Herr Sasaki (Teruyuki Kagawa) ist in der Verwaltung einer größeren Tokioter Firma beschäftigt. Aufgrund von Einsparungsmaßnahmen (ein Teil der Verwaltung wird nach China ausgelagert) verliert er von einem Tag auf den anderen seinen Job. Aus Scham und Angst verschweigt er seiner Familie seine Arbeitslosigkeit. Er geht wie gewohnt jeden Tag aus dem Haus, nur um den Tag zu vergammeln und bei einer Armenküche zu essen. Dort trifft er einen Ex-Kollegen, der dieses Spiel gegenüber seiner Familie schon seit 3 Monaten spielt. Von ihm bekommt Sasaki sogar noch einige Tricks mit, so dass man am Handy einen automatischen Klingelmechanismus aktivieren kann, der Außenstehende glauben lässt, dass man angerufen wird.
Auch zu Hause läuft nicht alles rund: sein ältester Sohn studiert intensiv und ist nie zu Hause und überrascht seine Eltern schließlich mit dem Plan, freiwillig der US-Armee beizutreten und im Irak zu kämpfen. Der jüngste Sohn ist rebellisch in der Schule und fängt heimlich mit Pianostunden(!) an, obwohl sein Vater dies ausdrücklich verbietet. Er bezahlt sie mit dem Essensgeld für die Schule. Die Mutter schließlich hält den "Laden" irgendwie zusammen, ahnt sehr bald, was für ein Spiel ihr Mann treibt und versucht, ihre Söhne zu verstehen bzw. zu unterstützen.
Dieses Kartenhaus einer vermeintlich normalen Familie fällt jedoch immer weiter auseinander, bis zu einem Ende, das man wohl so nicht erwartet hat.
Ich kannte Regisseur Kiyoshi Kurosawa wie wohl die Meisten nur als Regisseur von z. T. großartigen Horrorfilmen wie "Seance", "Cure" oder "Retribution". Seinen mit Preisen und Lob überschütteten Film "Tokyo Sonata" habe ich letztens eher zufällig billig im Ausland erworben und hatte, nach Sichtung des Covertexts, eher ein sehr düsteres Sozialdrama erwartet. Aber "Tokyo Sonata" ist, obwohl es z. T. quälend genau den Zerfall der Familie Sasaki zeigt, nahezu nie langweilig und hat in einige Szenen einen großartigen, absurden Humor, der das Gesehene geradezu ironisiert. Allerdings werden die Figuren nie ins Lächerliche gezogen oder diffamiert, im Gegenteil: gerade bei der Hauptfigur, dem Vater, schwankte ich zwischen großen Mitleid und Abscheu, v. a. als er gegenüber dem Jüngsten handgreiflich wird, weil er seine Autorität gefährdet sieht. Der Vater droht an der Scham regelrecht zu zerbrechen. Am Anfang lehnt er noch Jobs, die scheinbar unter seiner Würde und Qualifikation sind, ab, um dann später bizarre Vorstellungsgespräche mit Karaoke-Einlagen zu absolvieren oder dann eben doch einen Job als Reinigungskraft anzunehmen. Auch die Mutter, die zunächst wie die klassische japanische Hausfrau und Dienerin der Familie wirkt, hat ihren Ausbruchsmoment aus dem Alltag. Der Jobverlust des Vaters führt nicht nur in die Depression, sondern zeigt auch drastisch, welche Kommunikationslosigkeit in dieser Familie herrscht, die äußerlich so konform zu sein schien.
Als besonders gelungen empfand ich das Ende, das definitiv nicht meinen Erwartungen entsprach, mich aber nicht enttäuschte.
Ich fand Kiyoshi Kurosawas Film als ziemlich gelungenen Ausbruch aus seiner Horrorschiene und bei ihm kann man definitiv nicht den blöden Spruch von dem Schuster und seinen Leisten sagen. Trotz einiger winziger Abstriche beim Tempo im letzten Drittel ein ziemlich lohnender Film.