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Hier haben wir es mit einem netten kleinen Thriller zu tun, der aufgrund seiner absoluten Reduzierung auf das Allernötigste durchaus kammerspielartige Qualitäten gewinnt. Mit geringfügigen Ausnahmen spielt sich das gesamte Geschehen in einem einzigen Raum ab, der zudem noch ausgesprochen karg eingerichtet ist. Es agieren ausschließlich der Versuchsleiter mit seinen Helfern auf der einen Seite und die Probanden auf der anderen Seite.

Der Versuchsleiter wird vom großartigen Peter Stormare herrlich abgründig und zynisch gegeben. Er verfolgt über Kameras das Experiment zusammen mit seinem ganzen (gesichtslosen) Team und beobachtet dabei die Bewerberin auf einen Posten in seinem Forschungsteam, um ihre Reaktionen zu analysieren und ihre Analyse der Ereignisse im Versuchslabor abzufragen. Der kaltschnäuzige Stormare und die deutlich moralischer agierende Chlea Duvall bauen dabei eine sehr gelungene Spannung auf und verwickeln den Zuschauer und sein Interesse in die Fragen "Was geht hier vor?" und "Wofür ist das gut?" Dadurch baut sich dann auch eine gute Beziehung zu den Versuchskaninchen auf, deren Ahnungslosigkeit eigentlich zunächst alle außer dem Wissenschaftlerteam um Stormare teilen. Auf dieser Seite des Experiments muss vor allem Timothy Hutton erwähnt werden, den man hier seit längerer Zeit mal wieder bewundern darf und der seiner Ausstrahlung hier freien Lauf lassen kann. Seine Darstellung ist sehr gelungen und neben Stormare ein weiteres Highlight des Films.

Mit recht ordentlichem Tempo und gut gesetzten Überraschungsmomenten schreitet die Handlung immer weiter voran, die Atmosphäre ist voller Verzweiflung und Ratlosigkeit und spitzt sich immer weiter zu. Eingefangen wird das Geschehen dabei in abwechslungsreiche und atmospärisch sehr gelungene Bilder, obwohl die Kameraarbeit als eher ruhig und recht unspektakulär beschrieben werden kann. Was die Spannung leider deutlich reduziert ist die augenscheinliche Chancenlosigkeit der Versuchsteilnehmer. Eine erfolgreiche Flucht scheint von vorneherein ausgeschlossen, so dass die Optionen eingeschränkt sind. Es bleibt zu ergründen, was Sinn und Zweck des Versuchs ist und es bleibt die Frage, wer das Experiment wohl überlebt. Auch die Position, die Chlea Duvall letztlich einnehmen wird, ist fraglich. So wird durchaus eine gewisse Spannung beibehalten, auch wenn der Film hier deutlich hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt.

Das Experiment folgt ersichtlich einem Zweck, dieser jedoch erschließt sich nicht wirklich. So verfolgt man zwar, wie die Probanden nach und nach unter immer stärkeren psychischen Druck gesetzt werden, aber außer die Grenzen der Belastbarkeit auszutesten bleibt der Zweck lange verborgen und ich kann mir auch nicht wirklich vorstellen, dass es Zuschauer gibt, die diesen Zweck vorzeitig erraten, denn - und das ist in meinen Augen ein großer Schwachpunkt des Films - es erscheint mir im nachhinein mehr als fraglich, ob das Experiment so, wie es hier gezeigt wird, in Wirklichkeit so ablaufen und funktionieren würde. Ich für meinen Teil finde die Psychologie leider nicht sehr glaubwürdig. So werden interessante Konstellationen und Abläufe geschaffen, die auf ein durchaus interessantes Ziel hinauslaufen, das wiederum sehr interessante Fragen aufwirft. Leider wird der Weg dorthin nicht plausibel beschritten sondern eher erzwungen. Man muss das Geschehen akzeptieren, das hier in so kurzer Zeit abläuft und dabei im Grunde genommen kaum in die Tiefe geht, so dass mir die grundlegenden Änderungen, die sich ereignen schon fast unmotiviert erschienen sind. Die zynisch-bösartige Schlusspointe reißt dann aber wieder einiges raus.

Ein gedanklich sehr interessanter Film, der handwerklich grundsolide umgesetzt ist und den Zuschauer über die Laufzeit hinweg kurzweilig unterhält, indem er gelungene Überraschungen bereit hält. Ein Film über ein psychologisches Experiment, der selber von der psychologischen Seite aus betrachtet aber nicht recht überzeugen kann, trägt eine schwere Hypothek auf seinen Schultern. Aufgrund seiner durchaus bemerkenden anderen Qualitäten - nicht zuletzt der durchweg überzeugenden Schauspieler und der bedrückenden, ausweglosen Atmosphäre - kann der Film sich im Schlußfazit dennoch erstaunlicherweise auf knappe 7 Punkte retten. Es bleibt festzuhalten, dass man hier allerdings durchaus die Möglichkeit hatte, einen ähnlich großen Wurf zu landen, wie es den Machern von "Unthinkable" meiner Meinung nach gelungen ist (ich meine das rein aus filmischer Sicht, da ich nicht weiss, ob "Unthinkable" auch der finanzielle Erfolg für die Macher war, den man ihnen wünscht). Schade drum, dennoch ein Tip für Freunde von fiesen, kleinen und durchaus intelligenten Thrillern, die dabei auf augenwischerische Schauwerte à la Hollywood verzichten können und bereit sind, über die psychologischen Ungereimtheiten  hinwegzusehen. Wäre die Psychologie hier ebenso schlüssig und vielschichtig ausgearbeitet worden wie es bei "Unthinkable" der Fall war, wären auch hier 9 Punkte möglich gewesen.

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