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Der zweite Teil des über vierstündigen biografisch orientierten Thrillers über einen der berühmtesten Verbrecher in der Geschichte Frankreichs erzählt die letzten Jahre von Jacques Mesrine (erneut phänomenal verkörpert von Vincent Cassel). Nachdem Mesrine durch eine Reihe ebenso brutaler wie spektakulärer Verbrechen zum französischen Staatsfeind Nr. 1 erklärt wurde, nimmt er Kontakt zur linksradikalen Terrorszene auf, mit der er weitere Coups plant. Allmählich steigert sich seine Selbstverliebtheit zum puren Größenwahn.

Der Film setzt einige Jahre nach dem Ende des ersten Teils ein, findet aber schon in den ersten Szenen formale Bezüge zum Vorgänger - so ist die Einleitung des zweiten Teils quasi die Fortsetzung der Anfangsszene aus dem ersten. Da die Geschichte von Mesrines Entwicklung vom kleinen Gangster hin zum meistgesuchten Verbrecher Frankreichs bereits erzählt ist, wird hier weniger Gewicht auf seine Charakterzeichnung und die Einbettung in sein soziales Umfeld gelegt, sondern mehr auf seine eiskalt durchgeführten Verbrechen. Besonders das erste Drittel ist dementsprechend rasant inszeniert, mit krachenden Actionsequenzen, schnellen Kamerafahrten und hämmernder Spannungsmusik. Auch nimmt sich der zweite Teil mehr Zeit für die einzelnen Stationen in Mesrines Lebenslauf, wodurch ein insgesamt runderes Bild entsteht, in dem zwischen den Actioneinlagen auch immer wieder Zeit für einige nachdenkliche Momente ist - etwa wenn er sich von seinem sterbenden Vater verabschiedet oder im Gefängnis Besuch von seiner inzwischen erwachsenen Tochter erhält.

Auch wenn sich der Film Mühe gibt, Mesrine weiter als den zerrissenen Menschen darzustellen, der er im ersten Teil war, entsteht hier doch zeitweise ein beinahe glorifizierendes Bild, das durch die rasante Thriller-Inszenierung und das charismatische Selbstbewusstsein Mesrines bedingt ist. In der ersten Filmhälfte wird er immer stärker als Gentleman-Gangster dargestellt - ein fragwürdiges Bild, das erst gegen Ende wieder revidiert wird, wenn er etwa einen rechtspopulistischen Journalisten brutal ermordet. Insgesamt gelingt es aber, das Porträt einer schillernden Persönlichkeit zu zeigen, die ebenso brutal und erbarmungslos wie charmant und manipulativ sein kann.

Diesmal erfolgt auch eine stärkere Einbettung in den politischen Kontext der aufgewühlten 70er-Jahre, was sicherlich mit Mesrines Verbindungen zur linken Terrorszene zu tun hat. Dank der detailgenauen Ausstattung, einer aufwendigen Inszenierung (vor allem das blutige Finale ist mit großer Akribie durchgeführt) und starken Darstellern - allen voran wieder Cassel, der seine Rolle so intensiv lebt, dass es einem Gänsehaut bereiten kann; aber auch in Nebenrollen glänzen französische Schauspielstars wie Mathieu Amalric oder Olivier Gourmet - wird der zweite Teil dieses Mammutprojekts zum fesselnden, rasant und actionreich inszenierten, aber auch psychologisch fundierten und klugen Thriller, der einerseits die Widersprüchlichkeit dieser brutalen Persönlichkeit aufzeigt und andererseits die sozialen und gesellschaftlichen Umstände aufdeckt, unter denen eine solche überhaupt erst entstehen kann. Das ist großes, kluges und höchst unterhaltsam inszeniertes Kino.

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