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Die vergleichende Betrachtung zwischen Original und Remake bietet sicherlich genügend Diskussionsstoff für Eingeweihte, aber 28 Jahre nach dem Erscheinen des Originals kann man davon ausgehen, dass der überwiegende Teil der Zuschauer "My Bloody Valentine" - noch dazu in der 3-D-Fassung - als neue Erfahrung im Kinosessel erleben wird. Neben der großen zeitlichen Spanne ist dafür vor allem die technische Entwicklung verantwortlich, deren Auswirkungen gerade für dieses Genre nicht ausschließlich positiv sind. Handgemachte Gore-Effekte und die oft aus einem geringeren Budget entstandene optische Atmosphäre werden durch neuzeitliche CGI-Effekte und modernste Kameratechnik zwar perfektioniert, verlieren aber ihren individuellen Touch.

Auch "My Bloody Valentine" macht in diesem Punkt keine Ausnahme, erinnert aber in seiner altmodischen Erzählform trotz seiner modernen Anmutung an die Hochphase des Genres in den 80er Jahren. Hier wird das Rad des Spannungsaufbaus nicht neu erfunden und der Film enthält auch keine innovativen Überraschungen, sondern setzt auf ganz traditionelle Schockeffekte, die alleine durch die bösartige Figur des Minenarbeiters mit der penetrant leuchtenden Grubenlampe und der zielsicher schwingenden Hacke ausreichend Basis bekommen. Denn die Brutalität, mit der Harry Warden hier vorgeht und die die Kamera detailliert festhält, genügt schon, jede Situation, in der der schwarze Schlächter auftaucht, als bedrohlich zu empfinden.

Als wirkliches Remake ist der neue "Valentine"-Film trotzdem nicht zu verstehen, denn die Thematik mit den jährlichen Feierlichkeiten am 14.Februar, die das Original als blutigen Gegenschlag zur kitschigen Verschickung von herzförmigen Präsenten nutzte, existiert hier nur noch im Titel. Mit solch ironischen Details und den daraus entstehenden pubertären Verwirrungen hält sich der Film nicht auf, dessen Protagonisten wesentlich älter als im (ein wenig an einen Teenager-Film erinnernden) Original sind, sondern konzentriert sich vor allem auf Harry Warden (oder dessen Wiedergänger), dessen Bergmann-Konterfei hier wesentlich mehr Screentime erhält.

Schon die Einleitung der Story, die die 10 Jahre (im Original 20 Jahre) zurückliegenden Vorgänge erläutert, ist in ihrer schonungslosen Brutalität ein früher Höhepunkt des Films. Harry Warden, einziger Überlebender eines Grubenunglücks, erwacht aus seinem Koma und hinterlässt ein Schlachtfeld, bevor er scheinbar von der Polizei erschossen wird. Doch als exakt 10 Jahre später wieder die Hacke zu schwingen beginnt, entstehen erhebliche Zweifel an seinem Tod. Genau zu diesem Zeitpunkt taucht auch Tom Hanniger (Jensen Ackles), der Sohn des kürzlich verstorbenen Grubenbesitzers, wieder auf, der als Einer von Wenigen das "Valentine"-Massaker überlebt hatte. Seine damalige Freundin Sarah (Jaime King) ist inzwischen mit dem Sheriff Axel Palmer (Kerr Smith) verheiratet, aber ihre alte Beziehung war nie wirklich beendet worden, da Tom damals aus dem Ort verschwunden war.

"My Bloody Valentine" macht zwar letztlich keine Ausnahme in der Genre-gerechten Bestrafung promiskuitiven Verhaltens, bleibt dabei aber weniger verklemmt als das Original, das in seinen Sympathiebekundungen eindeutig typisch blieb. In dieser Beziehung ist "My Bloody Valentine" in der Neuzeit angekommen. Der Sheriff hat ein Liebesverhältnis mit Megan (Megan Boone), der Mitarbeiterin seiner Frau im örtlichen Supermarkt. Er trifft sich mit ihr in einem heruntergekommenen Haus, wo sie ihm offeriert, dass sie von ihm schwanger ist. Gleichzeitig treibt es Irene (Betsy Rue), ebenfalls eine Überlebende der Ereignisse von vor 10 Jahren, heftig mit einem LKW-Fahrer. Die Nackt-Szenen mit ihr sind nicht nur unamerikanisch offenherzig, sondern lange Zeit regelrecht komisch. "My Bloody Valentine" lässt den schwarzen Minenarbeiter zwar mit der Spitzhacke aufräumen, verzichtet aber auf den unterschwellig gehobenen Zeigefinger, sondern kann durch die nicht eindeutigen Charaktere lange Zeit die Ungewissheit über den tatsächlichen Täter aufrecht erhalten.

Leider setzt der Film zur Verwirrung des Zuschauers auch auf Storyelemente, die den guten Gesamteindruck zum Schluß etwas trüben, vor allem weil es darauf gar nicht angekommen wäre. Denn anders als im Original sind die Beweggründe des Killers hier besser nachvollziehbar und werden weniger konstruiert nachgeschoben. Auch die 3-D-Effekte kommen trotz einiger beeindruckender Momente nicht über die Funktion eines technischen Gimmicks hinaus, da daraus keinerlei zusätzliche Spannung entsteht. Glücklicherweise bleibt die Story davon letztlich unberührt, weshalb "My Bloody Valentine" vor allem ein im altmodischen Sinne guter Horror-Film bleibt mit sehr neuzeitlichen Gore-Effekten (7/10).

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