Eine amerikanische Ringermannschaft ist mit ihrem Coach in der Ukraine unterwegs, wo zu diesem Zeitpunkt einige bedeutende Wettkämpfe ausgetragen werden. Um zwischen all den Turnieren jedoch auch einmal etwas Spaß zu haben und einen Eindruck von der osteuropäischen Partyszene zu erhalten, stehlen sich die jungen Sportler Alex, Todd, Sheldon und Claire bei einem ihrer Zwischenstopps spät abends heimlich aus dem Hotel. Sehr zum Unmut ihres Trainers findet sich das Team am nächsten Morgen nicht nur verkatert, sondern auch reichlich verspätet am Bahnhof ein, weshalb sie den Anschlusszug nach Odessa verpassen. Die Amerikaner scheinen jedoch Glück im Unglück zu haben, als sie von einer Fremden in letzter Sekunde noch auf einen alternativen Zug geschleust werden, der ebenfalls nach Odessa fahren soll. Die anfängliche Erleichterung der jungen Leute soll allerdings schnell offenen Zweifeln über die Gefahrlosigkeit ihrer neuen Transportmöglichkeit weichen, als der Coach und Todd über Nacht plötzlich wie vom Erdboden verschwinden. Es dauert nicht lange, bis Alex und Co. erkennen müssen, dass sie sich im mobilen Schlachthaus brutaler Organhändler befinden, welche ihre unfreiwilligen Spender mit Vorliebe bei lebendigem Leib ausweiden. Auf sich alleine gestellt und ihren Verfolgern innerhalb des Zuges beinahe schutzlos ausgeliefert, wird die Fahrt für die verbliebenen Freunde zum blutigen Albtraum...
Was im Horrorgenre einmal erfolgreich funktioniert hat, wird für gewöhnlich so lange kopiert und ausgeschlachtet, bis sich auch der anspruchsloseste Gorebauer wieder an dem neuen Trend sattgesehen hat. So überrascht es beileibe nicht, dass sich der sogenannte Torture Porn auch Jahre nach Eli Roth's wegbereitendem Überraschungserfolg Hostel noch immer großer Beliebtheit erfreut und in Form einer Vielzahl mehr oder weniger gelungener Ableger nach wie vor seinen Weg in die hiesigen Videotheken findet. Angesichts immer grottiger werdender Low-Budget-Beiträge á la Sportkill oder Live Feed, sowie der inzwischen für sich selbst sprechenden Anzahl an Saw-Sequels steht es zwar außer Frage, dass das populäre Subgenre seinen Zenit langsam aber sicher überschritten hat, doch findet sich im drögen Folter-Einheitsbrei selbst jetzt noch der eine oder andere Streifen, der sich durchaus sehen lassen kann. Bei einer diesen positiven Abwechslungen handelt es sich um die amerikanische Gore-Keule Train aus dem Jahr 2008, welche neben einer ganzen Palette detailliert eingefangener Grausamkeiten außerdem noch mit einer kinotauglichen Inszenierung, sowie dem einen oder anderen bekannten Namen im Cast aufwarten kann. Zu Beginn noch als Remake des Beinahe-Klassikers Terror Train gedacht, entfernte sich Regisseur und Drehbuchautor Gideon Raff nach Produktionsstart recht schnell wieder von dieser Idee und ließ seine Schauspieler statt durch einen gruseligen Plot lieber durch literweise Kunstblut waten. Freunde der etwas härteren Gangart dürften es dem bislang eher unbeschriebenen Filmemacher letztendlich danken, handelt es sich bei Train doch ohne Frage um eine der kompromisslosesten Torture-Schlachtplatten seit geraumer Zeit.
