Einige ältere Zuschauer mögen sich vielleicht noch an den Schauspieler Kurt Schmidtchen erinnern. Das war der, der neben Didi Hallervorden in „Nonstop Nonsens“ mitwirkte und meistens den angenervt, aufbrausenden Zwerg spielte.
Klein war er zur Zeit seines Debüts natürlich auch schon und von daher war ihm die Rolle des tapferen Schneiderleins praktisch auf den Leib geschrieben.
Auf seinem Leib, in Form einer Schärpe, steht auch: Sieben auf einen Streich, - nachdem er sieben Fliegen erschlug und ein jeder dachte, es handele sich dabei um knallharte Kerle.
So zieht der Schneidergesell aus, um neue Abenteuer zu erleben und kommt schon bald am Hof des Königs Griesgram an, wo er gebeten wird, gegen die zwei Riesen-Brüder anzutreten, die regelmäßig die Gärten verwüsten.
Als Belohnung winken das halbe Königreich und die Prinzessin Liebreich, die nun mit allen Mitteln versucht, das tapfere Schneiderlein loszuwerden.
Die meisten DEFA-Märchenfilme zeichnen sich durch tolle Kostüme, bunte Requisiten und Theaterschauspieler mit sehr viel Sinn für Overacting aus, was hier alles recht bezeichnend zum Einsatz kommt.
Dabei hat man jedoch stets den Eindruck, einer Vorstellung auf der Waldbühne beizuwohnen, da sämtliche Naturkulissen durch billige Papp-Deko ersetzt werden, - ein nächtlicher Wald im Mondschein wirkt da wie die notgedrungene Ausstattung einer Kindergarten-Vorstellung.
Bei den Gegnern der Hauptfigur weicht die Gestaltung qualitativ arg voneinander ab. Während die beiden Riesen im Gesicht sehr gut übergekleistert wurden und die Maske stark zum Schmunzeln anregt, hat man beim Einhorn lediglich zwei Mitarbeiter unter ein Zottelfell gesteckt, bei dem sich das Horn wie eine lange Fleischwurst hin und her bewegt. Das Wildschwein wurde deutlich besser und physiognomisch erkennbarer ausgestattet, hat allerdings auch den kürzesten Auftritt.
Ganz im Mittelpunkt steht Kurt Schmidtchen und der wusste damals schon mit einer markanten One-Man-Show zu überzeugen. Mit lockerem Mundwerk, manchmal etwas deutlich mit Berliner Dialekt, hampelt er sich tollkühn durchs Geschehen und weiß den Charakter des eigentlich feigen, nach außen hin aber unerschrockenen Recken unterhaltsam zu veranschaulichen.
Phasenweise die einprägsame Titelmelodie pfeifend, versprüht er jede Menge Witz und gute Laune.
Leider trifft das nicht auf den kompletten Streifen zu, denn der zieht sich passagenweise doch reichlich in die Länge. Gerade bis zur Mitte des Geschehens ergeben sich zahlreiche Durchhänger, die das Gespür fürs Wesentliche stark vermissen lassen, was besonders bei der ersten Kontaktaufnahme mit den Riesen auffällt, aber auch der Empfang am Königshof weist einige unnötige Szenen auf.
Erst im letzten Drittel schreitet das Erzähltempo deutlich versierter voran und bringt die Konfrontationen mit den Gegnern knackig, aber kindgerecht auf den Punkt.
Wie sich da die Riesen gegenseitig die Pappmache-Steine an den Kopf ballern, entbehrt nicht einer gewissen Komik, das ist fast so anarchisch, wie sie in einer Szene zuvor aus ihrem Essens-Bottich die „Suppe“ schlürfen.
Ansonsten bildet diese Verfilmung der Grimm-Brothers gewiss nicht den besten Beitrag der DEFA-Studios, zumal die Vorlage geradezu nach einer wuchtigen Ausstattung schreit, die leider nur ansatzweise gegeben ist.
Die latente Note ist jedoch charmant, wie man es bei den üblichen Märchenverfilmungen der Truppe gewohnt ist, die Akteure sind voller Elan bei der Sache und dankenswerter Weise wird nicht einmal ein dummes Lied gesungen.
Und wer Kurt Schmidtchen einmal in jungen Jahren mit drahtiger Popper-Frisur einen Kirschbaum hochfliegen sehen möchte, sollte sich bedenkenlos zurücklehnen und berieseln lassen.
6,5 von 10