiten Weltkriegs. Dabei sind auf der positiven Seite eine sehr gelungene Kameraarbeit und eine großartige Kampfchoreographie zu vermelden, die Wing-Chung in einer wohl noch nie im Film zuvor gesehenen Ausführlichkeit darstellt und sich somit vom Standard abzuheben vermag. Das sollte auch nicht verwundern, ist doch der Action Director der allseits bekannte Sammo Hung, der damit auch verantwortlich zeichnen dürfte, dass in den Kämpfen eine gesunde Mischung aus Wirework und Non-Wirework-Elementen zum Einsatz kommen. Und auch Donnie Yen als Ip Man weiß durch eine allgegenwärtige ehrwürdige Ausstrahlung zu überzeugen und den Zuschauer an sich zu binden.
Durch die starke Fokussierung auf eine einzige historische Figur tritt der Film jedoch auch in so einige Fettnäpfchen: Die Nebenfiguren sind schlichtweg solche und werden nicht großartig charakterisiert und bekommen bisweilen, wie im Falle von Mans Frau, auch sehr schwache Texte in den Mund gelegt (was vielleicht der Übersetzung geschuldet sein könnte). Da der Film auch nur aus einer Perspektive (der der Chinesen bzw. Ip Mans) erzählt wird, ist auch eine durchaus deutlich anti-japanische Stimmung vorhanden, wenngleich dem großen Antagonisten im Film durchaus Kämpferehre zugesprochen wird. Ferner wird dadurch auch der Hauptprotagonist ein wenig zu sehr auf romantische Art und Weise zum (National-)Helden verklärt, doch inwieweit das historisch korrekt ist, bleibt zunächst einmal offen nach Sichtung des Films. Was dann noch letztendlich verhindert, dass "Ip Man" wahre Größe erreichen kann ist seine teils sehr episodische und große Sprünge machende Erzählung, die den Verdacht aufkommen lässt, dass (wie so oft) die Handlung für das westliche Publikum gestrafft wurde. Stattdessen gibt es mitunter voice-over Kommentare und (chinesische) Texteinblendungen, die als Bindeglied fungieren sollen, was aber nur bedingt zufrieden stellt, ebenso wenig wie die teils kitschig-rührselige Inszenierung. "Ip Man" hatte auf jeden Fall großes Potenzial, welches aber leider nicht konsequent genutzt wurde, wie es einige einzelne Szenen, wie die, in der Ip Man es mit 10 Japanern aufnimmt, dramaturgisch eindrucksvoll zeigen.
Somit ist auch dieser Streifen nur einer unter vielen.