Dessen wird der geneigte Genre-Enthusiast allerdings nur dann ansichtig werden, wenn er sich auch die ungeschnittene R-Rated Fassung des Films zu Gemüte führt, auf die der deutsche Zuschauer allerdings erwartungsgemäß wieder einmal verzichten muss. Gut 7 Minuten soll die für September angekündigte KJ-Fassung wohl an explizitem Material entbehren, was in Hinblick auf den Härtegrad des Films aber auch nicht anders zu erwarten war. Vor einer obligatorisch dünnen Alibi-Handlung versorgt Train das Splatter-Klientel ohne Frage mit einem beachtlichen Maß an Brutalitäten und Menschenverachtung, doch reicht das in diesem Fall auch über die gesamte Spieldauer von 90 Minuten für einen unterhaltsamen Höllenritt aus oder entgleist Raff's Folterzug bereits nach kurzer Zeit aus Mangel an anderweitiger Funktionalität? Nun, erstaunlicherweise scheint der Regisseur, auf dessen Konto bereits der Thriller The Killing Floor ging, seine Hausaufgaben gemacht zu haben, denn sowohl die Einführung der Charaktere, als auch der Aufbau von Stimmung und Atmosphäre gehen hier gekonnt vonstatten. Dass es sich bei den vorgestellten Opfern, Pardon, Protagonisten, um Ringer, anstatt wie üblich um eine Horde wildgewordener Hormonschleudern handelt, tut dem üblichen Klischeereigen jedoch keinerlei Abbruch. So muss hier mit den gewohnt flachen Dialogen ebenso gerechnet werden wie mit gängigem Alkoholmissbrauch und den typischen Beziehungskonstellationen, wenngleich die Charaktere hier ungleich charismatischer als in ähnlich gelagerten Produktionen daherkommen. Thora Birch, die den meisten wohl noch aus American Beauty oder The Hole in guter Erinnerung sein dürfte, gibt eine grundsolide und vor allem optisch reizvolle Darbietung als klassisches Final Girl, während sich auch der Rest des Casts in sichtbarer Spielfreude zeigt. Letzten Endes verschont zwar auch Train sein Publikum nicht vor den genrespezifisch blöden Verhaltensweisen seiner Protagonisten, doch hält einen dies nicht davon ab, mit eben diesen bis zuletzt mitzufiebern.
Einen großen Reiz macht derweil die noch recht unverbrauchte Kulisse eines in mörderischer Geschwindigkeit dahinrasenden Zuges aus, in dem sich dann auch der größte Teil des Films abspielt. Beklemmende Katz- und Mausspielchen und diverse Hetzjagden durch die engen und oftmals düsteren Abteils bereiten dabei immer wieder Freude und halten den Spannungsbogen des Films zunächst auch auf schweißtreibenden Ebenen. Obgleich Train ab einem gewissen Zeitpunkt konstant auf die Tube drückt und gegen Ende hin noch mit einem kleinen Szenariewechsel aufwartet, kommt das Geschehen allerdings nicht ohne vereinzelt langwierige Passagen daher, die wohl auch einer gewissen Vorhersehbarkeit geschuldet sein dürften. So versiert Gideon Raff auch mit manchen Versatzstücken des Genres umzugehen weiß, inhaltlich folgt sein Folterzug strikt den Vorgaben der bekannten Vorbilder und lässt sich dabei selbst keinerlei Rahmen für eigene Ideen. Das bedrohliche Ostblock-Szenario wirkt seltsam vertraut, während auch das Motiv des Organhandels nicht sehr tiefgehend behandelt wird und somit beliebig austauschbar wäre, doch zumindest Gore-Gourmeten werden angesichts des stets in nächster Nähe stehenden Kunstbluteimers wohl gerne über so manche Schwäche des Films hinwegsehen. Zuschauer, denen das Faible für härtere Gore-Kleckereien fehlt, werden Train hingegen wohl nur mit Mühe überstehen, ohne irgendwann wieder ihrer letzten Mahlzeit zu begegnen. Kastration, ein herausgerissenes Auge oder gar das Durchtrennen einer Wirbelsäule mit Hammer und Meißel sind dabei nur einige der brutalen Schauwerte, welche zudem fast ausnahmslos in Handarbeit entstanden und somit einen erfreulichen Kontrast zum aktuellen CGI-Trend im Horrorgenre bilden.
Angesichts des reinen Härtegrades lässt Train einen großen Teil der aktuellen Torture Porns alt aussehen, doch gerade diese Tatsache dürfte so manche Genrefans mit einer deutlich zu hohen Erwartungshaltung an das Werk herangehen lassen. Sicher, die Inszenierung ist versiert, der Spannungsbogen durchgehend erkennbar und Thora Birch in der Hauptrolle überzeugend wie eh und je, doch zeigt Gideon Raff hiermit letztendlich dennoch nur einen neuerlichen Aufguss dessen, was in den letzten Jahren auf ähnliche Art und Weise bereits unzählige Male zu sehen war. Train unterhält, schockiert und fesselt darüber hinaus trotz einiger Längen und unvermeidlicher Logiklücken aber durchaus annehmbar und kann somit noch guten Gewissens all jenen ans Herz gelegt werden, die Innovation als verzichtbar erachten und denen Hostel noch eine Spur zu lasch war.
6,5 von 10 Punkten.
Train
USA 2008, 90 Min.
Freigabe: Keine Jugendfreigabe (geschnittene Fassung)
Regie: Gideon Raff
Darsteller: Thora Birch, Ivan Barnev, Bolt Birch, Gideon Emery, Valentin Ganev, Todd Jensen, Derek Magyar, Nikolay Mutafchiev, Velislav Pavlov, Kavan Reece, Koyna Ruseva, Mike Straub