1985: Der Kalte Krieg erreicht seinen Höhepunkt. Der mehrfach wieder gewählte amerikanische Präsident Richard Nixon, der den Vietnamkrieg gewinnen konnte, befürchtet einen Präventivschlag der Russen, die Zerstörung des gesamten Planeten ist nah. Als der ehemalige Watchman "The Comedian" wird ermordet wird, nimmt sein ehemaliger Mitstreiter Rorschach, der sich als einziger nicht zur Ruhe gesetzt hat, die Ermittlungen auf, wobei er die ehemaligen Watchmen aufsucht. Allmählich stellt sich heraus, dass der Mord mehr war als etwa ein einfacher Überfall.
Mit "Dawn of the Dead" inszenierte Zack Snyder, der quasi aus dem Nichts kam einen der besten und spannendsten Splatterfilme der letzten Jahre. Anschließend avancierte er mit dem visuell beeindruckenden Monumental-Actionfilm "300" schon mit seinem zweiten Werk zum Kultregisseur. Mit "Watchmen" nahm er sich daraufhin eine mehrfach gefeierte Comicvorlage, die bisher als unverfilmbar galt und nutzt die Chance, seinen Status noch weiter zu verbessern, endgültig in Hollywoods vordere Regierige aufzusteigen und liefert nach "The Dark Knight" eine weitere richtungweisende, epische und vielschichtige Comic-Verfilmung ab.
Wie schon in "300" zeigt Snyder hier erneut eine visuell grandios gelungene Inszenierung, die vieles, wenn nicht sogar alles bisher da gewesene in den Schatten stellt. Mit viel Liebe zum Detail setzt er die Stadt New York, oder mehr die Utopie New Yorks, die hier konstruiert wird, hervorragend in Szene, fängt die düster und bedrohlich wirkende Stadt mit gelungenen Kamerafahrten perfekt ein. Aber auch die Mars-Oberfläche und das ewige Eis haben einen enorm hohen Schauwert, da Snyder auch hier eine perfekte Fotografie der Gebiete zeigt. Die Spezialeffekte, die Snyder verwendet, etwa die Animation Doctor Manhattan, sind schlicht weg brilliant und richtungsweisend und bieten praktisch eine Flut aus optischen Reizen, die noch lang über den Abspann hinaus wirkt. Natürlich wissen die Effekte auch in den zahlreichen Action-Szenen zu überzeugen, in denen Snyder, wie schon bei "300" perfekt mit Nahaufnahmen, Zeitraffern und verschiedenen Perspektiven spielt, die jeden Fan des Comic-Genres gänzlich überzeugen werden. Zudem zeigt Snyder die Konsequenz, nicht auf Gewaltszenen zu verzichten und baut auch hier enorm brutale Szenen ein, die er ebenfalls beinahe genüsslich mit diversen Nahaufnahmen serviert. Hinzu kommen noch ein paar erotische Aufnahmen, die stilsicher gewählte Filmmusik, wobei der eigentliche Score nicht sonderlich auffällig ist, und die düstere Atmosphäre, die Snyder über die volle Laufzeit aufrecht erhält, dazu noch die opulente Ausstattung, das stellenweise futuristische Design, die "Watchmen" zu einer erneuten Kostprobe von Snyders handwerklichen Fähigkeiten machen.
Aber auch hinter der visuell beeindruckenden Fassade ist "Watchmen" mehr als eine einfache Comicverfilmung. Die Charaktere werden allesamt tiefer konstruiert, was ganz im Sinne der Vorlage ist. Die Anti-Helden, die hier praktisch über das Schicksal der gesamten Menschheit entscheiden, werden in mehreren Rückblenden tiefer konstruiert. Da wären also unter Anderem der kompromisslose und relativ brutale Rorschach, der übermächtige Doctor Manhattan, der langsam aber sicher seine Verbindung zur Menschheit und zur Erde verliert, sich immer weiter von allem distanziert, der brutale Comedian und weitere Helden, die eigentlich keine sind. Wie schon bei "The Dark Knight" beschäftigt sich auch dieser Film mit seinen zahlreichen Rückblenden, den teilweise mehr, teilweise auch weniger intelligenten Dialogen mit der Identität, den Charakterzügen seiner Helden und geht damit weit über die Grenzen des Genres, die bis vor kurzem noch Bestand hatten, hinaus. Darüber hinaus zeigt der Film trotz der utopischen Welt, die er zeichnet einige Parallelen zum Kalten Krieg und zu Richard Nixon, die nach wie vor eine gewisse Relevanz haben. Darüber hinaus versucht der Film, ähnlich wie zuletzt "Der Tag an dem die Erde stillstand" die Schwächen der Menschheit, etwa die andauernden Kriege, zu kritisieren, vielleicht auch zum Nachdenken anzuregen, aber hier nimmt sich "Watchmen" dann doch selbst zu ernst und versucht mehr zu sein, als er ist, wobei er teilweise seine Glaubwürdigkeit einbüßt, was "Dark Knight" beispielsweise nicht passiert ist. Fragen, wie etwa, die Bedeutung der Menschheit für den Verlauf des Universums, ob es die Menschheit verdient hat zu leben, ob Doctor Manhattan eine Art Gott darstellt, lassen den Film zu aufgebläht erscheinen und bremsen das Geschehen so leider aus. Dennoch ist die Story für eine Comic-Verfilmung erfreulich gut und enthält zudem noch die eine oder andere überraschende Wendung, zumindest für den, der die Vorlage nicht kennt.
