Nachdem seine letzten Filme bereits amerikanische Gaststars besaßen, drehte Tom Tykwer nun seinen ersten US-Film: Den Wirtschaftsthriller „The International“.
Hauptfigur ist der Interpol-Agent Louis Salinger (Clive Owen), der sich dem Kampf gegen das organisierte Verbrechen im Bankenwesen verschrieben hat. Salinger rennt mit Dreitagebart durch die Gegend, wirkt von Anfang an ausgezehrt im Kampf gegen den übermächtigen Gegner, zumal in der Auftaktszene bereits sein Freund und Partner von einem Killer ermordet wird. Salinger kann ihn nicht retten, hat sogar selbst einen kleinen Unfall bei dem Versuch – die Aussichtslosigkeit des Unterfangens ist klar.
Zusammen mit Eleanor Whitman (Naomi Watts) bleibt Salinger jedoch an der Sache dran, schließlich hat er erfahren, dass die Bank IBBC Raketenlenksysteme verkaufen will. Dabei geht „The International“ sehr detailliert und realistisch auf die Hintergründe ein: Finanzieller Profit ist weniger ihr primärer Anreiz, sondern die resultierende Kontrolle über Krisengebiete – und natürlich deren Schulden. „The International“ stellt seine komplexen Zusammenhänge möglichst verständlich dar, bleibt aber gleichzeitig realistisch und vernachlässigt seinen Unterhaltungswert nicht.
Beide Parteien befinden sich unter Druck: Die IBBC muss ihren Deal innerhalb einer gewissen Frist über die Bühne bringen, Salinger und Whitman droht man den Fall zu entziehen, wenn sie keine stichhaltigen Beweise finden...
„The International“ erinnert an die Paranoiafilme der 70er, der Kampf des Einzelnen gegen ein übermächtiges System. Doch wo in den 70ern vor allem Vater Staat als Feindbild diente, so ist es hier die Weltwirtschaft, welche emsig verschwört und intrigiert. „The International“ lässt wenig aus, nennt auch die Verstrickungen von Regierungen und Verbrecherorganisationen in das Beziehungsgeflecht der Banken, ist aber gleichzeitig schlau genug den zentralen Konflikt auf ein Segment des Geschäfts zu konzentrieren, sodass der Zuschauer nicht den Überblick verliert. Der Waffendeal bleibt Konfliktmotor, der Angelpunkt der Handlung.
Dabei bereitet Tykwer den Kampf gegen das System recht spannend auf und verpackt ihn in einen zeitgenössischen Kontext. Gerade im Bereich der Informations- und Abhörtechnik ist die IBBC extrem übermächtig, während Salinger vor allem mit Körpereinsatz und Bauerschläue gegen die Planer angehen muss. „The International“ ist ein Spiel um Angriff und Gegenangriff, wenngleich das Ganze in der Mitte etwas formelhaft wird: Man findet einen Informanten, der wird nach Geben eines Hinweises getötet, man findet danach den nächsten Informanten usw. Zudem muss man feststellen, dass „The International“ trotz des zeitgenössischen Gewands eine doch sehr altbekannte Geschichte erzählt und nicht ganz an die Rasanz der nicht ganz unähnlichen Bourne-Filme herankommt.
Sehr gelungen ist „The International“ trotzdem in seiner nüchternen Machart, die auf ein Übermaß an Spektakel verzichtet. Es gibt wenige Actionszenen und diese sind sehr realistisch eingefangen, das Highlight sicher die große Schießerei im Guggenheim-Museum, die trotz ihrer famosen Schauwerte noch recht bodennah bleibt. In einem schweißtreibenden Feuergefecht müssen sich Salinger und ein unerwarteter Verbündeter einer Killertruppe erwehren, wobei der Film die besondere Architektur des Museums wunderbar in die Szene inkorporiert.
Doch trotz solcher Einzeltaten, die nicht ohne Folgen bleiben (Salinger verliert Freunde, muss körperlich so einiges einstecken), verfällt „The International“ nicht in falschen Idealismus: Um das System der Banken zu besiegen, muss man selbst auf schmutzige Art und Weise spielen. Gerade das Ende bringt die Geschichte zum Schluss wirkt jedoch reichlich pessimistisch und die Zeitungsschlagzeilen, die den Abspann unterlegen, machen klar: Jeder Sieg ist nur ein vorläufiger, den Kampf hat man damit nicht endgültig gewonnen.
Clive Owen gibt mal wieder den leicht heruntergekommenen Actionhelden und wirkt mit seiner rauen, natürlichen Art als interessanter Fremdkörper innerhalb der sterilen, modernen Architektur der Bankgebäude – dank Owens Charisma ein spannender Gegensatz. Naomi Watts ist solide, muss die meiste Zeit aber bloß hinter Owen herlaufen. Armin Müller-Stahl gibt eine gelungene Vorstellung als IBBC-Berater, Ulrich Thomsen legt seine „Hitman“-Rolle noch mal auf, während Brian F. O’Byrne als Killer noch im Gedächtnis bleibt.
„The International“ erfindet sein Genre nicht neu, in der Mitte hängt der Film leicht und doch: Tykwers Film ist durchweg spannend, in seiner pessimistischen Nüchternheit sehr stilsicher und er setzt seine Akzente, z.B. die Museumsschießerei, geschickt.