Review

„Sie werden versagen, Ed Harley! Sie werden versagen und auch sterben!“ – „Dann sterb ich eben!“

Der erste von nur zwei Filmen in Spielfilmlänge, bei denen US-Spezialeffekt-Experte Stan Winston (verantwortlich für die Kreaturen aus den „Terminator“-, „Predator“- und „Jurassic Park“-Filmen) Regie führte, ist der Horrorfilm „Pumpkinhead“, der auch auf den verhunzten und unsinnigen deutschen Titel „Das Halloween Monster“ hört, aus dem Jahre 1988. Ed Harley führt ein Leben des bescheidenen Glücks allein mit seinem kleinen Sohn auf dem Lande. Bei einem Unfall mit jugendlichen Motocross-Fahrern wird sein Filius jedoch schwer verletzt und stirbt. Daraufhin sucht er eine alte Hexe auf, die für ihn den Rächedämon „Pumpkinhead“ herbeiruft, der fortan erbarmungslose Jagd auf die Jugendlichen macht – bis auch Ed die Angelegenheit nicht mehr ganz geheuer ist…

„Pumpkinhead“ beginnt im Jahre 1957 mit einigen unheimlichen Szenen, in denen ein Monster nur schemenhaft zu erkennen ist und der sich nach sieben Minuten als rückblendender Prolog (und spätestens am Ende des Films als verzichtbar) entpuppt, denn von nun an beginnt er seine eigentliche, in der damaligen Gegenwart spielende Geschichte zu erzählen. Man findet sich in einer ländlichen Idylle wieder – harte Arbeit, ehrliche Menschen, einer von ihnen Ed Harley (nein, nicht der Stricker überteuerter T-Shirts), der vor einiger Zeit seine Frau verloren hat und nun mit seinem Sohn allein lebt. Doch die Idylle wird jäh gestört von halbstarken Motocross-Fahrern mit Stirnbändern, die direkt aus Wes Cravens „Im Todestal der Wölfe“ entsprungen scheinen. Es kommt zum folgenschweren Unfall und erstmals versucht uns der Film die Jugendlichen als unterschiedliche Charaktere näherzubringen. Einer von ihnen entpuppt sich als Arschloch, da er am liebsten schnell das Weite suchen würde. Andere wiederum sorgen sich aufrichtig um den Sohnemann und überlegen, wie sie sich jetzt am besten verhalten sollten. Streng genommen war es das aber auch schon mit der Charakterisierung, von nun an verbleiben sie in ihren ihnen zugewiesenen Rollen und sind für keine Überraschungen oder etwas mehr Tiefgang mehr gut. Überraschender ist da schon das Verhalten Harleys, der sich plötzlich in einer Art Neuverfilmung von „Friedhof der Kuscheltiere“ wiederzufinden scheint, als er nach dem Tod seines Sohns gegen den ausdrücklichen Rat seines Nachbarn in seiner Trauer und in seinem Zorn die alte Hexe aufsucht.

Diese wirkt mehr tot als lebendig und lebt in einer nach allen Regeln der Bühnenbildnerkunst wenig einladend ausstaffierten Hütte. Sie muss dem armen Ed eröffnen, leider auch nichts mehr für Harley junior tun zu können. Sie behauptet dafür frei von der Leber weg, dass er gewiss Rache wolle und ungewöhnlich schnell hat sich Ed mit dem Ableben seines Stammhalters abgefunden. Er lässt zu, dass die alte Dame (*hüstel*) den Rachedämon beschwört und tut in einer – natürlich – unfassbar heftig wütenden Gewitternacht alles Notwendige dafür: Er gräbt den alten Schrumpelkopf (den Dämon, nicht die Hexe) im Embryonalzustand auf einem alten Friedhof aus und bringt ihn der Hexe. Spätestens nun weiß Ed, dass die Legende, die man sich im Ort seit Generationen erzählt, tatsächlich wahr ist und spätestens jetzt bekommt der halbwegs aufmerksame Zuschauer erste Stirnrunzler – zu holperig fiel Eds Entwicklung vom eben noch um sein Kind Trauernden zum sofort Vergeltung Fordernden und dafür größte Anstrengungen auf sich Nehmenden aus, zu wenig – trotz der Extremsituation, in der er sich befindet – nachvollziehbar das, was da gerade passierte. Hier hätten die Drehbuchautoren gut daran getan, Ed und/oder den anderen Charakteren für ihre Entwicklung etwas mehr Platz einzuräumen, vielleicht noch irgendetwas in die Waagschale zu werfen, anderes dafür zu straffen. Derartige Schwächen ziehen sich dramaturgisch (mehr) und inhaltlich (weniger) durch den eigentlich fast zu geradlinigen und vorhersehbaren Film, der entweder auf dem Schnittbrett deftig zusammengestaucht oder mit fehlendem emotionalen Gespür geschrieben bzw. inszeniert wurde.

