Mein Name ist Bourne...James Bourne!
So oder ähnlich könnte man über „Ein Quantum Trost“ titeln, den Nachfolger zu dem Bond-Reboot, der mit der Person Daniel Craig und dem Film „Casino Royale“ seinen Anfang gefunden hatte.
Doch während „Casino“ noch frischen, realistischen und harten Wind ins erschlaffte Bond-Genre brachte, macht Marc Foster mit Paul Haggis erstem Bondismus-Drehbuch-Versuch leider so ziemlich alles falsch, was man mit dem Potential anstellen konnte.
Mit 102 Minuten der kürzeste Bond aller Zeiten, ist auch deutlich zu sehen, woran das liegt.
Schneller, höher, weiter – das olympische Prinzip scheint auf die Leinwand übertragen worden zu sein, denn Foster läßt seine Schnittabteilung den ganzen Film so hektisch und schnell zusammenkleben, daß man alle anderthalb Sekunden den Fokus ändern muß, bei Actionszenen sogar noch öfters.
Die schnellen Schnittfolgen sind seit der Bourne-Trilogie mit Matt Damon ja „state of the art“, nur lebt Bond auch immer ein wenig von der Erlesenheit und Dekadenz, dem Ausbreiten edler Tableaus und schicker Schauplätze, unter dem das Laster und das Böse um die Weltherrschaft pokern.
Davon ist hier nichts zu sehen – Foster peitscht den Film dermaßen schnell durch eine Actionsequenz nach dem anderen, als wolle er sich der Ehre als Pflichtaufgabe so schnell wie möglich entledigen. Sei es nun Frankreich, Haiti, Österreich oder Bolivien, stets geht es brachial schnell und hyperrealistisch zur Sache, die epische Breite, die der Zerstörungslust bei 007 stets vorangeht, ist leider in keiner Szene zu spüren.
Am Auffälligsten ist das bei der Sequenz auf der Bregenzer Seebühne, wo ein Gefecht und eine Verschwörung gegen die Aufführung von Puccinis „Tosca“ geschnitten wird und was nach einem eleganten Ballett des Todes verlangt hätte, wird zu einem unübersichtlichen Stummfilm, der nachgerade beweist, wie rendundant der Plot rund um die Verbrecherorganisation „Quantum“ (der einzige schwache Bezug zum Titel) ist, so schnell wird der hier abgefrühstückt.
Wie überhaupt hier mit dem sonst so gut dekorierten Gut/Böse-Schema gehadert wird, denn Quantum als modernes Wirtschaftskonglomerat (anders ist es uns noch nicht präsentiert worden) ist als „Gegner“ nicht recht faßbar und bleibt diffus, Bonds Gegenspieler im Gestalt des sehr kleinen Franzosen Mathieu Amalric bleibt ein Niemand und kann dem Superagenten qualitativ nicht mal ans Knie reichen.
Und so fehlt es an allem, was die Franchise ausgemacht hat (wieder keine großen Gadgets, kein Q, kein Moneypenny), stattdessen wird’s immer dann einfallslos peinlich, wenn man sich an Bezügen zu älteren Serienbeiträgen versucht: Gemma Artertons Rollenname „Strawberry Fields“ war wohl so albern-doof, daß man ihn im Film gar nicht erfährt, ihr Tod ist eine einfallslose und im übrigen bezugslose Anspielung auf Shirley Eatons Schicksal aus „Goldfinger“ und Judy Dench kann sich als „M“ auch nie entscheiden, ob sie nun mitziehen oder gegen Bond vorgehen soll, weswegen sie auch innerhalb einer Filmminute öfters mal die Vorgehensweise wechselt.
Als Mädel der Woche fällt Olga Kurylenko endlich mal nicht unangenehm auf, aber es mangelt ansonsten breitflächig an markanten Gesichtern. Bonds Gegner oder Angreifer sind so austauschbar geworden (und so schnell und einfallsarm tot), daß man sie öfters im hektischen Nahkampf mit ihm verwechselt, im Fokus steht einzig und allein der Hauptdarsteller, nicht mal einen ordentlichen Henchman gibt es zur Freude der Fans.
Dafür eine gute Verfolgungsjagd über und durch diverse Gebäude in einer italienischen Stadt, die allerdings auch mit der Dampframme durchgeführt wird und der finale (und sehr reizvolle) Drahtseilakt in einer Kirche total unübersichtlich gerät, was ein Spannungskunstwerk hätte werden können.
Craig selbst ist sich aus „Casino“ treu geblieben, aber er wirkt so kalt und unnahbar, daß er schon arrogant erscheint und wenn er dann mal auf Bettgeschichte oder verbalen Joke umstellt, dem Publikum fast fremd wirkt.
Mag es auch überhastet scheinen, aber „Bond“ braucht schon wieder einen Reboot und jetzt wirklich einen mit älteren Stammzellen: einen Bond will man genießen, während man mitfiebert; man will sich und seine Erfahrungen mit Bond darin wiedererkennen und man will seinen Spaß haben, statt nur ausgepumpt und überreizt überfahren zu werden und atemlos das Kino zu verlassen.
Hier gibt es keine Identifikationsflächen mehr, sogar die Pausen zwischen der Action haben Telegrammstil und der Plot ist so spitzfindig eckig, daß er einem mehrfach entgleitet.
Sicher: eine solide Produktion und teuer obendrein, aber herausgekommen ist nur Mittelmaß, für das sich die Jugendlichen wegen des Speeds sicher erwärmen konnten, die älteren Bondfans aber nicht von einem typischen, beliebigen Actionfilm unterscheiden können. (5/10)