Als echter Geheimtipp für Science-Fiction-Fans stellt sich der viel zu unbekannte „Impostor“ heraus. Der auf einer Kurzgeschichte von Kultautor Philip K. Dick („Blade Runner“, „Total Recall“) basierende Film war ursprünglich im Rahmen einer dreiteiligen Sci-Fi-Kurzfilmreihe geplant. Doch die Produzenten waren von dem 37minütigen Ergebnis so begeistert, dass sie sich entschlossen weitere finanzielle Mittel zu Verfügung zu stellen, um Regisseur Gary Fleder („Kiss the Girls“, „Runaway Jury“) nach etlichen Verzögerungen den Nachdreh zu ermöglichen. Final gestaltet sich, zumindest hierzulande, „Impostor“ damit als ein 86 Minuten langer, fesselnder Genrefilm. Leider wurde der Film zwecks Kinoauswertung für ein PG-13-Rating umgeschnitten. Zwar veröffentliche man die R-Rated-Fassung später in den U.S.A. auf DVD, wir müssen uns allerdings leider mit einer gekürzten DVD-Auswertung begnügen. Eine Neuveröffentlichung wäre zwar wünschenswert, angesichts des niedrigen Bekanntheitsgrads des Films allerdings unwahrscheinlich. Die Kürzungen merkt man übrigens deutlich anhand hektisch geschnittener Shootouts, aus denen blutige Einschüsse getilgt wurden.
Nichtsdestotrotz bleibt „Impostor“ auch in dieser Fassung sehr spannende Unterhaltung, die er neben seiner flott erzählten Story vor allem der tollen Atmosphäre zu verdanken hat. Zwar waren die finanziellen Mittel begrenzt (Geringfügiger Footage-Einsatz von „Starship Troopers“ und „Armageddon bei einem Budget von 40 Millionen Dollar), was auch Requisitenplünderung (die Polizei trägt die Uniformen der Soldaten aus „Starship Troopers“) beweist, dennoch holte Fleder das Maximale aus dem, nicht unähnlich der „Outer Limits“ angelegten, Szenario heraus.
2079 liegt die Menschheit mit den Centauris, einer überlegenen Alienrasse, im Krieg. Auf der Erde herrscht mittlerweile Endzeitstimmung und um die wichtigsten Städte wurden undurchdringliche Schutzschilde errichtet. Während in den außerhalb dieser Schilder liegenden Zonen arme Menschen ihr elendiges Dasein fristen, findet innerhalb der Metropolen ein nahezu normales Leben statt. Der Konflikt selbst wird nur anhand einiger, qualitativ so in etwa auf „2063: Space and Beyond“ – Niveau angesiedelter, CGI-Sequenzen gezeigt.
Während sich Fleder in den Randzonen ganz auf bewährte Elemente, nämlich eine durch den Krieg zerstörte Welt mit zerfallenen Gebäuden, einer nicht mehr vorhandenen Infrastruktur, zerlumpten Menschen (Albert Pyun hätte hier seinen Spaß gehabt...), Nahrungsknappheit und Krankheit verlässt, wertet er das städtische Leben mit dezenten CGI-Verzierungen auf. Schaut insgesamt wirklich nicht schlecht aus, was er sich da ausgemalt hat und ist weitaus atmosphärischer, als es aktuell gängige Science-Fiction-Filme hinbekommen.
Der Plot selbst beinhaltet im Kern Dicks Lieblingsmotive: Die Suche nach der Identität und die Flucht des in Ungnade gefallenden vor dem System.
Spencer Olham (Gary Sinise, „Forrest Gump”, „Snake Eyes”) scheint die Wende in dem Konflikt mit den Aliens herbeiführen zu können, war er doch an einer neuen Wunderwaffe beteiligt. Doch plötzlich wird er von der ESA, einer futuristischen Polizeispezialeinheit, festgenommen, gefoltert und verhört. Maj. D.H. Hathaway (Vincent D'Onofrio, „Strange Days“, „The Thirteenth Floor“) wirft ihm vor ein Replikant zu sein. Von den Außerirdischen geklont und gegen sein wirkliches Ich ausgetauscht, soll er mit einer Bombe im Brustkorb die Kanzlerin, die Anführerin der Menschheit, töten. Olham, der das alles nicht glaubt, befreit sich in letzter Sekunde und flüchtet in die Zone...
