Schon lange vor der deutschen TV-Premiere von „24“ war ich sehr gespannt auf diese neue Serie aus den USA – und ich wurde nicht enttäuscht (höchstens von den nervigen Werbepausen und der nicht so ganz überzeugenden Synchronisationsarbeit bei einigen Charakteren ... aber der Kauf der britischen Box hat sich in diesen Punkten auf jeden Fall bezahlt gemacht = möglichst im englische Original genießen!)...
Ich kann schon einmal vorweg nehmen, dass „24“ auf jeden Fall die fesselndste Serie ist, die ich je gesehen habe – in dem Zusammenhang wurde in den Medien oft von „Suchtgefahr“ gesprochen, was hier aber auf jeden Fall zutrifft, denn Story und Figuren überzeugen einfach, der Spannungsbogen wird über die gesamten 24 Folgen aufrecht erhalten, und jede Folge wird am Ende mit einem guten Cliffhanger abgeschlossen, so dass man einfach weiterschauen (und mitfiebern) muss...
Serien mit einer sich über alle Folgen erstreckende Handlung gelten allgemein als Risiko, denn das Publikum ist meist nicht gewillt, über die Strecke von einer Staffel soviel Zeit und Aufmerksamkeit zu investieren („Twin Peaks“ von Kino-Magier David Lynch war da bislang die große Ausnahme).
Trotzdem wurde „24“ zu einem Erfolg, was vor allem an seinem innovativen Konzept und der konsequenten Umsetzung lag: Nicht nur, dass es nur eine durchgehende Handlung gibt, nein – sie wird auch noch in Echtzeit über die Länge eines Tages (= jede Folge also eine Stunde – Werbepause eingerechnet) präsentiert.
Viel über die Handlung sollte man nicht verraten, denn die immer wieder neuen Wendungen machen einen Großteil des Reizes aus:
Jack Bauer, Agent des C.T.U. (= „Counter Terrorist Unit“), wird in der Nacht davon in Kenntnis gesetzt, dass ein Anschlag auf den Senator David Palmer im Laufe der nächsten 24 Stunden verübt werden soll, denn es ist der Tag der amerikanischen „Primary“-Wahlen, und Palmer hat gute Chancen, später als erster Farbiger Präsident zu werden...
In Folge dessen Überschlagen sich die Ereignisse: Jacks Frau und Tochter werden entführt und als Druckmittel gegen ihn verwendet, die Gefahr von Verrätern in den eigenen Reihen beginnt sichtbar zu werden, Palmers Familie wird ebenfalls internen Zerreißproben ausgesetzt, und alle Fäden scheinen von einem gemeinsamen Ereignis in der Vergangenheit auszugehen, welches Bauer, Palmer und die Terroristen verbindet...
Was man nicht machen darf, ist die Serie nur auf ihr ungewöhnliches Format zu reduzieren, denn sie überzeugt auch inhaltlich und schauspielerisch:
Zu keiner Sekunde kommt Langeweile auf, denn es wird immer wieder zwischen den Parallelhandlungen hin und her gesprungen, wodurch sich auch dem Zuschauer immer neue Informationen auftun. Von der hier aufgebauten Spannung kann so mancher Kino-Thriller nur träumen. Die Handlung ist trotz der Beschränkung des einen Tages komplex und vielschichtig. Zwar gibt es ab und an kleine Logikfehler und geringfügige Irritationen wegen des Zeitfaktors – doch diese Elemente sind wirklich zu vernachlässigen.
Die Figuren sind (bis auf einige Randerscheinungen) gut gezeichnet worden und werden von ihren Darstellern glaubhaft mit Leben ausgefüllt:
Allen voran agieren Kiefer Sutherland („Flatliners“) und Dennis Haysbert („Heat“) einfach großartig – Sutherland bekam für seine Leistung gar den „Golden Globe“ als bester Hauptdarsteller einer Serie verliehen. Eine Entdeckung ist aber auch Elisha Cuthbert als Jack´s Tochter Kimberly – von ihr wird man in Zukunft sicher noch einiges hören...
Insgesamt ist die Besetzung sehr überzeugend zusammengestellt worden: Leslie Hope als Jack´s Frau und Sarah Clarke als Agentin Nina Myers fallen noch stark ins Gewicht, aber auch Darsteller wie Dennis Hopper (mal wieder als Bösewicht, aber das wie immer überzeugend), Xander Berkeley („Candyman“), Michael Massee („the Crow“), Penny Johnson Jerald, Carlos Bernard und Zach Grenier („Fight Club“) machen ihre Sache gut – zusätzlich gibt es noch einige nette Kurzauftritte, z.B. von Mia Kirshner („Crow 2“), Lou Diamond Phillips („Young Guns“) oder Rudolf Martin („Swordfish“).