Das gelungene Handlungskonstrukt, das stellenweise etwas überheblich und künstlich aufgebläht wirkt, bringt Snyder ebenfalls gelungen auf die Leinwand, zeigt aber, nach seinen beiden vorangegangenen, relativ handlungsarmen Werken leichte narrative Schwächen. So entpuppt es sich zwar als gelungene Idee, dass Snyder die Rückblenden zum Konstruieren der Charaktere im Rahmen der Handlung einspielt, um in der ersten Hälfte keine allzu großen dramaturgischen Brüche zu riskieren, aber so ist das Erzähltempo dann doch teilweise etwas schleppend und so erreicht "Watchmen" leider keinen vergleichbaren Spannungsbogen wie "Batman Begins" oder "The Dark Knight". Getragen wird der Film dafür aber von den Dialogen, die enorm martialisch ausfallen, ähnlich, wie die Monologe von Rorschach, die sehr an die "Sin City"-Monologe erinnern. Auch das Finale ist etwas zäh erzählt und ist nicht ganz so spannend, wie es sein könnte, außerdem gipfelt hier die etwas aufgesetzt wirkende Behandlung der Menschheit, ihrer Kriege und der gesellschaftlichen/menschlichen Defizite. In Anbetracht dessen, dass das Comic lange Zeit als unverfilmbar galt und das Handlungskonstrukt wirklich groß ist, seien Snyder seine Fehler verziehen, aber zwanzig bis dreißig Minuten weniger Laufzeit hätten dem Film dann doch ganz gut getan. Mit ein paar gelungenen Gags und satirischen Blicken auf Amerika, den Kalten Krieg und Nixon werden kleinere Lücken stellenweise gefüllt.
Den Cast setzte Snyder ausschließlich aus eher unbekannten Darstellern zusammen, die jedoch zum Großteil erfreulich gute Arbeit leisten. So bekommt man von Jackie Earle Haley, der die Rorschach-Rolle spielt aufgrund der Maske, die er meistens trägt relativ wenig zu sehen, aber das, was er spielt, ist überaus gelungen, so ist er beispielsweise im Verhör mit einem Psychologen nahezu beängstigend gut. Patrick Wilson spielt seine sympathische Rolle solide herunter, genauso, wie Carla Gugino. Der restliche Cast ist ebenfalls gut besetzt und bietet keinerlei Enttäuschung auf, auch wenn die darstellerische Klasse natürlich nicht in Konkurrenz etwa zu "Dark Knight" oder "Sin City" treten kann.
Fazit:
Zack Snyder zeigt hier erneut seine immens hohen inszenatorischen Fähigkeiten und liefert eine visuell enorm beeindruckende Adaption des gleichnamigen Comics ab, die tricktechnisch neue Maßstäbe setzt und durch perfekt inszenierte Action-Szenen gute Unterhaltung garantiert. Darüber hinaus ist auch das Handlungskonstrukt mit seiner präzisen Charakterkonstruktion und der verschachtelten Handlung überzeugend und auch der Cast, der gänzlich aus unbekannteren Darstellern besteht, bietet einige positive Überraschungen auf. Schade nur, dass sich der Film stellenweise dann doch etwas zu ernst nimmt, vor allem beim Finale mit seinen Botschaften etwas über das Ziel hinausschießt, etwas aufgebläht wirkt und darüber hinaus durch die Rückblenden ein paar kleinere Längen entstehen, wodurch der Film hinter "The Dark Knight" oder "Sin City" zurückfällt. Dennoch gibt's von mir eine klare Empfehlung für Snyders Werk, auf dessen nächsten Film man überaus gespannt sein darf.
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