Der Rest gestaltet sich als eine Dauerflucht vor Hathaway und seinen Männern. Untergetaucht unter den Ausgestoßenen, wird ihm nicht nur ein Ortungschip wegoperiert, sondern er findet in Cale („ER“ – Doc Mekhi Phifer, „Dawn of the Dead“) auch einen Mitstreiter, der ihn, wenn auch eigene Ziele verfolgend, wieder in die Stadt lotst, damit sich Olham mithilfe seiner Frau Maya (Madeleine Stowe, „We Were Soldiers“, „Avenging Angelo“) einer klärenden, medizinischen Untersuchung unterziehen kann.
Die Auflösung soll reichlich überraschend sein und hält noch einen cleveren Doppeltwist parat. Bis dahin bleibt „Impostor“ durchweg spannend, was er nicht zuletzt Gary Fleder zu verdanken hat. Mit einfachsten Mitteln wie Ausleuchtung, Nebel und Farbfiltern kreiert er hier eine absolut überzeugende, stellenweise urbane, Science-Fiction-Welt, die Fans von „Blade Runner“ und Co. begeistern wird.
Das Tempo hält er hoch. Immer wieder gibt es kleinere Gefechte, weil die Polizei oder andere zwielichtige Gesellen ihn aufspüren. Auch Mark Isham („Timecop“, „Blade“) trägt mit seinem Score einiges zu der fesselnden Atmosphäre bei. Flucht nach vorn heißt das Rezept, obwohl seine Häscher ihm auf den Fersen sind. Mehr als nur einmal fühlt man sich dabei übrigens hinsichtlich der Grundstimmung an „Equilibrium“ erinnert.
Der wegweisende Science-Fiction-Film kommt selbstverständlich nicht dabei heraus. Zur Klasse von „Blade Runner“ oder „Total Recall“ fehlt dann doch noch einiges – vor allem spektakuläre Effekte und Bilder. Einen kleiner, intelligenter und bisher viel zu wenig beachteter und allemal eine Alternative zu seinen großen Brüdern darstellender Genrebeitrag darf „Impostor“ dennoch genannt werden.
Der mit bekannten Gesichtern gespickten Darstellerriege kann eine solide Leistung attestiert werden. Ich fand Gary Sinise, der besser in die unsympathischen Rollen passt, etwas unglücklich in die Hauptrolle gecastet, Vincent D'Onofrio als Jäger hingegen toll (erinnert sehr an Michael Rooker). Madeleine Stowe hat als Ehefrau nur wenig zu tun und Mekhi Phifer ist auch besser, wenn er den aufmüpfigen Nachwuchsdoktor spielen darf, denn hier verkauft er sich unter Wert.
Die, im übrigen von David Twohy („G.I. Jane“, Pitch Black“), Scott Rosenberg („Con Air“, „Gone in Sixty Seconds“) und Ehren Kruger („Arlington Road“, „The Ring“) adaptierte Romanverfilmung hält letztlich, was sie zu Beginn verspricht. Die Effekte sind nicht spektakulär, wohl aber unaufdringlich und ökonomisch in den Film eingebunden, das Tempo bleibt bis zum Schluss hoch und die Actioneinlagen sind ebenfalls durchaus sehenswert. Zusammen mit der wirklich immens düsteren und packenden Atmosphäre kann, unter diesen finanziellen Umständen, Gary Fleder nur gratuliert werden.
Fazit:
Kleiner, atmosphärischer Science-Fiction-Geheimtipp ohne weiteren Tiefgang, wohl aber einer spannenden Prämisse, viel Tempo und ordentlichen Effekten. Die Darsteller geben solide Leistungen ab und die Optik bleibt bis zum Schluss stimmig. Da beschwert man sich auch nicht mehr so großartig über die Kürzungen. Mit mehr Budget wäre hier vielleicht der Genreolymp drin gewesen, denn die Querelen der Produktion sieht man dem fertigen Film nie an.