Vielleicht war es als eine Art Portfolio-Erweiterung gedacht, als Jerry Bruckheimer, Spezialist für Actionkracher und Eventfilme, anno 2009 die Bestseller-Verfilmung „Shopaholic“ produzierte, neben „Coyote Ugly“ einer seiner wenigen Ausflüge ins RomCom-Genre.
Doch während letzterer, vereinfacht gesprochen, mit einer Traumerfüllungs- und Lovestory die Damenwelt ansprach, mit den tanzenden Mädels die Herren, da ist „Shopaholic“ größtenteils für ein Publikum mit Doppel-X-Chromosom konzipiert. Protagonistin und Off-Erzählerin Rebecca Bloomwood (Isla Fisher) lebt dementsprechend als junge Erwachsene den Traum in Pink, der ihr als kleines Mädchen stets verwehrt blieb, als Mutti ihr die praktischen, haltbaren und eher unansehnlichen Klamotten kaufte. Nun bezahlt sie ihre Shoppingtouren mit den vermeintlich magischen Kreditkarten, für die man noch nicht mal Geld in der Tasche haben muss. Wobei schnell klar ist, dass dies ironisch zu sehen ist, denn nicht umsonst bezeichnet der Filmtitel seine Protagonistin als Suchtkranke.
So wird es für Rebecca langsam eng: Ihre Ausgaben übersteigen ihre Einnahmen als Journalistin für ein Gartenmagazin, die Schuldeneintreiber hält sie sich mit immer wilderen Ausreden vom Leib und sie ist immer mehr auf den guten Willen ihrer beste Freundin Suze (Krysten Ritter) angewiesen, die ihr manchmal die Miete in ihrer WG erlässt. Am liebsten würde Rebecca für das Modemagazin „Alette“ schreiben, doch eine offene Stelle dort ist schneller gefüllt als sie zum Vorstellungsgespräch kommen kann. Durch einen netten Pförtner erfährt sie, dass im gleichen Medienhaus noch jemand für „Successful Saving“ gesucht wird, doch auch dieses Interview mit Dreamboy-Chefredakteur Luke Brandon (Hugh Dancy) versaubeutelt die in Finanzfragen eher unbedarfte Journalistin nach allen Regeln der Kunst.
Als ein Bewerbungsartikel, in dem sie den Schuhkauf als Investment beschreibt, jedoch versehentlich nicht bei „Alette“, sondern bei „Successful Saving“ landet, gibt Luke ihr eine zweite Chance. Tatsächlich kommt Rebeccas verständliche Schreibe an, auch wenn sie eigentlich die letzte Person ist, die Finanz- und Spartipps geben sollte…
Eine Hauptfigur, die Wasser predigt und Wein säuft, das klingt doch nach einer starken Ausgangssituation für eine Komödie. Dummerweise scheinen das weder Regisseur P.J. Hogan noch das Drehbuch-Trio Tracey Jackson, Tim Firth und Kayla Alpert begriffen zu haben. So erfährt das Publikum quasi nichts über den Inhalt von Rebeccas Kolumnen, die sie unter dem Pseudonym „The Girl with the Green Scarf“ schreibt, lediglich den Titel und die begeisterten Reaktionen. An dieser Stelle wechselt der Film dann auch vom Märchenhaften ins komplett Unglaubwürdige, wenn die Protagonistin – so erscheint es zumindest – mit einem einzigen Text zur allseits geliebten Starautorin des Magazins wird: Der Konzernchef Edgar West (John Lithgow) ordert gleich einen Extrapacken Magazine, das einfache Volk versteht sich durch Rebeccas verständliche Sprache gleich besser in Finanzfragen und neue Märkte in Asien und Co. erobert sie damit auch noch. So bleibt der Gegensatz vom umsichtigen „Girl in the Green Scarf“ und der shoppingsüchtigen Rebecca nur ein behaupteter, den man Suze explizit in den Mund legen muss, denn von der Kolumnistin sieht man wenig, von der Kaufsüchtigen umso mehr.
So wird das durchaus reale Problem der schleichenden Verschuldung durch Kreditkarten und Ratenzahlungen hier in erster Linie als Vehikel für ein paar Gags gebraucht – etwas ernster wird es nur kurz vor Schluss, wenn sich Rebecca ihr Problem tatsächlich mal eingesteht. Dann kommen der Film und seine Hauptfigur auch erstmals auf den Trichter, dass man Schulden dadurch abtragen kann, dass man Besitztümer verkauft. Natürlich könnte man argumentieren, dass Rebeccas Suchtverhalten ihr das zuvor unmöglich machte, aber wieder ist dies etwas, dass der Film nicht zeigt. Er zeigt lediglich ihre Unfähigkeit Zeug wegzuschmeißen, als sie den entsprechenden Rat in seinem Selbsthilfevideo für Kaufsüchtige sieht. Das erlaubt immerhin einen Gastauftritt von Ed Helms, kurz vor seinem „Hangover“-Durchbruch, ist aber insofern Banane, da eine verschuldete Person lieber nichts wegwerfen sollte, was sie im Notfall noch zu Geld machen kann. Aber mit Nachvollziehbarkeit hat der Film eben nicht viel am Hut.