Aber auch hinter der Kamera wurde ganze Arbeit geleistet: Top-Produzent Brian Grazer hatte sich dem Projekt angenommen, und als (Haupt-) Regisseur gewann man Stephen Hopkins („Predator 2“ / „Judgement Night“ / „the Ghost and the Darkness“ / „Under Suspicion“), der die meisten Folgen in Szene setzte und zusätzlich als „Co-Executive-Producer“ tätig war. Hopkins bringt einen interessanten und rasanten visuellen Stil ein, welcher die Wirkung der unter Zeitdruck stehenden Handlung würdig unterstreicht.
Bis zur letzten (konsequenten) Szene bleibt „24“ spannend und interessant – auf der DVD gibt es jedoch noch ein alternatives (Hollywood-) Ende, welches aber zum Glück nicht verwendet wurde, denn es hätte doch am Gesamteindruck gekratzt...
So aber bleibt ein hervorragender Gesamteindruck bestehen, welcher ungetrübt Lust auf mehr (also Staffel 2 und 3) macht!
Ich gebe „24“ (Staffel 1) somit (nach Serien-Maßstab) glatte 10 von 10!!!
Schön, dass es noch solch Juwele in der heutigen Fernsehlandschaft gibt – vielleicht kommen nun mehr Produzenten und Sender mal auf die Idee, ruhig auch mal auf neue, innovative und risikoreichere Formate zu setzen...
Nachtrag (zur zweiten Staffel von „24“) :
Die nächsten 24 Folgen der Serie setzen rund 10 Monate nach den Geschehnissen ein – ein Terroranschlag mit einer Atombombe auf amerikanischem Gebiet könnte durch Informationsmanipulationen und hochrangigen Verschwörungsvorgängen bis ins Weiße Haus hinein zum Dritten Weltkrieg führen, sofern Jack Bauer nicht die nötigen Beweise liefern kann ...
Ich möchte an dieser Stelle weder etwas über die Figuren noch bezüglich der weiteren und genaueren Handlung verraten, denn das wären auf jeden Fall Spoiler (...auch für die, die die erste Staffel noch nicht gesehen haben und deren Ausgang nicht kennen...).
Die Story zieht hier noch weitere Kreise, doch es geht noch immer hauptsächlich um Jack Bauer und seine Ermittlungen. Die Spannung wird (wie schon in Staffel 1) kontinuierlich gehalten, aber insgesamt bleibt „Season 2“ etwas hinter dem Original zurück – trotzdem gehört das Gebotene eindeutig zu den besten Serien, welche in letzter Zeit produziert wurden (daher „nur“ 9 von 10).
Es wäre schön gewesen, wenn Regisseur Stephen Hopkins auch an dieser Staffel mitgearbeitet hätte – vielleicht hätte das das Potential noch weiter ausschöpfen können, denn die Story ist zwar hervorragend (vielleicht noch besser als im Original), doch kleine „Schönheitsfehler“ fallen schon etwas ins Auge, auch wenn sie nicht wirklich stören – beispielsweise ist Kim eigentlich (mal wieder) die ganze Zeit auf der Flucht und stolpert von einer Extremsituation in die nächste, oder Jack ist nach harter Folter zwar angeschlagen, aber doch auf Dauer trotz Folgeerscheinungen überraschend fit...
Ansonsten ist die Besetzung schauspielerisch wieder sehr gut (alte Bekannte und überraschende „Wiederkehrer“ (von den man nicht gedacht hätte, sie wieder zu sehen) inklusive). Wichtigster Neuzugang ist eine weitere starke weibliche Hauptperson, gespielt von Sarah Wynter („the 6th Day“), und auch dieses Mal gibt es interessante Kurzauftritte, zum Beispiel von Gregg Henry („Femme Fatale“), Thomas Kretschmann („Blade 2“), Michelle Forbes („Kalifornia“) oder Laura Harris („Faculty“).
Fazit:
Spannende 2.Staffel mit aktueller Handlung und einem erneuten überraschenden Finale (wieder in der letzten Sekunde – auf eine (aus „Season1“) bekannte Nebenfigur achten) = hervorragende TV-Unterhaltung, ebenfalls wieder mit hohem Sucht-Faktor = 9 von 10.