Begeben wir uns einmal in die Niederungen, in die sich selbst die leidgeprüftesten B-Movie-Fans nicht hinwagen, es sei denn, sie sind ausgemachte Fans der italienischen Exploiation-Action. Der Italofilm überschwemmte den europäischen Filmmarkt in den Achtzigern vorzugsweise im Bereich Horror und Action nur so mit billig und möglichst schnell heruntergekurbelten Machwerken. Das Meiste davon ist Schmu, der ein oder andere brauchbare Beitrag lässt sich jedoch entdecken und dazu gehört der hier besprochene „Kommando Leopard“.
Regisseur Antonio Margheriti war ein Experte auf diesem Gebiet und brachte so einige Perlen hervor, die sich thematisch kaum unterschieden, handwerklich aber gemessen an den Vorausetzungen top ausschauen.
Wenn den mal auch das entsprechende Budget vorhanden war, gehörte er zu den besten italienischen Regisseuren der Siebziger und Achtziger.
Zum Glück standen für „Kommando Leopard“ eben genau diese finanziellen Möglichkeiten, die übrigens von dem in den Siebzigern sich mit Sexploitation am Fließband durchaus passabel verdienenden Produzenten Erwin C. Dietrich gestellt wurden, hier zur Verfügung. Dasselbe gilt übrigens auch für den inoffiziellen Vorgänger „Code Name: Wild Geese“, der fast mit der gleichen Crew gedreht wurde.
Sofern man denn sich mit dem trashigen Charakter der Italo-B-Action anfreunden kann, gestaltet sich Antonio Margheritis Reißer als durchaus kurzweiliges Filmvergnügen, das zumindest die Genrefans zufrieden stellen dürfte. Freilich erleben wir hier nur einen Standardplot um einen fiktiven, sich vermutlich in Südamerika oder Afrika ansiedelnden Staat, indem sich Revolutionäre mit der korrupten, das Land ausbeutenden Regierung in der Wolle liegen.
Ganz interessant ist hierbei für den deutschen Filmfan, dass sich zu dieser Zeit einige nicht ganz unbekannte, deutsche Gesichter in Dietrichs Produktionen verirrten. So sind hier Manfred Lehmann (bestens als Synchronstimme von Bruce Willis bekannt), unser Vorzeigesynchronisationssprecher Thomas Danneberg (Stimme von Arni und Sly), sowie Enfant Terrible Klaus Kinski und der Schweizer Bobolympiasieger Hans Leutenegger mit von der Partie. Also eine durchaus illustre Crew. Witzigerweise musste Danneberg übrigens Hauptdarsteller Lewis Collins („The Professionals“) seine Stimme leihen, während er selbst von niemandem anders als Rainer Brandt übernommen wurde.
Kleine Anekdote noch zu Kinski: Der Film lief seinerzeit tatsächlich in den deutschen Kinos an, weswegen Erwin C. Dietrich ihn auf Promotiontour schickte. Das Problem war nur, dass Kinski schnurstracks in eine seiner, sagen wir mal exzentrischen Phasen rutschte und sich stets auf den Revolverblättern wiederfand. Wahrlich keine gute PR, aber wohl etwas, mit dem man bei ihm stets rechnen musste.
Nun aber genug der Informationen, kommen wir zum Film. Das Drehbuch harkt im Grunde so ziemlich die gesamte Checkliste ab, die wir von so einem Kriegsactioner erwarten. Abwechselnd dürfen beide Parteien im dschungeligen Gelände zuschlagen und das geschieht folgendermaßen: Die Regierungstruppen, durchaus als ehrenhaft verkauft, halten sich nach Möglichkeit aus der Schose heraus, damit Handlanger Klaus Kinski, schön skrupellos, unsympathisch und immer eine Widerlichkeit für sich, mit seiner Miliz losziehen kann, um die arme, selbstverständlich die Rebellen unterstützende, Bevölkerung abzuschlachten, Dörfer abzufackeln und gefangen genommene Rebellen tüchtig durchzufoltern. Also genau das, was man von so einer tyrannischen Regierung eben erwartet.
