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In seinem Frühwerk „The driller killer" erzählt Abel Ferrara die Geschichte des abgewrackten Künstlers Reno, der Stück für Stück dem Wahnsinn verfällt und den Druck, den Geldnot, dreckiges Umfeld und verständnislose Mitmenschen auf ihn ausüben, abbaut, indem er mit der Bohrmaschine loszieht und zufällig ausgewählte Menschen brutal ermordet.

„The driller killer" ist ein brachialer Gewaltfilm über den zwischenmenschlichen Horror urbaner Abgründe. Er wird oft als früher Slasherfilm bezeichnet, hebt sich von der Masse dieser billig produzierten Werke aber durch ein ausgeklügeltes und vielschichtiges Konzept visueller, erzählerischer und inszenatorischer Allegorien ab - die blutigen Wahnvorstellungen, unter denen Reno leidet, und seine grausamen Morde werden hier zum Sinnbild einer entmenschlichten Gesellschaft, in der jeder auf sich allein gestellt ist und von niemandem Rücksicht oder gar Hilfe erwartet werden kann.

Diese schon beinahe nihilistische Weltsicht beginnt bereits in der äußerst ungemütlichen visuellen Inszenierung: Der größte Teil des Films spielt nachts, folgt seinen Figuren durch schlecht ausgeleuchtete Straßen, unter grellen Laternen hindurch, in Clubs, in denen giftige Grün- und Rottöne dominieren (und beinahe ein wenig an Dario Argentos „Suspiria" erinnern). In diesen stets dreckigen und stinkigen Ambientes, die in so künstliches Licht getaucht werden, wirken die Gesichter der Agierenden wie Masken, nicht real, nicht menschlich. Später dann, in einer der verstörendsten Szenen des Films, sprudelt einem Opfer, dem direkt in die Stirn gebohrt wird, das Blut über das Gesicht und vollendet damit nur, was diese beklemmende Beleuchtung schon die ganze Zeit über andeutet.

Das heruntergekommene Setting von schmutzigen Nebenstraßen, baufälligen Gebäuden und billigen Schuppen wird durch die radikale Tonspur noch verstärkt: Es gibt viel Rockmusik zu hören, ganze Szenen zeigen eine Band bei ihren Proben (deren Lautstärke Reno weiter in den Wahnsinn treibt; es gibt also nicht einmal Verständnis unter Künstlern), und im Laufe des Films vermischen sich diese teils schrillen Musikstücke mit den grausigen Geräuschen der Morde: Das Kreischen der Bohrmaschine kippt irgendwann in ein atonales Musikstück, untermalt von den Schreien der Opfer. Genial auch eine Konzertszene, die lange genug die Musiker zeigt, um den Zuschauer von der Atmosphäre gefangen nehmen zu lassen, um dann durch eine bitterböse Parallelmontage zwischen dem Konzert und einem Mord auf dem Club-Parkplatz hin und her zu schneiden. Das alles macht dann auch klar, warum der Film mit den eingeblendeten Worten beginnt: „This film should be played loud." Irgendwie ist das auch eine Art besonders dunklen Humors.

Neben den krassen Gewaltbildern, die trotz eher günstiger Effekte von einer dermaßen brachialen Wucht sind, dass der Film lange Zeit indiziert und verfolgt wurde, und dem fesselnden Porträt eines nach und nach in den Wahnsinn abdriftenden Mannes (übrigens in großer zeitlicher Nähe zu Kubricks „Shining", der ja ein ähnliches Hauptmotiv bespielt) überzeugt „The driller killer" aber auch als spannendes Porträt der dekadenten, selbstverliebten, trotz permanenten Geldmangels reichlich bourgeoisen Künstler-Underground-Szene der ausgehenden 70er. Übergriffige Männer, Frauen, deren Hoffnungen und Ambitionen wie selbstverständlich zurückstecken sollen, Clubs und Ateliers, in denen zwischen Kunst, Drogen und Sex kaum zu unterscheiden ist, Kunstschaffende, bei denen man nie so ganz weiß, wie ehrlich naiv oder doch durchtrieben heuchlerisch ihr Geschwafel von Kunst und Freiheit ist. Dank der dynamischen Kamera (die am Ende in einer beeindruckenden Sequenz sogar dem Mörder bei der Jagd nach einem Opfer über die Schulter schaut und den Zuschauer damit quasi zum Komplizen macht) und dem Dreh an Originalschauplätzen in Großstadt-Untergrund-Kneipen wirkt der Film über weite Strecken wie ein authentischer Einblick in die wilde Kunstszene der späten 70er.

Visuell stark und gerade durch seine Bildunschärfe verstörend, gewagt brutal und gnadenlos gesellschaftskritisch (die Mordserie an Obdachlosen scheint niemanden groß zu stören - ein Polizist ist jedenfalls den ganzen Film über nicht zu sehen), inszenatorisch in seiner leicht trash-verdächtigen Simplizität umso mitreißender, gehört „The driller killer" zu den großen Meisterwerken der 70er-Jahre-Midnight-Movies. Und allein das radikal offene, bizarre Ende dürfte für reichlich Diskussionsstoff sorgen. Ein starker Einstand eines starken Regisseurs.

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