Ingmar Bergman wendete sich dem Thema mit religiösen Hintergründen zu, Wes Craven sorgte mit roher Gewalt und kalten Rachegelüsten etablierter Familien für einen kleinen Kulturschock, doch was hat im Zeitalter des "Torture Porn" ein Film wie "Last House on the Left" dem Publikum noch zu bieten, außer einigen unangenehmen Vibes und einer Handvoll harter Derbheiten?
Sagen wir es so: das was der griechische Regisseur Dennis Illiadis mit dem Stoff anfangen konnte, hätte wesentlich weichgespülter, nebensächlicher oder graphischer ausfallen können, leidet aber trotzdem unter einer gewissen Unausgegorenheit und einer fehlenden Existenzberechtigung, basierend auf einer zwar funktionierenden Geschichte, aber ohne wirkliche Grundsubstanz, die mehr anspricht als junge Leute mit ihrem Videotheken- und Kinogeld für einen unterhaltsamen Abend.
Sucht man nach einer Prämisse in dieser Neuauflage, so dreht sich alles im wesentlichen Sinne um Konsequenz, um Aktion und Reaktion, um Notwendigkeiten, hier werden (leider) keine sonderlichen Abgründe ausgelotet oder Tabus gebrochen; das Skript von Craven verwandelt sich in eine halbwegs schlüssige, unerfreuliche Geschichte mit einigen Härtespitzen.
Der grundsätzliche Fehler ist noch nicht einmal, die Tochter des Hauses ihre Vergewaltigung und Mißhandlung trotz Schußwunde überleben zu lassen, aber gerade die Tatsache, daß die Geschundene fortan eine Nacht durch beschützt werden muß, zwingt die Eltern zum Handeln. Hier entdeckt Otto Normalbürger nicht den kaltblütigen Rächer in sich, er tut was nötig ist, um sich selbst und die Tochter aus der Situation heraus zu lavieren. Da die Verbrecher jedoch aktiv werden, zwingt dies auch die Eltern zur Aktion und die besteht mehr aus Selbstverteidigung als aus brutaler Offensive.
Bis es soweit ist, hält Iliadis sich aber an den Grundplot: die beiden Freundinnen, die mal eine flotte Tüte durchziehen wollen und einen schüchternen Typen dazu treffen, um dann in die Hände seiner soziopathischen Verbrecherverwandtschaft zu fallen, die nicht viel von ihnen übrig läßt.
Hier zeigt sich dann schon, wie durchlässig die Stereotypen (auch hier wieder mal mit Handy ohne Netz!) geworden sind, denn während David Hess in Cravens Film noch eine bahnbrechend abgründige Performance hinlegte, wirkt Garret Dillahunt leider die meiste Zeit über ziemlich gebremst, als wäre es unangenehm, komplett den satanischen Fiesling raushängen zu lassen. Zwar sind seine psychopathischen Ausbrüche von Zeit zu Zeit auch extrem gewalttätig, aber zumeist schweigt er mehr im Hintergrund, während sein Bruder Francis die Rolle des augenrollenden Nervöslings übernimmt, ergänzend zur eiskalten fiesen Schlampe Sadies.
Eine funkelnde Charakterfigur kommt dabei aber nicht heraus und so ist es auch nur folgerichtig, daß die Entführung, Mißhandlung und Vergewaltigung nicht halb so beklemmend ausfällt, wie sie sein könnte (nicht, daß man es wirklich darauf anlegt).
Die Mädchen geben selbst in Gefangenschaft an Widerstand und Verteidigung alles, was so möglich (aber nicht unbedingt wahrscheinlich) ist, Fluchtversuche im Motel, im Auto, im Wald und immer wieder mit handfesten Mitteln, so daß sich die bei Krugs Befreiung so eiskalt handelnden Killer ziemlich ungeschickt und flüchtig darstellen.
Beim Mord an Freundin Paige hält man sich vergleichsweise mit Details zurück und die Vergewaltigung wirkt so, als hielte man die Kamera tunlichst genau so, daß man nicht die ganz dolle Schimpfe von Opferverbänden und Frauenvereinigungen bekommen würde, mehr Tonspur, weniger Bild und Bewegung.
Inszenatorisch hat der Film dennoch Kompetenz, Iliadis erweist sich als kompetenter Handwerker, der auf traditionelle Aufnahmen ohne extremen Schnickschnack steht und melkt aus der Ankunft der Verbrecher bei den Eltern dann den Höchstanteil an Suspense, den eine solche Situation (Haus am See, ein Paar, vier Fremde nach Unfall, der Strom fällt aus, es blitzt und donnert) hergeben kann, wenn der Vater als Arzt etwa en detail die Nase von Francis richtet und näht, teilweise im Schein einer Taschenlampe.
In der letzten halben Stunde geht es dann zur Sache, doch Kaltblütigkeit ist leider wenig zu sehen, stattdessen erweist sich Mutter als erfrischend kreativ dabei, Francis hinzuhalten, wirkt dabei aber so fahrig, daß auch ein größerer Depp mißtrauisch werden müßte.
Ein möglicher Angriff auf Krug und Sadie wirkt nur möglich, weil Krugs Sohn Justin dem Vater eine Pistole zukommen läßt und auch in der Folge der Zweikämpfe, die noch folgen, stecken die Eltern fast mehr ein, als sie austeilen und können nur mit der bewährten familiären Zusammenarbeit die Verbrecher erledigen. Daß ganz zum Schluß dann doch noch ein fieser Selbstjustizscherz zum Einsatz kommt, wirkt dann aber leider aufgesetzt und so comichaft drastisch, daß er wohl nur dem nötigen blutigen Höhepunkt geschuldet war.
Was bleibt, ist die Frage nach dem Sinn.
Iliadis wollte keinen besonders revolutionären oder harten Film machen, sondern seine Version schildern. Diese hat er runder und schlüssiger gemacht, Motivationen hinzugefügt (die Familie hat bereits einen Sohn verloren), Härten wie verlangt geliefert und diese sogar inhaltlich begründet, aber damit leider auch die meisten Ecken abgeschliffen. Hier wird aufgebaut, aufgestaut und dann entsprechend Druck abgelassen, so simpel wie effektiv, aber leider nicht nachhaltig oder in irgendeiner Art und Weise wirklich graphisch, offensiv oder brüsk, es ist ein Drama geworden, wie es jede Woche im TV laufen könnte, es ist nur etwas direkter und in der Revanche drastischer und blutiger.
Der Film, er stinkt nicht, er leuchtet nicht; er ist solide und okay und sicherlich selbst in dieser Form nicht für jedermann leicht zu verdauen. Allein, reicht das? (6/10)