Review

TRAIN (TRAIN, USA 2008, Regie: Gideon Raff)
Eine Zugfahrt, die ist lustig – eine Zugfahrt, die ist schön…

Nach durchzechter Nacht trabt ein Grüppchen US-Ringkämpfer zu spät auf dem Bahnhof im osteuropäischen Nirgendwo an und muss nun mit samt schlecht gelauntem Coach nach alternativen Fahrtmöglichkeiten in Richtung Odessa Ausschau halten um dem bereits abgereistem Team hinterher zu eilen. Da trifft es sich gut, dass eine hilfsbereite Dame einen Zug kennt, der in eben dieser ukrainischen Stadt einen Haltepunkt hat. Eingestiegen, abgefahren, keine weiteren Fragen. Und so sitzt man nun in einem Zug, dessen letzter Wagon nur Schlafplätze für die ewige Ruhe bereithält…

Im Fahrwasser Zugwind von HOSTEL, SAW etc. hat es so manche skurrile Idee als Verpackung für perfide und detailliert inszenierte Tötungsmethoden leicht und kann sich eines Publikums sicher sein. Darum springt auch Regisseur Gideon Raff auf den Zug auf und präsentiert mit TRAIN eine Abwandlung von HOSTEL und TURISTAS, ohne sich jedoch trotz offensichtlicher Bezüge und Anleihen gänzlich auf das Abstellgleis zu befördern. TRAIN ist eine einfache Geschichte, die ihre Energie aus Unsicherheit und Xenophobie vor allem Osteuropäischem zieht und durch teils extrem detaillierte Abartigkeiten seine Rezipienten zu begeistern sucht. Und das funktioniert erstaunlich gut! Ein Team aus halbwegs glaubwürdigen und glaubwürdig spielenden Darstellern, der überwiegende Verzicht auf Stereotypen in der Opfergruppe (zumindest werden diese bewusst nicht benannt, auch wenn sie an Bord sind) und ein ausweglos düsteres Setting, dass sich mit hohem Tempo in Richtung Tod und Verderben bewegt, geben dem Film einen interessanten Anstrich, der sich zwar nicht von den Konventionen des Terrorfilms abhebt, aber der zumindest ausreichend Spannung generieren kann um den geneigten Horrorfreund bei der Stange zu halten. Vorsicht bei der Ausfahrt des Zuges!

Um diesen Film jedoch durchhalten zu können benötigt man ein dickes Fell! Selbstredend sollte man tolerieren können, dass in einem fahrenden, stark schaukelndem Zug in den unendlichen Weiten Russlands wohl kaum Herztransplantationen, Operationen am Auge und dergleichen mehr durchgeführt werden können. Dennoch scheint das Überleben zumindest der Patienten gewährleistet zu sein - Warnsignale ignorieren! Auch muss wieder einmal die diffamierende Akzeptanz der grausamen Geschehnisse durch die mitfahrenden Bewohner der Ostblockstaaten hingenommen werden, da dem Film sonst bereits auf der Metaebene eine gewisse Unerträglichkeit Inne wohnt – Ampel auf rot! Zuletzt sollte man bzgl. detailliert dargestellter Körperdestruktionen am (noch) lebenden Objekt einiges einstecken können, denn TRAIN geizt nicht mit Schauwerten aus dem Inneren des menschlichen Körpers – Ampel auf blutrot!

Was den Rezipienten mehrmals fragend zurücklassen dürfte ist die Tatsache, dass des Öfteren Freunde einfach im Stich gelassen werden um die Flucht antreten zu können und die eigene Haut zu retten. Warum fallen besonders diese Momente ins Gewicht? Ist der aufopferungsvolle Hechtsprung in Richtung des Killers nicht mehr realistisch? Wird die Ellenbogengesellschaft und die „Nach mir die Sintflut“-Mentalität als neuer Realitätsanspruch glaubwürdig? Eine Frage, die ich mir tatsächlich stellen musste! Nimmt man doch seit jeher den, durch (Horror-)Filme vermittelten, unbedingten Willen zur Rettung und Aufrechterhaltung der sozialen Einheit als gegeben hin. Und hier wird auffällig oft genau dies nicht getan. Hier flieht man solange die Möglichkeit da ist.

Und noch ein weiteres Detail ist recht auffällig: Zu den nahezu klassischen Motiven von Perversen, Kannibalen und pathologischen Killern gesellt sich nebst TURISTAS mit TRAIN ein weiterer Film, der für jeden viel und gern Reisenden mit panischer Angst vor dem Aufwachen in einer Badewanne voll Eis (und selbstredend Nieren-bereinigt) ein absoluter Albtraum sein sollte! Dies gilt zwar nur bedingt, da dem Metzger im Zug eine sichtbare Freude an der Arbeit nicht abgesprochen werden kann und da bereits das Intro einen barbarischen Akt jenseits irgendeiner medizinischen Notwendigkeit offenbart, jedoch reicht die Kenntnis von der Existenz eines Schwarzmarktes für Organe um bei TRAIN einen unangenehmen Grundtenor jenseits des „nur“ irren Killers empfinden zu können. Medizinerphobien und Xenophobie werden hier zu einem kruden Mix aus Blut, Panik und Hoffnungslosigkeit gebündelt – Eine recht unangenehme Mischung, die durchaus auf den Magen schlagen kann.

Als ernstzunehmender Film ist TRAIN ob der immensen Logikschwächen zwar ein Schuss in den Ofen und sollte mit maximal 3-4/10 Punkten bewertet werden, für Gorehounds und Freunde des TerrorKinos wird hier jedoch einiges an Schauwerten und Spannung geboten – ein Unterhaltungswert der etwas anderen Art ist folglich nicht abzusprechen: 6-7/10

Details
Ähnliche Filme