Review

1985. In einer alternativen Welt ist die Geschichte von Superhelden geprägt. Mit ihrer Hilfe werden Kriege geführt und Verbrechen bekämpft. Nixon steht vor seiner fünften Amtszeit in diesem parallelen Amerika, das seltsame militaristische Züge trägt.
Der kalte Krieg zwischen USA und der Sowjetunion hat den Siedepunkt erreicht - die Welt steht vor der atomaren Katastrophe!
Die maskierten Gesetzeshüter von einst sind mittlerweile längst im Ruhestand, untergetaucht und scheinbar vergessen. Das ändert sich, als der raubeinige Superheld The Comedian von einem Unbekannten getötet wird. Unter Anführung von Rorschach versammeln sich die WATCHMEN erneut, um nicht zuletzt die Welt vor sich selbst zu retten.


Der Stoff der Comicvorlage ist unglaublich komplex und seit dem gestrigen Kinobesuch weiß ich auch, warum die Geschichte der maskierten Superhelden lange Zeit als unverfilmbar galt. Dementsprechend gespannt war ich auf ZACK  SNYDER'S Interpretation, der in der Vergangenheit mit DAWN OF THE DEAD und 300 zwar optische Glanzpunkte setzen konnte, auf inhaltlicher Schiene aber durchaus ausbaufähig schien.

Umso überraschter verließ ich gestern mit offener Kinnlade die Vorstellung: Nach dem herausragenden DARK KNIGHT im letzten Jahr setzt WATCHMEN 2009 neue Maßstäbe im Bereich des fantastischen Kinos. Mit unglaublicher Präzision und Gespür für die Liebe zum Detail lässt Snyder über 163 Minuten das Herz jedes Fantasy-Fans höher schlagen. Das anspruchsvolle Superhelden-Epos ist zweifelsohne nichts für das Kommerz-Publikum, was sich bereits in der Pause durch zahlreiche Zuschauer-Reaktionen bestätigte, und damit weit weg vom Kassenschlager entfernt, zumal der Streifen nahezu ohne große Schauspieler-Namen auskommt. Aber gerade diese Wahl von unbekannten, frischen Darstellern erweist sich als wahrer Glücksgriff.

Der 80er-Jahre-Flair wurde hervorragend eingefangen und durch musikalische Klassiker von Jimi Hendrix, Bob Dylan, Simon & Garfunkel oder Nena (!!!) wird dieser Eindruck nur noch unterstützt.

Wie nicht anders zu erwarten lebt der Film in erster Linie von einer grandiosen Optik. Diese alternative Welt ist düster, dreckig und gefährlich. Die Menschheit lebt in Angst, Angst vor dem eskalierenden kalten Krieg der Supermächte. Trotz aufwendiger Special Effects und einer grandiosen Ausstattung steuert der Kernpunkt der Ereignisse unweigerlich auf die Frage zu, ob die Menschheit überhaupt den Frieden auf Erden verdient hat. Vor dem Szenario des bekannten Ost-/West-Konfliktes führt dieses filmische Ereignis zu einem allgegenwärtigen Nachdenken über den Zustand der Weltpolitik. Ein gewagter philosophischer Exkurs, der das Mainstream-Publikum wohl oder übel abschrecken wird, wenn es 08/15-Haudrauf-Action erwartet.
WATCHMEN ist anders. Das Universum dieser Superhelden ist anders! Wenn man die Entwicklung von Dr. Manhattan in ein gottgleiches Energiewesen verfolgt, welches sich ernsthafte Gedanken über den Fortbestand der menschlichen Existenz macht, wird man sich der Tragweite der Einflüsse von Superhelden in gesellschaftliche Ereignisse bewusst!


Kaum eine Comic-Verfilmung hat bisher mit einer derartig emotionalen Tiefe geglänzt wie die Geschichte der Wächter. Zack Snyder vollbringt das Wunder, gesellschaftspolitische Kritik mit genretypischen Action-Elementen zu kreuzen
und dabei ein funktionierendes, hochkomplexes Fantasy-Epos zu schaffen, dass in seiner Idee einer alternativen Welt einzigartig ist. In Anbetracht dieser virtuosen Erzählweise aus Rückblenden geschichtlicher Ereignisse und persönlicher Entwicklungen der Helden muss man diese Adaption als kongenial betrachten.

WATCHMEN vermengt die charakterlichen Züge der neuen BATMAN-Verfilungen mit der bildgewaltigen Optik von SIN CITY und den philosophischen Elementen des STAR TREK-Universums zu einer tragischen Hommage an die schwarze Serie. Ich habe die Vorlagen der Comics nicht gelesen - diese sind außerhalb der Comic-Szene hierzulande ohnehin weitestgehend unbekannt - und kann dadurch den Vergleich mit der Vorlage nicht beurteilen.

Als Genre-Freund und unvoreingenommener Kinogänger sollte man sich diesen Ausflug in eine etwas andere Welt der Superhelden jedoch nicht entgehen lassen!

(9 / 10)

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