Kleine Angestellte aus der unteren Mittelschicht wollen in die Karibik, Gefängnisausbrecher nach Panama und wenn sich Löwe, Nilpferd, Zebra und Giraffe zusammentun, lautet das Ziel Madagascar.
Mit einem einfachen Entdomestizierungsprinzip ließ Dreamworks vor drei Jahren vier Zootiere aus dem New Yorker Zoo ausbrechen, um sie ein Stück Freiheit kosten zu lassen. Das zentrale Motiv war der Ruf der Wildnis. Lose darum gekoppelt wurde eine simple Geschichte - ohne größeren Nährwert, wenn man die hochintelligente und schon immer anspruchsvoller werdende Konkurrenz von Pixar zum Vergleich heranzieht. Schuld waren vielleicht auch die Figuren. Vier auf hypernervösem Witz und Ungleichheit gegeneinander getrimmte Charaktere, deren Humor immer ein wenig bemüht wirkte... wo ist da die Tiefe, wo die raffinierte Zweispurigkeit?
Aber Alex, Melman, Gloria und Marty waren als Actionfiguren trotzdem ein Renner, möglicherweise auch ob der reduzierten Comichaftigkeit des Looks, der für die Marketing-Maschinerie sicher nicht unvorteilhaft war.
Das Gesetz der Serie besagt folgerichtig, dass man den Vierer logischerweise reaktivieren muss - klar, sonst wäre es ja schließlich nicht “Madagascar 2". Damit alleine halst sich das Sequel schon Probleme auf, bei denen man automatisch auf den ersten Teil verweisen muss. Obwohl neue Ansätze beschritten werden (Melman gesteht seine Liebe zu Gloria, Marty muss feststellen, dass er in der freien Natur keineswegs so einzigartig ist, wie er im Zoo noch glaubte etc.), gewinnen die Savannentiere dadurch noch lange nicht an Substanz.
Immerhin, die in “Madagascar” noch etwas stockende Geschichte wurde ausgetauscht gegen ein nicht minder simples, aber doch flüssigeres Abenteuer in Afrika. Zwar fühlt sich das Sequel ein bisschen an wie der Besuch auf einer Raststättentankstelle, wo ein dahingeschmierter Limerick auf der Toilettentür uns über unsere moralischen Prinzipien nachdenken lässt, bevor wir zum eigentlichen Reiseziel weiterziehen, aber zumindest über fehlende Kurzweil darf man sich nicht beklagen.
Denn Dreamworks operiert mit einer alten Schrotflinte anstatt mit Faden und Nadelöhr. Eine möglichst hohe Streuung von absurden Gags und Filmanspielungen bedeutet, dass es tatsächlich unter Garantie mindestens alle fünf Minuten einmal ganz dicke was zu lachen gibt - zu dem Preis, dass in der Zwischenzeit unzählige Rohrkrepierer am Ziel vorbeirauschen und so etwas wie eine Gagdramaturgie nie zum Plan gehörte. “Kumulation” heißt das Zauberwort. Einfach immer schön anhäufen; Hauptsache, man hat am Ende das Gefühl, richtig was erlebt zu haben.
Die Animationen sind so weit vorangeschritten, dass das erste Abenteuer noch primitiver ausschaut als ohnehin schon, vor allem Texturen und Wassereffekte erweisen sich inzwischen als vielfach beeindruckender, doch letztlich kollidiert der Perfektionsanspruch mit dem Figurendesign, das die comichafte Abstraktion, die mitunter an Disneys “Hercules” erinnert, nicht ganz aufgeben möchte. Insofern heben sich beide Richtungen gegenseitig auf, was die technische Seite in den Hintergrund treten lässt. Leider gerät damit die Story nur noch deutlicher ins Licht. Eindeutig zu viel der Ehre für ein Drehbuch, das man in aller Regel ebenso gut herunterbeten kann wie der gläubige Christ die Bibel.
Aber Hauptsache, das lustige Partyquartett darf auch weiterhin zu “I like to move it, move it” die Hüften kreisen lassen, während der Lemurenkönig im Sinne der neu entdeckten Transsexualität unserer Gesellschaft mit seiner weiblichen Seite kokettiert und man sich wie in jeder x-beliebigen Teeniekomödie fragen muss, ob die Ursachen dafür in Homophobie oder Homophilie begründet liegen. Zumindest aber Hedonismus wird ganz groß geschrieben, denn Gesang und Tanz lösen ja schließlich alle Probleme. Und vereinen Völker, Kulturen und gar unterschiedliche Rassen. Es lebe die Spaßkultur.
(4.5/10)