Ich kann mich gut an eine Zeit erinnern, in der Slasher-Movies für mich einen hohen Stellenwert hatten und regelmäßig auf dem filmischen Speiseplan standen. Bereits vor zehn Jahren hatte ich, im Alter von knapp 13, den größten Teil der hinlänglich bekannten Genre-Vertreter gesehen und wähnte mich daher als einen Horror-Experten. Filme wie „Halloween“, „Nightmare on Elm Street“ und „Freitag der 13.“ hatten wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung meines Filmgeschmacks, der sich aber schon zu dieser Zeit nicht einseitig zeigte. Der gewisse Kitzel, den ein versiert inszenierter Slasher bei mir verursachte, lässt sich nur schwer beschreiben, gehört aber dennoch zu den intensivsten meiner frühen Filmerfahrungen. In der Hoffnung, diesen irgendwie besonderen Filmgenuss wiederholen zu können, kamen auch die üblichen Verdächtigen auf den Tisch, darunter „Monster im Nachtexpress“, „Die Forke des Todes“ und eben „Blutiger Valentinstag“. Auch wenn diese kleineren Kultfilme neben ihren wegweisenden großen Brüdern nicht mehr den gleichen Eindruck machen konnten, der gewisse puristische Charme und der dazu gehörige VHS-Kult des unterschlagenen Films in den 90ern haben viele bleibende Erinnerungen hinterlassen. Da der Slasher an sich ein eher kindliches Genre ist, das sich meist an einfach gestrickten Mustern orientiert, stellt sich eine einfache Frage, deren Antwort wohl über den Eindruck bestimmt, den „My Bloody Valentine 3-D“ beim Zuschauer macht: Wie viel vom Slasher-begeisterten Teenager ist noch übrig?
Leider nicht mehr viel, in meinem Fall. Nach dem enttäuschend einfallslosen „Freitag der 13.“-Remake und nun „My Bloody Valentine 3-D“, muss ich leider feststellen, das ich wohl langsam aber sicher zu alt für den Scheiß bin. An den Gläsern der rosaroten Nostalgie-Brille machen einige Kratzer nicht viel aus, die alte Liebe zu den alten Schlitzerfilmen bleibt, und sei es nur wegen dem Kurzauftritt von David Copperfield in „Monster im Nachtexpress“. Die blitzblanken Neulinge treffen einfach nicht mehr jenen Nerv und müssen spätestens seit „Scream“ einfach auf einem ganz anderen Level bestehen. So gelingt auch „My Bloody Valentine“ nicht die angestrebte Vermengung klassischer Stilmittel mit moderner Ästhetik und obligatorischem Twist. Während der schlichte Handlungsablauf durchaus funktionell ist, verödet die aufgesetzte und unlogische Auflösung (die deutlich an „High Tension“ erinnert) das Vergnügen deutlich. Statt die eigene Trivialität hervor zu heben, gefällt sich der Film in seinem abstrus konstruierten Ablauf, der eine tiefere psychologische Ebene vortäuscht und sich dabei sichtbar clever vorkommt.
In erster Linie versteht sich „My Bloody Valentine 3-D“ aber als reiner Attraktionsfilm, der mit neu ausgereifter 3D-Technik (deren Einsatz momentan fast exponentiell zu steigen scheint) auftrumpft und mir die Zuversicht gab, mindestens einen vergnüglichen Kinoabend zu erleben. Tatsächlich machte die Umsetzung zunächst großen Spaß, schon weil nahezu jeder der zahlreichen Gewaltakte auf das 3D-Erlebnis abzielt und seine Schauwerte somit heraus stellt. Der gesamte Film definiert sich über seine Technik, was eine erneute Sichtung daheim eher unwahrscheinlich macht. Die zumeist klaren, sehr plastischen Effekte machen einen dementsprechend ausgearbeiteten Eindruck, da sei es dem Film auch verziehen, das er sich mitunter zu sehr in dieser Spielerei ergeht. Denn nichts anderes als eine, zugegeben gelungene, Spielerei ist diese 3D-Technik, den eigentlichen Film macht das nicht unbedingt besser. Anders als seine Genre-Vorfahren ertrinkt dieser im Blut, schlachtet jede noch so fadenscheinige Gelegenheit aus für saftige Metzeleien. Der spezielle Thrill, den die eigentlichen Kills bei der alten Garde stets krönten, ist hier praktisch nicht vorhanden, da an allen Ecken und Enden geschlachtet wird. Nur wenige Sequenzen, wie die Verfolgung durch den nächtlichen Supermarkt, können die ursprünglichen Qualitäten des Subgenres reanimieren – das restliche Bild wird bestimmt von heran fliegenden Kieferknochen, Spitzhacken und einer unübersehbaren Abnutzung des technischen Gimmicks.
Das Bestrafungsprinzip des Slasher-Genres findet auch hier seine Anwendung, indem der Zuschauer zum zynischen Sympathisanten des Mörders wird. So ist der Mann mit der Maske der Anti-Held, der das Publikum auf seiner Seite haben sollte – wenigstens das hat Regisseur Patrick Lussier verstanden zu haben. Als Stimmungsmacher kann „My Bloody Valentine“, der mit dem Original übrigens nur wenig gemein hat, durchaus überzeugen und wird nicht zuletzt aufgrund seiner ausladenden Brutalität Freunde finden. Der zunächst hohe Unterhaltungswert bekommt allerdings einen Dämpfer, wenn mit voran schreitender Laufzeit die manchmal arg vorhersehbaren Effekte ihren Reiz verlieren.
Im Kino selbst herrschte ausgelassene Stimmung, der Film kam an beim überwiegend 16-jährigen Publikum – da wurde gejohlt, geschrien, lauthals gelacht und jeder Mord abgefeiert. Was sich bei anderen Kinobesuchen fatal auswirken würde auf den Filmgenuss, unterstrich hier den Party-Charakter des Films, der genau so locker aufgenommen werden sollte. Ich war jedenfalls heilfroh meinen schon leicht überforderten Augen etwas Ruhe zu gönnen und war nach der Vorstellung dankbar, die Brille abnehmen zu können. Etwas konfus musste ich zwischen neuer Kinoerfahrung und Erinnerungen an meinen früheren Filmkonsum den gerade gesehenen Film einordnen, was mich leider zu einem enttäuschenden Ergebnis führt, der Funke zwischen mir und dem Slasherfilm scheint erloschen. Aber Hauptsache die Kids hatten Spaß...
04/10