Die direkte Fortsetzung von "Casino Royale" setzt quasi ein paar Minuten nach dessen Ende an. Und schon in diesen ersten Szenen, in einer eigentlich wuchtig inszenierten Verfolgungsjagd als obligatorischem Opener, zeigt sich ein gravierendes Problem von Craigs zweitem Auftritt als britischem Agenten.
"Quantum" ist derart rasant geschnitten, dass es einen aus dem Sitz haut - doch nicht unbedingt vor Freude. An Übersicht ist oft nicht zu denken; Regisseur Marc Forster hetzt den souverän spielenden Hauptdarsteller von einer Actionszene in die Nächste. Der Plot, der mit Ian Flemings titelgebender Kurzgeschichte "Quantum of solace" so gut wie nichts zu tun hat, besitzt als Fortführung der Geschehnisse nicht die Sogwirkung wie "Casino Royale", kann aber doch mit sehenswerten Szenen aufwarten - diese drehen sich oft um Bonds gebrochenes Herz und der Rachelust, die ihn antreibt. Immer wieder werden Verlust, Vertrauen und Verrat thematisiert, untermalt vom entsprechenden musikalischen Thema.
Einige Darsteller aus dem Vorgänger spielen auch wieder auf; die Kontinuität ist greifbar und so wirkt "Quantum" wie ein überlanger Showdown seines Vorgängers. Krawall gibt es zuhauf, er gibt sich abwechslungsreich und intensiv, büßt aber durch den Stakkatoschnitt à la Jason Bourne an Qualität ein. Schade, denn viele kleine Ideen laufen Gefahr, unterzugehen - Blickwinkel, Effekte, Kamerafahrten hätten mit einer ruhigeren Hand noch eindrucksvoller gestaltet werden können. Überhaupt lässt die Geschichte aufregende Wendungen vermissen, wirkt trotz ihrer nicht gerade überbordenden Tiefe gehetzt. "Quantum" ist der mit 106 Minuten Spielzeit kürzeste Bond-Film.
Auf Gadgets wird hier komplett verzichtet, die Damen hinterlassen mit Olga Kurylenko (Camille) und Gemma Arterton (Fields) keinen nachhaltigen Eindruck. Zwiespältig bleibt die Rolle des Dominic Greene, gespielt von Mathieu Amalric. Von schmierig bis irre, aber auch austauschbar und vom Charisma eines Le Chiffre weit entfernt. Der von Jack White und Alicia Keys beigesteuerte Titelsong wäre in "Moulin Rouge" gut aufgehoben gewesen. Für einen Bond ist der Song nicht die beste Wahl, für den passenden Soundtrack wurde wieder David Arnold verpflichtet.
Was "Quantum" noch zu einem guten Bond-Film macht, ist zum einen Daniel Craig. Sicher, die Darsteller des Agenten sind immer Geschmackssache, aber der Brite scheint für die Rolle wie gemacht. Weiterhin besitzt das Werk keine Längen, bietet die gewohnte optische Abwechslung in Form der Drehorte (Haiti, Italien, Österreich, Südamerika), hat eine grimmige, teils rabiate Grundstimmung und immer wieder geschliffene Dialoge inklusive einiger politischer Spitzen.
Mit einer ausbalancierten Inszenierung hätte "Ein Quantum Trost" ein würdiger Nachfolger werden können. So bleibt er ein hektischer Kracher, der nicht vollends befriedigt, aber genug bietet, um nicht zu verärgern.