Mit "Ip Man" widmet sich Regisseur Wilson Yip (Kill Zone SPL, Flash Point) der Biographie des legendären Wing Tsun Kämpfers. Er unterrichtete auch Bruce Lee in dieser Kampfkunst, die damals nur wenige beherrschten. Wilson Yip und Hauptdarsteller Donnie Yen sind einfach ein tolles Team. Auch ihre dritte Zusammenarbeit gehört zu den absoluten Höhepunkten des Hongkongkinos.
Meister Ip Man (Donnie Yen) ist eine Legende in der chinesischen Stadt Foshan. Er führt ein gutes Leben, welches jedoch ein Ende nimmt als die Japaner in Foshan einmarschieren. Seine Villa wird zum Hauptquartier der Japaner, Ip Man und seine Familie landen in der Gosse. So muss der Meister sogar im Bergwerk schuften, um seine Frau und seinen Sohn durchbringen zu können. Zur Erheiterung ihres Generals veranstalten die Japaner einige Kämpfe, der Gewinner erhält einen Sack Reis. Als ein Freund von Ip Man sich zu diesen Kämpfen meldet und danach spurlos verschwunden ist, meldet sich der Meister selbst zum Kampf. Schließlich soll er sogar gegen General Miura (Hiroyuki Ikeuchi) persönlich antreten.
Wir begleiten Ip Man durch sein Leben, welches aus vielen Höhen aber auch Tiefen besteht. In der ersten halben Stunde herrscht noch Frieden in Foshan. Der Meister lebt mit seiner Frau und Sohn in einer großen Villa am Stadtrand, verweigert aber eine Kung Fu Schule zu eröffnen. Diese sprießen in Foshan nur so aus dem Boden und so kommt es auch, dass sich ein Meister einer Schule mit Ip Man messen will und natürlich den Kürzeren zieht. Auf jeden Fall führt der Meister ein gutes Leben, doch er vernachlässigt besonders seinen Sohn. So darf er noch einen kampferprobten Plünderer in die Schranken weisen, bevor das Elend beginnt. Yip springt sieben Jahre nach vorne und Foshan ist schon von den Japanern besetzt. Und hier wird man unweigerlich an "Todesgrüsse aus Shanghai" erinnert. Diese schwarz-weiss Moral ist auch hier noch zu finden, jedoch in nicht so drastischer Form. Trotzdem kann man den Rassismus als ausgeprägt betiteln, die Japaner bekommen hier ganz schön ihr Fett weg.
Foshan wird zu einem einzigen Trümmerfeld, die Chinesen werden quasi zu Sklaven, nur wenige Firmen unter chinesischer Leitung dürfen bestehen bleiben. Dazu zählt die Kleiderfabrik von Ip Mans bestem Freund Zhou Qing Quan (Simon Yam). Wie in den meisten Hongkongfilmen spielt auch hier die Ehre und Freundschaft eine große Rolle. So muss Ip Man seinem Freund noch gegen eine Bande Plünderer helfen, nebenbei seine Familie durchbringen und sich in den Kämpfen bei General Miura beweisen. Immerhin ist der General keine typische Klischeefigur geworden. Er ist selbst begeisterter Kampfsportler und hat somit seine Prinzipien. Er bleibt stets fair, nur seine rechte Hand zieht sich schnell den Hass des Zuschauers zu. Eher gediegen, aber wirklich intensiv erzählt Yip diese eigentlich traurige Geschichte, verpackt in tolle Bilder. Das Geschehen spielt sich fast nur in Foshan ab, bei den detailgetreuen Kulissen hat man tolle Arbeit geleistet.
Wie bei Yips anderen Filmen, so liegt auch hier das Hauptaugenmerk auf den Kämpfen. Und die sind nicht nur zahlreich vorhanden, sondern auch eine Wucht. Der Einsatz von Wire Work ist zwar ersichtlich, kommt aber kaum zur Geltung. Die Choreographien sind spektakulär und oft brutal. Da wird öfter mal Blut gespuckt, oder es werden Knochen gebrochen. Ip Man muss nicht nur viele Zweikämpfe bestehen, sondern bei einem Kampf sogar gegen zehn Japaner auf einmal antreten. Doch dieser Film lebt nicht nur von den Kampfszenen, sondern auch von Yips wuchtiger Inszenierung. Das Geschehen fesselt und die Darsteller sind ganz große Klasse. Besonders der hier schon 45jährige Donnie Yen (Red Force, Tiger Cage), welcher nicht nur in den Fights überzeugt, sondern auch richtig Mimik und Gestik an den Tagt legt. Aber auch Kollege Simon Yam (Vengeance, Election) in einer ungewöhnlich zurückhaltenden Rolle leistet tolle Arbeit.
Es gab schon einige Martial-Arts-Biopics dieser Art, doch mit "Ip Man" dürfte Wilson Yip einen neuen Höhepunkt erreicht haben. Er drängt seine Darsteller zu Höchstleistungen, die Kämpfe sind brillant in Szene gesetzt und die interessante Story sehr intensiv erzählt. Ein wenig stört diese schwarz-weiss Moral, trotzdem ist und bleibt "Ip Man" für mich im Moment das Maß aller Dinge im Hongkongkino.