Wieviel oder doch eher wie wenig ist eigentlich ein Quantum? Am besten man einigt sich schnell darauf, dass es sehr sehr wenig ist und beschäftigt sich nicht länger mit bescheuerten Filmtiteln.
Trotzdem ist der Titel wie so oft bei James Bond Programm bzw. wichtiger Bestandteil des Filmes.
"Ein Quantum Trost" setzt genau dort an, wo der Vorgänger "Casino Royale" aufgehört hat und ist damit die bisher einzige, konsequente Fortsetzung eines Bond-Streifens.
James Bond (Daniel Craig) erhofft sich vom überführten Mr. White Informationen zu der Verschwörung rund um der tragischen Figur der Vesper Lynt zu bekommen. Da sich bei dem Verhör allerdings ein Mann aus den eigenen Reihen als Spitzel entpuppt, die vermeintliche Informationsquelle verschwindet und schließlich erneut an Bonds Vorgehensweise gezweifelt wird, sieht er sich gezwungen seinen persönlich Feldzug auf sich alein gestellt neu aufzurollen.
Das ist doch schonmal ein ordentlicher Ansatz, wer also Freude mit "Casino Royale" hatte, dürfte hier doch bestimmt glücklich werden, oder etwa nicht?
Zunächst einmal ist "Ein Quantum Trost" von vorne bis hinten konstruiert. Was in der Theorie noch ganz ordentlich klingt, das gestaltet sich in der Praxis als eine Aneinanderreihung von Zufällen, die irgendwann zum Ziel führen. Das mag in jedem Bondfilm so sein, fällt hier aber besonders negativ auf, etwa wenn Bond samt Bondgirl in ein Loch stürzt und dort den Ursprung allen Übels findet. Gerade der neue Bond, der auf so viele Klischees verzichtet und eine deutlich ernstere Richtung einschlägt, sollte sich so einen peinlichen Totalsausfall im Drehbuch nicht leisten.
Mit einem verhunzten Drehbuch ist der gesamte Film in den allermeisten Fällen und Genres bereits für die Katz', aber doch wohl nicht James Bond Nr. 22 (23).
Regisseur Marc Forster tut zumindest alles was in seiner Macht steht, um den Film zu ruinieren.
Rein inhaltlich ist "Ein Quantum Trost" ein Rachethriller. Das nehme ich zur Kenntnis und akzeptiere es auch sehr gerne, gehe aber trotzdem ins Kino, um einen James Bond zu sehen und zwar erneut hoffentlich perfekt verkörpert von Daniel Craig. Forster gelingt es aber einfach nicht den Spagat zwischen James Bond und Rachethematik zu finden und das ist letzendlich der Hauptgrund für sein Scheitern.
Natürlich reicht das nicht zwingend, um mit einen Bondfilm unterzugehen, doch leider verbockt Marc Forster auch die elementaren Actionszenen. Jeder Bondfilm hat seine mehr oder minder eindrucksvolle Einleitung, so auch dieser. Leider scheitert die Verfolgungsjagd an einem Schnittgewitter, welches an Unästhetik kaum zu übertreffen ist. So schlecht hat noch kein Regisseur einen Aston Martin auf die Leinwand gebracht. Aber das ist eigentlich auch egal, die gesamte Szene ist sowieso öde. Aston Martin schubst anderes Fahrzeug von der Straße, James Bond schießt aus dem Fahrzeug, Aston Martin schubst nächstes Fahrzeug von der Straße, James Bond schießt auf ein anderes Fahrzeug und so weiter... Mehr fällt mir da wirklich nicht ein. Wo sind die Besonderheiten? Nicht eine einzige Actionsequenz bietet irgendetwas Spektakuläres (das senkrecht stehende Flugzeug mit Schnauze gen Himmel winke ich einfach mal ab). Vielleicht bin ich vom neumodernen Kino abgestumpft, aber es kann doch wohl nicht zu viel verlangt sein ein bisschen Spannung reinzubringen oder? Möglicherweise eine tickende Bombe, ein Sandsturm, irgendwas. Das Inferno am Ende ist zwar ein kleiner Lichtblick, als Entschädigung reicht das aber bei weitem nicht aus.
