Der weltweite Erfolg von „Jaws“ veranlasste die italienischen Studios natürlich schnellstmöglich hastig und günstig heruntergekurbelte Plagiate im Fahrwasser zu platzieren. „The Last Jaws – Der weiße Killer“zieht sich im direkten Vergleich besser aus der Affäre als beispielsweise Lamberto Bavas Flossenhorror-Graupe „Der Monster-Hai“ oder Joe D'Amatos Schmu „Shakka – Die Bestie der Tiefe“. Von einem guten Genrefilm zu schreiben, wäre dennoch vermessen, spult Enzo G. Castellari („Keoma“, „Ein Haufen verwegener Hunde“), bekanntlich ein begabter Mann seiner Zunft, das an akuter Ideenarmut krankende Drehbuch doch merklich halbherzig herunter. So sehr die Italiener in einigen Genres damals auch auftrumpfen konnten, mit Haien und anderem Meeresgetier sind sie scheinbar nie so ganz warm geworden.
Wer „Jaws“ kennt, und das tut nunmal fast jeder, braucht hierfür keinerlei Eingewöhnungszeit, denn „The Last Jaws – Der weiße Killer“ übernimmt die Prämisse des Genreprimus quasi 1:1. Ein knabbernder Hai treibt vor der Küste Seapoints sein Unwesen, Hauptfigur Peter Benton (brachte aus „Der Monster-Hai“ schon einschlägige Erfahrung mit: James Franciscus) und sein Haie jagender Seebär Ron Hamer (inklusive Hai-Vortrag komplett im Robert Shaw-Modus: Vic Morrow, „Humanoids from the Deep“, „The Riffs - Die Gewalt sind wir“) ahnen bereits Böses und warnen eindringlich den Bürgermeister, der von dem Unfug natürlich nichts wissen will, weil die gerade Tourismus-Branche groß boomt und ein Surf-Rennen deswegen unmöglich abgeblasen werden kann. Es werden zwar halbherzige Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, aber mit den Genregesetzen bricht die Handlung natürlich nicht. Also kommt es trotzdem, wie es kommen muss. Der Hai setzt zum Festschmaus an und das heldenhafte Duo steuert ihm mit reichlich Sprengstoff im Gepäck entgegen, während ringsherum alles in chaotischer Hysterie versinkt.
Natürlich kann Castellari zwar Spielbergs Ideen aufgreifen, was er auch alle paar Minuten gern tut, aber nie in auch nur einer Szene die Qualitäten seines Meisterwerks erreichen und so ist zwar allgemein recht viel los, aber wenig, dass den Zuschauer dann auch wirklich interessiert.
Jugendliche verhalten sich dumm wie Brot und werden prompt gefrühstückt, ein jeder vor Ort fühlt sich alsbald dazu berufen dem gefräßigen Meeresungeheuer zu Leibe zu rücken und büßt dafür in den kuriosesten Situationen mit dem Leben. Die Hai-Attacken setzten sich leider meistens aus schlecht montierten Aufnahmen irgendwelcher Dokumentarfilme zusammen und werden höchstens durch das wenig furchteinflößende Modell, dem ständig irgendwelche Leichenreste aus dem Maul hängen, ergänzt.
Den Ablauf kennt man also. „The Last Jaws – Der weiße Killer“ gibt sich auch keinerlei Mühe das bekannte Konzept zu variieren, sondern bleibt kreuzbrav der Erfolgsformel treu. Dabei setzt der Film allerdings nicht auf kernige Typen sondern auf oberflächliche Stereotypen, deren Gesichter man sofort wieder vergisst und deren Dahinscheiden man deswegen auch ohne mit der Wimper zu zucken akzeptiert. Als Ausgleich gibt es nur ganz selten mal einen kuriosen Ausritt, wie die Einmauermaßnahmen des Hais, der sich zweier widerspenstiger Taucher erwehrt, indem er sie einfach mit Geröll zuschüttet. Wenigstens darf man als Zuschauer mal lachen, wenn dem Heroen ein persönliches Motiv eingetrichtert wird, in dem das Töchterlein im Krankenbett ihm ein hysterisches „KILL HIM!“ ins Ohr brüllt.
Platt, ungeschickt und plakativ fällt nebenher natürlich die Offenlegung des sensationsheischenden TV-Reports auf, der für seinen Bericht so viele Tote wie möglich sehen möchte. Wer in Italiens Exploitation-Sparte nach Anspruch sucht, ist hier allerdings sowieso Fehl am Platze.
Viel mehr enttäuscht die totale Belanglosigkeit des Szenarios, dem nicht einmal übermäßig blutige Resultate gestattet werden. Die mal wieder Ohrwurm-Qualitäten entwickelnden Tracks der Oliver Onions entschädigen nur ungenügend. „Jaws“ bloß zu kopieren reicht eben nicht aus, wenn die Charaktere so blass bleiben und der Ablauf sich so schrecklich vorhersehbar und zäh seinen Weg zum finalen Duell bahnt. Vielleicht hätten bekanntere Gesichter in dieser Hinsicht ein wenig helfen können.
Regisseur Enzo G. Castellari, von dem man eigentlich bessere Filme gewohnt ist, schien The Last Jaws – Der weiße Killer“ letztlich eher als Auftragsarbeit anzusehen, denn abseits der ab und an mal innovativen Kameraarbeit vermisst man seine Handschrift komplett. Unmengen von Hai - Stock Footage zusammenzusetzen und daraus die Attacken zu basteln, dürfte ihm im Schneideraum allerdings auch nur wenig Spaß bereitet haben. Ohnehin scheint niemand mehr Mühe als notwendig investiert zu haben, wenn man sich Ausstattung und Tricktechnik anschaut.
Fazit:
Angeblich hat Universal den Kino-Start in den USA seinerzeit gerichtlich verbieten lassen, weil die Nähe zu „Jaws“ schon sehr offensichtlich ist. Die Plagiatsvorwürfe kommen also nicht von ungefähr. Italo-Fans können zumindest noch etwas mit dem leider wenig ausgeprägten Charme der Produktion anfangen, wohingegen der Rest wohl kaum die knapp 90 Minuten unbeschadet überstehen wird, sofern er nicht die Vorspultaste herauskramt. Castellari kopiert hier wirklich nur höchst ideenlos einen Meilenstein der Filmgeschichte und müht sich redlich mit seinen limitierten Mitteln und dem schwachen Drehbuch ein einigermaßen ansehnliches Endprodukt abzuliefern. Ganz klar einer seiner wenigen schwachen Filme, den man sich eigentlich nur als Komplettist gibt.Überraschungsfrei, fad und ohne Biss.