Die Freiheitskämpfer um Carrasco (Collins) revanchieren sich ihrerseits dann jeweils mit Sabotageakten, die stets zur Folge haben, dass Staudämme, Raffinerien und Brücken in die Luft fliegen. Mehr gibt es abseits von Padre Julio (Lehmann), der sich um die Zivilbevölkerung sorgt und zwischen die Fronten gerät, auch nicht zu berichten.
Die Action macht den Unterschied zu der unterirdischen Genreverwandschaft und dank Antonio Margheriti sieht sie auch gewohnt gut aus. Den Italocharme verliert sie dabei nicht. Margheriti arbeitete auch hier wieder bei sämtlichen pyrotechnischen Spektakeln, also Staudammsprengung wie auch Raffinerieexplosion, mit relativ großen Modellbauten, die der Laie kaum als solche ausmachen kann. Wirklich überraschend, wie gut die Tricktechnik hier arbeitete, denn die pyrotechnischen Spektakel mit ihren ausufernden Explosionen und Zerstörungsorgien sind wirklich nicht von schlechtern Eltern. Der B-Actionfan darf sich da eingeladen fühlen, denn Margheritis Markenzeichen, die tollen Modellzerstörungsorgien, werden schön ausufernd zelebriert.
Blutige Shootouts werden sparsam eingesetzt, doch dafür ist hier nahezu ständig was los. Lewis Collins schlägt sich als wortkarger Volksheld sehr passabel und die Strategie des Staatsoberhaupts dem Querulanten den Abschuss eines Passagierflugzeugs, übrigens wieder mit erstklassiger Modeltrickserei realisiert, anzuhängen, wirft dem Film in eine, zugegeben nicht wirklich innovative Richtung.
Man mag es kaum glauben, aber die Scoreikone Ennio Morricone höchstpersönlich zeigt sich für die musikalische Begleitung, die sich hier sehr gewöhnungsbedürftig anhört und sich fernab seiner brillanten Kompositionen bewegt, verantwortlich. Bei solchen Produktionen hat man als Zuschauer allerdings normalerweise mit viel schimmeren Synthesizer-Klängen der gelangweilten Sorte zu kämpfen, weswegen das hier nicht ganz so sehr ins Gewicht fällt.
So erbärmlich die sich um die zahlreichen Actionszenen windende, mit Klischees vollgestopfte Story auch ist, „Kommando Leopard“ kann man seine Kurzweiligkeit nicht absprechen, da Margheriti wirklich jeden sich anbahnenden Durchhänger mit Explosionen und Schießereien Einhalt gebietet, oder eben mal den zwar schon sichtlich in die Jahre gekommenen, aber keineswegs von seiner wahnsinnigen Ausstrahlung einbüßenden Klaus Kinski mit wildem Blick durch das Bild marschieren lässt. Irgendeinen Anschauungswert gibt es eben immer. Nur mit seinem arg pathetischen und mit religiöser Symbolik überfrachteten Schluss schießt Margheriti dann weit über das Ziel hinaus. Verzeihen wir es ihm...
Fazit:
Mann kann zu Italiens Produktschwemme der Achtziger stehen wie man will, Fakt ist jedoch, dass sich ab und an auch einmal eine Perle aus dem miefigen Pool erhob und eine davon ist ganz eindeutig „Kommando Leopard“. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass der Film Müll ist, das ist er eigentlich auch, aber wer ein Faible für italienischen Actiontrash hat oder zumindest für gut gemachtes B-Entertainment zu begeistern ist, der kann hier durchaus 98 unterhaltsame Minuten verbringen. Trotz des formelhaften Plots bleibt der Film bis zum Schluss eine runde Sache, was er nicht zuletzt den, im Rahmen so einer Produktion, soliden Darstellern und Antonio Margheritis absolut souveräner Regie zu verdanken hat. Modeltricks, Pyrotechnik und Schießereien sind nämlich tadellos umgesetzt.