Bondfilme griffen immer mal wieder Elemente aus den Vorgängern auf, meist durch wiederkehrende Figuren, doch „Quantum of Solace“ ist erstmals fast eine Art direkte Fortsetzung innerhalb der Serie.
Schon die Verfolgungsjagd zum Auftakt schließt quasi direkt an „Casino Royale“ an, wie man an deren Ende merkt: Im Kofferraum des Autos von James Bond (Daniel Craig) liegt der in der Endsequenz des Vorgängers gestellte Hintermann. Atemlos geht es jedoch weiter, der Gefangene wird von seiner Organisation befreit, ehe man ihn ausfragen kann, es folgt die nächste Actionsequenz, womit „Quantum of Solace“ einen beeindruckenden Start in den Film hinlegt (ähnlich wie „Casino Royale“).
Dazwischen muss man noch den relativ schlechten Titelsong von Jack White und Alicia Keyes ertragen, doch das hält den Film nur marginal auf. M (Judi Dench) schickt Bond auf die Bahamas, wo man eine erste Spur gefunden hat. Dort trifft 007 auf Dominic Greene (Mathieu Amalric) sowie geheimnisvolle Camille (Olga Kurylenko), die eine Art Maulwurf in dessen Organisation darstellt. Damit wären Antagonist und Bondgirl etabliert, letztere mal wieder in einer erfreulich resoluten Rolle, wie es die Protagonistinnen der meisten Bondfilme ab „Lizenz zum Töten“ waren.
Bond und Camille müssen feststellen, dass sie beide von persönlichen Rachegedanken getrieben werden und dass ihre Zielpersonen mit Greene in Verbindung stehen. Gleichzeitig müssen sie doch den perfiden Plan des globalen Ökoterroristen durchkreuzen...
Nachdem „Casino Royale“ was Fieslingsmotivationen anging eher auf dem Teppich blieb, so ist er in „Quantum of Solace“ wieder da, der Überschurke, dessen Pläne gleich ganze Landstriche umfassen. Insofern ist mal wieder flotter Locationwechsel angesagt, Italien, Österreich und Russland werden unter anderem beehrt, Bolivien ist einer der Hauptaustragungsorte des Spiels um Rache und Weltenrettung. Dabei gibt sich „Quantum of Solace“ bekannte Bondelemente einzubringen, mit Fields (Gemma Arterton) wird ein zweites Bondgirl eingeführt, deren Schicksal ein wenig „Goldfinger“ zitiert, Bond verliebt sich mehr so stark in seine Girls, und mit Quantum wird eine Art SPECTRE des neuen Jahrtausends eingeführt.
Tatsächlich hält sich „Quantum of Solace“ von daher an den Plan zu zeigen, wie Bond zu Bond wurde. Aus dem rabiaten Schläger wird nach und nach immer mehr der Geheimagent, der auch Vorschriften und Absprachen mit den Vorgesetzten kennt. Dabei sollte klar sein: Bond ist ein Killer, was die Interpretationen durch Connery und Moore eher abmilderten, während es Dalton und Craig eher ausstellen. Leider fehlt „Quantum of Solace“ ein wenig die charakterliche Dimension von „Casino Royale“: Der Werdegang ist etwas weniger glaubwürdig, z.B. die etablierte Freundschaft zu Felix Leiter (Jeffrey Wright) wird wieder aufgenommen, wird aber trotz ihrer Plotrelevanz kaum ausgebaut.
Bei der Entwicklung Bonds wird Daniel Craig auch zum kleinen Problem: Als ungeschliffener Bond passt er wunderbar in die Rolle, je zivilisierter der Charakter wird, umso weniger glaubwürdig wird, wobei sich dies in Grenzen hält. Mathieu Amalric hat etwas wenig Screentime, gibt den größenwahnsinnigen Schurken jedoch ziemlich charismatisch. Olga Kurylenko und Gemma Arterton füllen ihre Rollen als Bondgirls gut aus, Judi Dench ist famos wie immer und Jeffrey Wright sowie Giancarlo Giannini sind Edelsupport.
Trotz seiner kleinen Schwächen ist „Quantum of Solace“ immer noch ein sehr schöner, ziemlich spannender Bondfilm geworden, da Marc Forster ordentlich auf die Tube drückt und den kurz gehaltenen Film flott runterreißt. Teilweise werden die Details der Ermittlungsarbeit vielleicht etwas schnell abgearbeitet, aber das stört angesichts des schnell fließenden Films nicht. Auch das kleine dramaturgische Loch, in das „Casino Royale“ zu Beginn seines letzten Drittels fiel, weist „Quantum of Solace“ nicht auf, dafür fällt gegen Ende der Zwischenstatus leicht negativ ins Gewicht: Die Handlung um Greenes Pläne dient auch zur Etablierung von Quantum (dem Greene auch angehört), die wohl in Zukunft die Bondbösewichte stellen werden.
Vor allem im Actionbereich kann man „Quantum of Solace“ allenfalls den leicht hektischen Schnitt ankreiden, aber das stört nicht so arg, vor allem mit Blick auf Unmengen von Bourne-Imitaten in letzter Zeit. Verfolgungsjagden mit Autos, Motorrädern und Booten stehen auf den Plan, das Stunt-Department wird ordentlich gefordert und die Shoot-Outs sind famos in Szene gesetzt. Zwischendrin gibt es noch einige Nahkampfeinlagen zu bewundern, die ähnlich realistisch wie die in „Casino Royale“ rüberkommen. Nur das Finale hätte sich im Vergleich zum Restfilm ein wenig steigern können.
Sicher: „Quantum of Solace“ hat seine kleinen Schwächen in Dramaturgie und Charaktervertiefung, doch das ist Mäkeln auf hohem Niveau. Denn der neue Bond ist ein spannendes, famoses Spektakel im Stil des Vorgängers, welches die Saga Bond würdig fortschreibt.