So eine Katastrophe kann oder viel mehr darf dann leider auch Daniel Craig als Agent 007 nicht mehr neutralisieren. Ich hatte ihn ja schon längst zu meinem persönlichen Bond Nr. 1 erklärt, umso enttäuschter stehe ich nun da. Die kompromisslose Art gekoppelt mit seiner einmaligen Ironie zeichneten Craig als erstklassigen Bonddarsteller aus. Völlig typfremde Anzeichen von Charme und Stil machten ihn im Vorgänger noch zu etwas Besonderem. In "Ein Quantum Trost" ist die Bondrolle extrem vereinfacht und dadurch unweigerlich auch verallgemeinert. Craig spielt seine Ironie nahezu gar nicht mehr aus und besitzt nicht mehr den Hauch von Charme. Auch die tollen Blicke aus dem Vorgänger und überhaupt alle Eigenschaften, die Daniel Craig in "Casino Royale" als hervorragenden Darsteller auszeichneten werden hier auf ein Minimum reduziert und verblassen. Agent 007 auf Rachefeldzug ist 100% austauschbar und das hat mich schwer enttäuscht, insbesondere im Hinblick auf Craigs einmalige Darstellerleistung in "Casino Royale".
Blos gut, dass es noch Bond-Girls gibt und Olga Kurylenko als Camille endlich mal kein Totalausfall ist. Die Frau war bereits in "Hitman" durchaus überzeugend und liefert nun auch als Bond-Girl eine nicht nur plakativ gute Leistung ab. Ganz im Gegenteil sogar. Camille befindet sich genau wie James auf ihrem persönlichen Rachefeldzug, vollendet diesen auch, empfindet darin allerdings keine Bestätigung. Viel mehr eine körperliche Leere, die sie zum Ende des Filmes in einer der wenigen dramatisch überzeugenden Szenen sehr schön (in Anlehnung an Eva Green) darstellt. An einer anderen Stelle sagt James Bond, dass Rache die Toten nicht kümmert. Diese Wertung der Thematik ist zwar ein klarer Bezug zur Realität, für den Film letztendlich aber völlig egal.
Ähnliches gilt für das Problem, welches die Welt zur Produktionszeit des Filmes gerade zufällig belastet und üblicherweise den Weg in jeden Bondfilm findet. Was liegt an? Natürlich, Erderwärmung, Klimawandel und Ressourcenmangel. Da hätten die klugen Autoren doch auch schon einen tollen Anlass gefunden einen unendlichen bösen Wicht ins Rennen zu schicken.
Dominic Greene, bescheiden verkörpert von Mathieu Amalric, zapft armen Menschen das Wasser ab und macht damit einen Haufen Schotter. Das ist gar keine so blöde Idee, ist als Gegenspieler Bonds allerdings deutlich zu unbedrohlich und verkommt so recht zügig zu nervigem Beiwerk.
Ist der Film denn jetzt wirklich so schlimm? Nein. Eigentlich hat "Ein Quantum Trost" alle Vorraussetzungen um an "Casino Royale" perfekt anknüpfen zu können, nämlich Daniel Craig. Leider aber hat "Ein Quantum Trost" auch stümperhafte Drehbuchautoren und einen Regissuer zum Vergessen. Marc Forster ist einzig und allein die Aufnahme der vorgesehenen exotischen Schauplätze gelungen. Von Italen, über Haiti und Österreich bis zu Bolivien sind tatsächlich einige gute Aufnahmen dabei, dann aber verbockt er es tatsächlich einen gescheiten Score hinzuzufügen.
Genauso ist es mit den Actionszenen. Verfolgungsjagden auf der Straße, im Wasser und in der Luft, Explosionen, Schießereien und, und, und. Alles ist zwar vorgesehen, wird aber unglaublich spannungsarm und technisch unglaublich schwach umgesetzt.
Wenn denn nur Daniel Craig hätte besser eingesetzt werden können, doch an dieser Stelle scheitert "Ein Quantum Trost".
Der neue Bond hätte mit kleinen Schönheitsfehlern im Drehbuch auskommen können, muss schließlich aber mit gewaltigen Einbrüchen an allen Ecken und Enden leben. "Ein Quantum Trost" verzichtet auf nahezu alle Spielereien des Vorgängers, die zwar nur sehr dezent auftraten, aber den Film schließlich auszeichneten. Mit diesen Abstrichen ist Forsters Werk lediglich ein Actionfilm bzw. Rachethriller mit austauschbarem Titel und Helden. Und zwar nur ein Durchschnittlicher.
Ich hoffe, dass der nächste Agentenfilm wieder ein Quantum klassischer ist ("Casino Royale" war in dieser Hinsicht sehr originell) und das Daniel Craig erneut den berühmtesten Geheimagenten der Filmgeschichte verkörpern darf, dann aber bitte wieder richtig. Es wäre wirklich schade, wenn Craig seine Lizens zum Töten nun endgültig abgeben müsste, aber "Ein Quantum Trost" bot leider nicht mehr als ein Quantum Unterhaltung.