Doch was soll’s, immerhin befinden wir uns ja in einem Stan-Winston-Film, also her mit Monster! Das erscheint nach langer Exposition auch endlich in voller Pracht auf der Bildfläche und sieht wirklich respekteinflößend und hübsch eklig aus. Es schnappt sich (bis aufs „Final Girl“ selbstredend) einen Rabauken nach dem anderen und bringt ihn um die Ecke. Dabei erinnert es in manch Einstellung an den Alien aus, nun ja, der „Alien“-Reihe eben; aber das ist in Ordnung, denn da gibt es weitaus schlechtere Referenzen. Nach einiger Zeit jedoch muss man zur Kenntnis nehmen, dass die Sause wenig explizit und kaum blutig vonstattengeht, was prinzipiell natürlich nicht unbedingt schlimm ist – da jedoch auch das Monstrum keine wirklichen Überraschungen zu bieten hat, ja, sich verglichen mit anderen Kreaturenarbeiten Winstons relativ schnell „abnutzt“, macht sich zumindest bei denjenigen, die an einen Stan-Winston-Film eine in dieser Hinsicht hochgesteckte Erwartung hatten, ein wenig Ernüchterung breit. Der Film gewinnt dafür in anderer Hinsicht: Mit unheimlichen Soundeffekten und Klangkulissen versetzt er sein Publikum in die entsprechend angepeilte Stimmung, genreästhetische, in Blautönen ausgeleuchtete Nachtbilder bilden einen wirkungsvollen Kontrast zu den sonnendurchfluteten Bildern vom Tage, Wald- und Sumpfgebiete stehen stellvertretend für dunkle Geheimnisse und werden ansprechend-ungemütlich in Szene gesetzt. Die Kamera bietet einige gelungene Perspektiven und Fahrten und hilft dabei, „Pumpkinhead“ zumindest optisch zu einem wohltuenden End-’80er-Genuss zu machen.

Thematisch setzt sich „Pumpkinhead“ mit den Themen Schuld, Vergeltung und Vergebung auseinander und läutet auf dieser Grundlage ein dann doch recht originelles Finale ein. Der Rachedämon entpuppt sich als Teil Eds Selbst, als die physikalische Manifestation seiner negativen Energie. Letztlich wird Eds Rachsucht ihm selbst zum Verhängnis, wenn er feststellen muss, eine Spirale in Gang gesetzt zu haben, über die er keine Kontrolle mehr hat, dass er alles nur noch schlimmer gemacht hat und die erhoffte Genugtuung nicht eintritt, im Gegenteil: er selbst größte Schuld auf sich geladen hat – bis ihn seine Rache selbst zugrunde richtet, denn (Achtung, Spoiler!) körperliche Verletzungen die ihm widerfahren, wirken sich auch schwächend auf den Dämon aus bzw. sind die einzige Möglichkeit, diesen aufzuhalten. Damit bewegt sich der Film im moritatisch-moralischen Fahrwasser vieler comichafter Genrekollegen, wobei ihm aber jegliche Ironie und makabrer Zynismus abgehen, er mit seinem betonten Ernst seinen Stiefel durchzieht, dabei nie unfreiweillig komisch, aber bisweilen etwas zäh und langatmig wirkt. Hier hätte ein wenig Auflockerung tatsächlich gutgetan.

Ein satter Glücks- bzw. gut gewählter Griff war die Wahl des Hauptdarstellers, denn der erfahrene Lance Henriksen, der mit Winston bereits für die „Alien“-Fortsetzung „Aliens“ zusammenarbeitete, verleiht mit seinem emotionalen Mienenspiel seinem recht oberflächlich konzipierten Charakter Ausdruck und eine gewisse, im Rahmen des Drehbuchs mögliche Authentizität, die sich sehr positiv auf das Gesamtergebnis auswirkt und aus dem ansonsten ziemlich austauschbaren Darsteller-Ensemble heraussticht. Letztlich ist „Pumpkinhead“ eine Gratwanderung zwischen an Härte und Schauwerten interessiertem Kreaturenspektakel und Kritik an niederen menschlichen Instinkten mit einem gewissen Anspruch, allerdings beides nie so ganz und oftmals eher halbherzig. Wer ein blutiges und/oder innovatives Winston-Spezialeffektfeuerwerk erwartet, dürfte ebenso enttäuscht werden wie derjenige, der eine dramaturgisch ausgefeilte, spannend konzipierte und mit einigen Wendungen gespickte Geschichte erzählt bekommen möchte. Macht man sich von derartigen Erwartungshaltungen frei und geht an „Pumpkinhead“ unbedarft wie an viele andere '80er-US-Horror-Produktionen heran, kann man aber durchaus unterhaltsame und kurzweilige rund 80 Minuten verleben, die mehr richtig als falsch machen und aufgrund des Kürbiskopfes in jede Sammlung von Fans handgemachter, bösartiger Kreaturen gehören.

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