So läuft dann auch die obligatorische Liebesgeschichte zwischen Rebecca und Luke ebenso keimfrei wie vorsehbar auf, dass der Film noch nicht mal ernsthafte Hindernisse in den Weg räumt. Die intrigante Nebenbuhlerin Alica Billington (Leslie Bibb) will sich Luke zwar krallen, der fällt scheinbar auf die langbeinige Schönheit hinein, nur um zwei Szenen später aus heiterem Himmel zu sagen, dass die eiskalte Zicke nicht seine Freundin sei. Wenig nachvollziehbar bleibt auch, warum Rebecca mit ihren immer dreisteren Ausreden (Tante bei Fallschirmunfall verstorben etc.) so lange durchkommt und alle angeblich so smarten Figuren immer wieder darauf reinfallen. Da findet der Schuldeneintreiber Derek Smeath (Robert Stanton) problemlos heraus, wo sie arbeitet und wo sie wohnt, braucht aber einen Extratipp, um herauszufinden, wenn Rebecca in einer Fernsehshow auftritt? Dass sie sich Derek bei der Arbeit vom Leib hält, indem sie ihn als Stalker und Ex-Freund bezeichnet, funktioniert wenigstens noch einigermaßen, obwohl man sich fragen muss, warum der sonst so aufgeweckte Luke dies nicht durchschaut.
Dass die Romanze der beiden trotzdem einigermaßen funktioniert, liegt aber der Chemie zwischen Isla Fisher und Hugh Dancy: Wenn die beiden sich necken, miteinander flirten oder eine flotte Sohle aufs Parkett legen, dann vergisst man zumindest phasenweise, wie konstruiert und unglaubwürdig das ganze Drumherum ist. Sowieso: In Sachen Casting lässt sich „Shopaholic“ nicht lumpen und fährt jede Menge Prominenz für Nebenrollen auf. Darunter sind Joan Cusack und John Goodman als Rebeccas Eltern, Kristin Scott Thomas als herrlich verschrobene „Aletta“-Chefin, John Lithgow als väterlicher Konzernchef, Leslie Bibb als bitchige Rivalin und Lynn Redgrave, die sich als betrunkener Partygast in einer Szene zum Affen macht. Starke Eindrücke hinterlassen auch Krysten Ritter als gutherzige beste Freundin und Robert Stanton als süffisanter Schuldeneintreiber, während es weitere bekannte Gesichter wie Lennon Parham und John Salley in der Shopaholic-Selbsthilfegruppe zu sehen gibt.
Denn „Shopaholic“ möchte dies als Problem zeigen, dass auch das männliche Geschlecht betreffen kann, auch wenn – was vermutlich realistisch ist – in der Selbsthilfegruppe mehr Frauen sitzen. Auch der gern geäußerte Vorwurf, dass Hogans Film Frauen nur als kaufsüchtige Dummchen zeigt, die entweder die Gucci-Tasche, den Märchenprinzen oder beides wollen, ist letzten Endes falsch. Schließlich erweist sich Suze als vielleicht vernünftigste Figur, die mit Rebecca deren Budget durchrechnet, sie in Notzeiten unterstützt, aber auch kein Problem damit hat ihr die harten Wahrheiten ins Gesicht zu sagen. Als ernsthafter Debattenbeitrag zum Thema Kaufsucht taugt „Shopaholic“ dennoch nicht, denn dafür sind die propagierten Lösungen zu simpel und die Selbsthilfegruppe ist eher als Fundgrube für Gags gedacht.
Nur ist „Shopaholic“ auch kein Film, der seine Schwächen in Sachen Story und Figuren durch komödiantische Höhenflüge wettmachen könnte. Die meisten Gags sind grober Slapstick, bei dem es für Rebecca in der Regel peinlich, fürs Publikum aber selten lustig wird. Es gibt hin und wieder einen pfiffigen Dialog („I didn’t know that you could speak Prada“), einige gute Gags auf Kosten der Nebenfiguren (etwa in der Szene mit Aletta und dem Kuchenstück) und hin und wieder nette visuelle Gags, wenn die Schaufensterpuppen zum Leben erwachen und Rebecca zum Konsum ermuntern wollen. In diesen Momenten zeigt sich, ähnlich wie im pointierten Eröffnungsmonolog, was man aus dem Stoff hätte machen können. In den meisten anderen Szenen zeigt sich jedoch, was stattdessen daraus geworden ist.
So können auch eine starke Besetzung und einzelne nette Gags „Shopaholic“ nicht vor seinen unübersehbaren Defiziten in Sachen Story, Dramaturgie und Figuren retten. Vieles ist so wenig nachvollziehbar, dass man es auch nicht mit den märchenhaften Elementen einer RomCom entschuldigen kann, zumal die Witze oft fad sind und die Romanze mit wenig Esprit nach Schema F abläuft. Es ist kein Wunder, dass Bruckheimer sich danach nicht als neuer RomCom-Zampano etablieren wollte.