Der neue Bond ist da, und damit auch wieder die Stimmen, die Daniel Craig seine Bond-Existenz absprechen wollen. Zu unwirsch, zu wenig Charme und auch noch blond... Na, das geht ja gar nicht. Wenn denn beim neuen Bond-Abenteuer nur Daniel Craig als vermeintlich falscher Darsteller Grund zur Besorgnis geben würde, wäre ja eh alles eitel Wonne. Nur die üblichen Schreihälse, die jede Weiterentwicklung des Franchise als Todsünde ansehen. Als geneigter Bond- und auch Craig-Fan kann man da nur sagen: lass sie raunzen. Nur "Quantum of Solace" ist dennoch alles andere als eine runde Sache, und das liegt sicherlich nicht an seinem Hauptdarsteller. Man hätte ja bereits ein wenig stutzig werden sollen, als Marc Forster für die Regie verpflichtet worden ist. Forster, eher dem Dramenfach zugeordnet, hat mit unterdurchschnittlicher Kost wie "Monster's Ball" und mittelprächtigen bis belanglosen Rührstücken wie "Finding Neverland" auf sich aufmerksam gemacht. Warum gerade er zu diesem Projekt gekommen ist, bleibt ein Rätsel. Aber ich will diese Entscheidung nicht weiter kritisieren, steht sie doch auch für den neuen und längst überfälligen risikofreudigen Weg der seit "Casino Royale" eingeschlagen wurde. Und es hätte ja sein können, dass ein so gegen den Strich besetzter Regisseur ein wenig frischen Wind in die Reihe gebracht hätte.
Frischer Wind wurde ja eigentlich schon durch Martin Campbell's Vorgänger in die Reihe geblasen. Klar, Bond stand nie für revolutionäre Erneuerungen des Genres, in den besten Fällen sprang man auf gerade startende Trends auf und hielt somit die Reihe am Leben. So auch "Casino Royale". Nach dem für viele überraschenden Erfolg von "The Bourne Identity" und "The Bourne Supremacy", der dem Actiongenre nach den immer ausufernderen Comicverfilmungen seine physikalische Kraft und Spürbarkeit zurückgab, setzte man klugerweise auf genau diese Karte und fuhr sehr gut damit. Martin Campbell setzte den von Paul Greengrass perfektionierten Stil ein wenig dezenter und vorsichtiger ein, aber in den Actionszenen von "Casino Royale" ist deutlich dessen Einfluss zu spüren.
Nun, "Quantum of Solace" setzt gerade da an, wo "Casino Royale" geendet hat. Wir beginnen gleich mit einer mörderischen Verfolgungsjagd zwischen Bond und einigen bösen Jungs. Schnelle Schnitte, eine stets in Bewegung gehaltene Kamera und viele Detailaufnahmen. Kennt man alles aus der Bourne-Trilogie möchte man meinen, nur hier wird klar, wie unglaublich schwer dieses Stilelement zu bedienen ist. Bei aller Hektik und Rasanz verlor man bei Bourne so gut wie nie die Übersicht und arbeitete fast schon auf einer suggestiven Ebene. Anders bei "Quantum of Solace", auch wenn die Bilder stets Professionalität besitzen, wirken sie plump und unpräzise eingesetzt. Die Übersicht verliert man hier zwar auch eher selten, aber durch den ungenauen Einsatz diese Stilmittels kommt schnell ein Gefühl von Beliebigkeit hoch und damit eine dramaturgielose Aneinanderreihung von mehr oder minder kreativen Actionszenen. Der wohl größte Unterschied zu "Casino Royale" wird deutlich, wenn nach dem Kinobesuch keine Actionszene präzise im Gedächtnis geblieben ist. Seltsam Höhepunktlos sind hier die Szenen aneinandergereiht. Es ist zwar stets laut und temporeich aber Dramaturgie oder gar dramaturgische Höhepunkte sucht man hier leider vergebens.
Die besten Szenen sind - wer hätte es gedacht - in den ruhigeren Momenten zu finden. Etwa wenn sich Bond und Mathis (Giancarlo Giannini) wieder begegnen und sich im Flugzeug angenehm offen unterhalten. Das Drehbuch selbst bzw. die Dialoge sind durchaus als gelungen zu bezeichnen, kein Wunder, hat sich auch hier wieder Paul Haggis dafür verantwortlich gezeigt. Auch die Figur Felix Leiter hat wieder ihre Auftritte und kann sich ein wenig vom bloßen Stichwortgeber, der er noch im Vorgänger war, abheben. Doch, und hier muss man wieder Marc Forster kritisieren, die eigentlich recht simple Handlung gerät teilweise völlig aus den Fugen. Ein unvermittelter und spontaner Location-Wechsel folgt auf den nächsten und man muss sich schon sehr konzentrieren um hier noch die Übersicht zu behalten. Meist ist man damit beschäftigt einen Zusammenhang zwischen den vielen Ortswechseln herzustellen oder sich zu fragen, wer jetzt nochmal der ist und warum er gerade gegen jenen kämpft. Die verkrampfte Verkomplizierung oder schlicht, die ungelenke Inszenierung von Forster macht damit auch das größte Problem des Filmes aus.
Alles in allem muss man hier nach dem exzellenten "Casino Royale" leider von einer mittelschweren Enttäuschung sprechen. Natürlich hat der Film dennoch einige gelungene Momente, etwa die Goldfinger-Hommage, die gut bis sehr guten Schauspieler oder der brachiale Kampf in einem Hotelzimmer etwa in der Mitte des Films. Das sind aber maximal nette Randerscheinungen die den Film aus seiner orientierungslosen und oft schlicht katastrophalen Regie nicht retten können Auch scheitert er an der zwar handwerklich perfekten Schnitt.- bzw. Kameratechnik aber schließlich ungewandten bis plumpen Einsetzung von Forster. "Quantum of Solace" ist weit davon entfernt zum Bodensatz der Bondreihe zu zählen, unterirdische Bereiche wie seinerzeit "Die another Day" werden glücklicherweise nicht beschritten. Dennoch wird man ihn eher, als einen zwar ambitionierten, deutlich im Fahrwasser der Bourne-Trilogie kurvenden aber letztlich doch mittelmäßigen Vertreter der Bondreihe sehen.